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Miss Lily verliert ihr Herz

Miss Lily verliert ihr Herz

Titel: Miss Lily verliert ihr Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEB MARLOWE
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Pettigrew begleiten wolle.
    Auf der Straße empfing ihn ein überraschend kalter Wind. Sogleich wurden die Schmerzen in seinem Arm schlimmer. Verflixt! Fast bereute er, das Treffen mit Pettigrew vereinbart zu haben. Zu allem Übel wohnte der verarmte Baron in Goodman’s Fields, einem Stadtteil, dem jeder vernünftige Mensch lieber fernblieb. Andererseits lag das Viertel nicht weit entfernt von den Docks, wo sich auch das Büro von Batistes Schifffahrtsgesellschaft befand.
    Jack beschleunigte seine Schritte. Vielleicht, dachte er, ist dies doch kein weiterer vergeudeter Tag.
    Aus den Augenwinkeln warf Lily ihrer Mutter einen kurzen Blick zu. Mrs. Beecham hatte sich über ihre Stickarbeit gebeugt, und ein Ausdruck größter Konzentration lag auf ihrem Gesicht. Lily schloss die Lider und legte den Kopf in den Nacken. Ah, wie gut es tat, wenn die Strahlen der Frühjahrssonne die Haut wärmten!
    Für eine Dame gehörte es sich natürlich nicht, ihr Gesicht der Sonne auszusetzen und Sommersprossen zu riskieren. Doch Lily liebte dieses Gefühl der Wärme. Sie liebte es, wenn das Licht durch ihre geschlossenen Augenlider drang und wenn eine sanfte Brise ihre erhitzten Wangen kühlte.
    Einen Moment lang war ihr, als sei sie wieder ein kleines Mädchen. Wie hatte sie es genossen, wenn ihr Papa sie hoch in die Luft hob und lachend herumwirbelte! Einen Moment lang konnte sie die Zuneigung und die Fröhlichkeit ihres Vaters ganz deutlich spüren.
    Dann sagte ihre Mutter: „Lilith, dies ist ein öffentlicher Platz und nicht die Wiese hinter unserem Haus in Dorset.“
    „Natürlich, Mama.“ Lily öffnete die Augen und setzte sich aufrecht hin. Kurz überlegte sie, ob sie sich wieder dem Buch widmen sollte, das sie in der Hand hielt. „Hannah More“ stand auf dem Umschlag. Darunter der Titel. Ein christliches Werk. Doch tatsächlich hatte Lily zwischen den Seiten ein Büchlein von A. Vaganti versteckt, das ihrer Mutter gar nicht gefallen würde.
    Da sie nicht riskieren wollte, bei verbotener Lektüre erwischt zu werden, erhob sie sich und begann hinter dem Verkaufstisch, den zu betreuen sie und ihre Mama sich bereit erklärt hatten, auf und ab zu schreiten.
    Es war die Countess of Ashford gewesen, die diesen Wohltätigkeitsbasar organisiert und Mrs. Beecham gebeten hatte, den Büchertisch zu übernehmen. Er war neben ein paar anderen Ständen, an denen gebrauchte Kleidung und Korbwaren verkauft wurden, außerhalb des Parks aufgebaut worden. Im Hyde Park selbst gab es weitere Verkaufstische für Seidenbänder, Häubchen und anderen Krimskrams.
    „Ist es nicht schade, dass wir nun schon stundenlang vor den Toren des berühmtesten Parks von London sitzen und keine Gelegenheit hatten, ihn zu betreten?“, meinte Lily.
    „Welch ein Unsinn!“, gab ihre Mutter zurück. „Der Hyde Park ist ein Park wie jeder andere auch. Statt dich selbst zu bemitleiden, solltest du dich darüber freuen, dass dir eine Aufgabe bei diesem Wohltätigkeitsbasar zugeteilt worden ist. Es ist eine Ehre, für eine so hehre Sache zu arbeiten.“
    „Du hast recht“, gab Lily ein Seufzen unterdrückend zurück. Tatsächlich wunderte sie sich inzwischen darüber, dass sie so naiv gewesen war, zu hoffen, dieser Tag würde anders sein als die vorherigen. Schließlich war ihr gesamter Aufenthalt in London eine große Enttäuschung gewesen.
    Es war lange her, dass ihr Vater hin und wieder mit ihr über London gesprochen hatte. Sie hatte auf seinen Knien gesessen und voller Wohlbehagen gespürt, wie er ihr liebevoll übers Haar strich. In den glühendsten Farben hatte er ihr geschildert, welche Freuden die Hauptstadt bereithielt: Museen, Theateraufführungen, Tanzveranstaltungen, aufregende Parlamentsdebatten und interessante private Gespräche. Er hatte ihr ausgemalt, was sie in London alles erleben würde. Und sie hatte ihm begeistert und voller Vorfreude zugehört.
    Doch er war gestorben, ehe auch nur eine seiner Geschichten wahr geworden war. Lily, die bis zu seinem viel zu frühen Tod ein unbeschwertes glückliches Leben geführt hatte, war schmerzhaft aus ihren Träumen gerissen worden. Seit Jahren waren ihre Tage nun mit der Erfüllung trockener Pflichten ausgefüllt. Dass sie, wie ihre Mutter immer wieder erklärte, Gott wohlgefällige Werke tat, konnte Lily nicht wirklich trösten.
    Voller Wehmut dachte sie daran zurück, wie sehr sie sich gefreut hatte, als ihre Mutter verkündete, dass sie den Mai in London verbringen würden. Endlich würde sie diese

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