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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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ist nur so, wenn er da ist. Wenn er fort ist, wissen Sie, dass Sie ohne ihn leben können. Halten Sie sich das immer vor Augen und, so hart es jetzt auch sein mag, versprechen Sie mir, dass Sie künftig, wann immer er etwas von Ihnen will, ihn auf später vertrösten und mit der Entscheidung warten, bis er eine Viertelstunde aus dem Haus ist und nicht mehr alles Gold ist, was glänzt.«
    »Das ist kein leichtes Versprechen«, sagte Miss LaFosse, »aber ich gebe es Ihnen. Ich weiß, es ist zu meinem Besten.
Ich kann Ihnen niemals für all das danken, was Sie heute für mich getan haben. Sie haben mich zwei Mal gerettet. Verstehen Sie, ich habe Nick noch nie die Tür gewiesen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es tatsächlich könnte, auch wenn ich noch so sehr darauf gehofft habe. Jetzt ist es geschehen, und wissen Sie was? Ich fühle mich ganz gut dabei. Eigentlich sogar sehr gut. Wenn ich es einmal geschafft habe, werde ich es doch auch ein zweites Mal schaffen? … Ich fühle mich«, Miss LaFosse redete sich in Hitze, »einfach großartig. Frei. Vielleicht bin ich ja doch imstande, ihm zu widerstehen.«
    »So lobe ich’s mir«, sagte Miss Pettigrew.
    Sie lehnte sich zurück. Miss LaFosse in ihrem Sessel tat desgleichen und versank in Tagträumereien. Die Uhr auf dem Kaminsims tickte. Nach und nach drang ihr Ticken in Miss Pettigrews Bewusstsein. Sie drehte den Kopf und blickte zu den Zeigern, die dahinrasten und Miss Pettigrew daran erinnerten, wo sie war. Es gab keinen Grund mehr für sie, noch länger zu verweilen. Die Anstandsregeln verlangten, dass sie sich zum Aufbruch rüstete. Sie musste ihr Anliegen vorbringen und gehen. Sie durfte sich nicht länger als Miss LaFosses ebenbürtige Verbündete fühlen, sondern musste sich als das offenbaren, was sie war: eine demütige Anwärterin auf eine Stellung, die sie (das spürte sie in den Knochen) niemals bekommen würde.
    Schon jetzt wusste sie zu viel über Miss LaFosses Privatangelegenheiten. Miss Pettigrew kannte sich aus mit der menschlichen Natur, sie hatte viele harte Schläge von ihr einstecken müssen und begriff, wie vollkommen untragbar eine solche Situation für die Frau des Hauses wäre. Hoffnungslosigkeit, Bitterkeit und Trauer ergriffen von ihr Besitz. Aber ihr blieb nichts weiter übrig, als endlich darzulegen,
was sie hergeführt hatte, und diesem wundervollen Abenteuer ein Ende zu bereiten.
    Unmöglich. Nie zuvor hatte sie sich so sehr gewünscht, an einem Ort bleiben zu können. Wie würde sie diese heitere, sorglose Atmosphäre (trotz vorübergehender Turbulenzen) vermissen, in der man sie freundlich behandelte und wundervoll fand! Wie konnte sie weiterleben, ohne je zu erfahren, was aus Phil geworden war, ob Nicks Charme nicht doch die Oberhand über Miss LaFosses schwache Abwehr behalten würde, und was Michael für ein Mensch war? Sie fühlte sich schon jetzt einsam und ausgeschlossen; in ihren Augen brannten Tränen.
    »Ich warte noch drei Minuten«, dachte Miss Pettigrew trübsinnig. »Ich warte mit meiner Erklärung, bis die Zeiger sich drei Minuten weiterbewegt haben. Ich darf doch sicher noch drei Minuten länger glücklich sein.«
    Sie betete inständig, es möge an der Tür klopfen. Ein Klopfen an Miss LaFosses Tür verhieß Abenteuer. Dies hier war kein gewöhnliches Haus, wo nur Metzger, Bäcker oder Kerzenmacher anklopften. Ein Klopfen an Miss LaFosses Tür bedeutete Aufregung, Drama, eine neue Krise, die es zu bewältigen galt. Ach, wenn der liebe Gott doch nur einmal ein Einsehen hätte und irgendein Wunder wirkte, das ihr erlaubte zu bleiben und einen Tag lang Zeuge zu sein, wie das Leben sein konnte – um dann für den Rest ihrer öden, ereignislosen Jahre, wenn es einmal besonders schlimm kam, zurückblicken und in Erinnerung an den einen, vollkommenen Tag schwelgen zu können, an dem sie, Miss Pettigrew, gelebt hatte.
    Doch es geschehen nun einmal weder Zeichen noch Wunder. Kein Klopfen ließ sich vernehmen. Die Uhr tickte weiter. Drei Minuten waren vorbei. Miss Pettigrew, stets grundehrlich, auch gegenüber sich selbst, setzte sich
auf und krampfte die Hände ineinander. Ihr Blick war entschlossen, jämmerlich und hoffnungslos zugleich.
    »Es gibt da eine Kleinigkeit«, begann sie tapfer, »die wir wohl klären sollten. Bezüglich meiner …«
    Mit einem Seufzer erwachte Miss LaFosse aus ihren Träumereien und lächelte Miss Pettigrew an.
    »Ich habe an Michael gedacht«, gestand sie.
    »An Michael!«, rief Miss

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