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Miss Marples letzte Fälle

Miss Marples letzte Fälle

Titel: Miss Marples letzte Fälle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verließ den Raum, wo die Anproben stattfanden, und ging durchs Treppe n haus ins gegenüberliegende Zimmer. Sybil betrachtete die ruhende Puppe. Ihre Miene nahm einen Ausdruck wac h sender Verblüffung an. Als Alicia Coombe ins Zimmer trat, fuhr Sybil abrupt herum.
    »Miss Coombe, nun mal im Ernst, seit wann haben wir dieses Geschöpf?«
    »Was, die Puppe? Meine Liebe, Sie wissen doch, dass ich so vergesslich geworden bin. Gestern – also es ist einfach zu albern! Ich wollte zu diesem Vortrag gehen und war noch nicht halb die Straße hinunter, als ich plötzlich merkte, dass ich vergessen hatte, wo ich hi n wollte. Ich überlegte hin und her. Schließlich sagte ich mir, bestimmt wollte ich zu Fortnums. Ich erinnerte mich, dass ich bei Fortnums etwas hatte besorgen wollen. Also, ob Sie es glauben oder nicht, erst als ich längst wi e der zuhause war und meinen Tee trank, da fiel mir der Vortrag wieder ein. Selbstverständlich habe ich immer gehört, dass man mit fortschreitendem Alter allmählich senil wird, aber bei mir geht das viel zu schnell. Jetzt habe ich schon wieder vergessen, wo ich meine Handtasche hingetan habe – und meine Brille auch. Wo habe ich bloß die Brille hingelegt? Gerade eben hatte ich sie noch – ich las etwas in der Times.«
    »Die Brille liegt hier auf dem Kaminsims.« Sybil reichte sie Alicia Coombe. »Woher haben Sie die Puppe? Wer hat sie Ihnen geschenkt?«
    »Auch das ist mir total entfallen. Vermutlich hat sie mir irgendjemand gegeben oder zugeschickt… Aber eigen t lich scheint sie mir sehr gut in das Zimmer zu passen, nicht wahr?«
    »Ein bisschen zu gut, finde ich«, sagte Sybil. »Das K o mische ist, auch ich kann mich nicht erinnern, wann ich sie zum ersten Mal dort gesehen habe.«
    »Nun nehmen Sie sich bloß kein Beispiel an mir«, e r mahnte sie Alicia Coombe. »Sie sind schließlich noch jung.«
    »Nein, wirklich, Miss Coombe, ich weiß es nicht mehr. Gestern, da habe ich sie mir angesehen und dabei g e dacht, die hat so was – also, ich finde, Mrs Groves hat ganz Recht – so was Unheimliches an sich. Und dann dachte ich mir, das habe ich ja schon mal gedacht, und dann habe ich versucht, mich zu besinnen, wann das war, und – also ich wusste es einfach nicht mehr! Irgendwie war es so, als hätte ich sie noch nie zuvor gesehen – aber andererseits kam es mir nicht so vor. Mir war, als wäre sie schon seit langer Zeit hier, aber als hätte ich sie gerade erst bemerkt.«
    »Vielleicht kam sie eines Tages auf einem Besenstiel durchs Fenster hereingeflogen«, meinte Alicia Coombe. »Jedenfalls, jetzt gehört sie hierher.« Sie blickte sich um. »Man könnte sich den Raum kaum ohne sie vorstellen, nicht wahr?«
    »Nein«, bestätigte Sybil mit einem leichten Schaudern, »aber ich wünschte mir, ich könnte es.«
    »Sie könnten was?«
    »Mir den Raum ohne sie vorstellen.«
    »Wollen wir hier eigentlich alle verrückt spielen wegen dieser Puppe?«, rief Alicia Coombe ungeduldig. »Was ist denn verkehrt an dem armen Ding? Für mich sieht sie aus wie eine verwelkte Kohlstaude, aber vielleicht«, fügte sie hinzu, »liegt das daran, dass ich meine Brille nicht aufh a be.« Sie setzte sich die Brille auf die Nase und blickte die Puppe fest an. »Ja, jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Sie ist tatsächlich ein bisschen unheimlich… Traurig sieht sie aus, aber – irgendwie auch hinterhältig und ziemlich e nergisch dazu.«
    »Komisch«, meinte Sybil, »dass Mrs Fellows-Brown e i ne so heftige Abneigung gegen sie gefasst hat.«
    »Ach, das ist eine, die nie ein Blatt vor den Mund nimmt.«
    »Aber es ist eigenartig«, beharrte Sybil, »dass ausgerec h net diese Puppe einen solchen Eindruck auf sie gemacht haben soll.«
    »Oh, manchmal überfallen einen ganz plötzlich solche Antipathien.«
    »Vielleicht«, sagte Sybil mit einem leichten Auflachen, »war die Puppe bis gestern tatsächlich noch nicht da… Vielleicht ist sie – ist sie einfach durchs Fenster geflogen, wie Sie sagten, und hat sich hier häuslich niedergelassen.«
    »Nein«, entgegnete Alicia Coombe, »ich bin mir sicher, sie ist schon seit einer ganzen Weile da. Vielleicht ist sie bloß erst gestern sichtbar geworden.«
    »So kommt es mir ebenfalls vor«, bestätigte Sybil, »als wäre sie schon seit einer ganzen Weile da… aber trot z dem kann ich mich nicht erinnern, sie vor dem gestrigen Tag direkt wahrgenommen zu haben.«
    »Nun machen Sie aber einen Punkt, meine Liebe«, rief Alicia Coombe energisch. »Mir wird

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