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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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Ziergegenstand auf dem Kamin herum. Ihr eben noch fröhlich lachendes Gesicht, das sie Miss Pettigrew halb zuwandte, wirkte verschattet und nicht recht glücklich.
    »Sie sehen ja, wie es ist«, sagte Miss LaFosse mit dumpfer Stimme. »Man … kann sich ihm einfach nicht entziehen.«

    »Ja«, sagte Miss Pettigrew.
    »Es gibt solche Männer.«
    »Zweifellos.«
    »Man kann es nicht erklären.«
    »Jedenfalls nicht anderen Männern.«
    »Es gibt keine Worte dafür.«
    »Als Frau«, sagte Miss Pettigrew, »brauche ich keine.«
    Miss LaFosse stützte sich mit dem Ellbogen auf den Kaminsims und legte den Kopf in die Hand. Ihre Stimme klang ein wenig verzagt.
    »Er ist schlecht, und ich weiß es, und ich will mit ihm brechen. In den drei Wochen, die er fort war, habe ich beschlossen, reinen Tisch zu machen, wenn er zurückkommt. Ich habe sogar noch Sie gebeten, mir beizustehen, damit ich festbleibe. Aber Sie haben ja gesehen, was passiert ist. Sobald er wieder da war, wurde ich weich. Ohne Sie hätte ich zu allem Ja und Amen gesagt, was er verlangte, aber beim nächsten Mal sind Sie womöglich nicht dabei.«
    Hier war ein straffes Regiment vonnöten, entschied Miss Pettigrew. Allmählich gewöhnte sie sich in ihre neue Rolle ein und fand einen gewissen Geschmack daran, den Stier bei den Hörnern zu packen.
    »Setzen Sie sich«, sagte Miss Pettigrew. »Im Nachhinein betrachtet weiß ich nicht mehr, warum ich mich so verhalten habe. Es war ganz automatisch. Ich habe gar nicht nachgedacht. Er besitzt ein sehr … sehr einschüchterndes Wesen. Sie hatten Angst. Ich hatte Angst. Aber es musste etwas getan werden, also habe ich etwas getan. Ich war sehr töricht. Ich hätte zulassen sollen, dass er die Sache mit Phil herausfindet, selbst wenn er daraufhin seinen Zorn an Phil ausgelassen hätte, aber wenigstens wäre damit zwischen Ihnen und Nick alles aus und vorbei gewesen. Ich weiß beim besten Willen nicht, warum ich die Chance vertan habe.«

    »Aber ich bin ja so froh, dass es so ist«, hauchte Miss LaFosse.
    »Setzen Sie sich.«
    Miss LaFosse gehorchte.
    »Jemand muss Ihnen ins Gewissen reden«, sagte Miss Pettigrew.
    »Das sollte mich nicht wundern.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte Miss Pettigrew, »übernehme ich das Reden.«
    »Nicht das Geringste«, sagte Miss LaFosse. »Bitte reden Sie frei von der Leber weg.«
    »Sie bemitleiden sich«, sagte Miss Pettigrew vorwurfsvoll. »Sie finden es hart, dass es ausgerechnet Sie getroffen hat, einen Mann zu lieben, den Sie besser nicht lieben sollten. Sie finden es nicht fair, und all der Kummer schlägt Ihnen ein wenig aufs Gemüt, und darum bemitleiden Sie sich.«
    »Das tue ich wohl«, gestand Miss LaFosse ein.
    »In meinem Leben«, sagte Miss Pettigrew, »hat es eine ganze Menge unschöner Vorfälle gegeben. Ich hoffe, Sie werden dergleichen nie erleben. Vermutlich nicht, denn im Gegensatz zu mir kennen Sie keine Furcht. Aber eins gibt es, das ich nach all meinen Erfahrungen für geradezu tödlich halte: sich zu bemitleiden. Das macht die Dinge nur noch schlimmer.«
    »Da haben Sie sicher recht.«
    »Allerdings habe ich das. Man muss den Tatsachen ins Gesicht sehen. Das habe ich getan«, sagte Miss Pettigrew ohne Umschweife. »Und alles stumm ertragen. Anders konnte ich es nicht. Ich hatte nicht den Mut zu kämpfen. Andere Menschen haben mir seit jeher Angst eingejagt.«
    Miss LaFosse blickte sie ungläubig an.
    »Es ist wahr«, beharrte Miss Pettigrew. »Messen Sie mich
nicht an dem, was heute vorgefallen ist. So habe ich mich noch nie in meinem Leben benommen.«
    »Ich könnte nicht einfach alles stumm ertragen.«
    »Nein«, stimmte Miss Pettigrew zu, »und das ist auch gut so. Sie würden wahrscheinlich zurückschlagen und hätten irgendwann Ihre Ruhe. Aber Sie haben eben Mut und ich nicht.«
    »Es freut mich, dass Sie so denken.«
    »Mut gut und schön«, fuhr Miss Pettigrew energisch fort. »Nun müssen Sie ihn auch gebrauchen.«
    »Oh.«
    »Er ist fort«, sagte Miss Pettigrew.
    »Ja.«
    »Und als er fortging, dachten Sie, die Welt ginge unter.«
    »Sie verstehen wirklich alles.«
    »Fühlen Sie sich immer noch genauso?«, fragte Miss Pettigrew.
    »Hm. Nein. Im Moment nicht. Nicht so schlimm. Wenn ich’s mir recht überlege. Nein.«
    »Er ist fort, aber Sie können damit leben.«
    »Hm. Ja.«
    »Und bis morgen sind es nicht noch zehn Jahre?«
    »Aber nein. Das wohl nicht. Ich werd’s überleben.«
    »Tja, da haben Sie’s«, sagte Miss Pettigrew ernst. »Es

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