Miss Pettigrews grosser Tag
Pettigrew übernahm die Zubereitung. Sie entdeckte einen Rest kaltes Huhn in der Speisekammer. Kaltes Huhn war für sie der Inbegriff von Luxus. Miss LaFosse öffnete eine Flasche Liebfrauenmilch und goss ihr davon ein. Miss Pettigrew nippte bedächtig, streng auf der Hut, doch abgesehen davon, dass der Wein sie – wenn möglich – noch ein wenig verwegener stimmte, zeigte er keine missliebigen Wirkungen.
Eben hatten sie es sich bei einer Tasse Kaffee gemütlich gemacht, da klingelte es. Miss Pettigrew blickte erwartungsvoll auf. Was stand nun wieder ins Haus? Sie war schon auf dem Sprung, doch Miss LaFosse kam ihr zuvor. Sie ging zur Tür und kehrte mit einer Schachtel zurück, die ein Riesenbündel scharlachroter Rosen enthielt.
»Oh, wie schön!«, rief Miss Pettigrew.
Miss LaFosse suchte nach der Karte.
»Bis morgen«, las sie laut. »Nick.«
»Nick!«, sagte Miss Pettigrew tonlos.
»Nick!«, jubilierte Miss LaFosse. »Oh! Dieser Goldschatz!«
Sie hob die Rosen heraus und steckte die Nase tief in die duftenden Blüten. Ein sentimentaler, zärtlicher Ausdruck schlich sich in ihr Gesicht.
»Oh!«, hauchte sie erneut. »Wie lieb von ihm!«
Um Verzeihung heischend blickte sie zu Miss Pettigrew.
»Er schickt nicht oft welche. Er ist nun mal nicht so. Bei ihm bedeutet das mehr als bei anderen.«
Miss LaFosse drohte schwach zu werden. Miss Pettigrew setzte sich kerzengerade hin und schritt zur Tat.
»Hmpf!«
»Was?«
»Eine sehr nette Geste.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Miss LaFosse gekränkt.
Miss Pettigrew warf einen achtlosen Blick auf die Rosen.
»Blumen schicken kann jeder«, sagte sie. »Für einen Mann mit Geld ist es das Leichteste auf der Welt, in einen Laden zu gehen und Miss Soundso einen Strauß Blumen schicken zu lassen. Keine Mühe, kein Ärger, kein Aufwand, und er weiß, dass jedes alberne, sentimentale Frauenzimmer davon gerührt sein wird. Eigenartig!«, bemerkte Miss Pettigrew im Plauderton, »wie der gesunde Menschenverstand einer Frau sich doch von ein paar Blumen außer Gefecht setzen lässt.«
»Nun aber! Es war doch sehr nett von ihm«, brachte Miss LaFosse zur Verteidigung vor.
»O ja... sehr«, erwiderte Miss Pettigrew sarkastisch.
»Was sollte er denn sonst tun?«, fragte Miss LaFosse mit einer Spur von Gereiztheit in der Stimme.
»Sind das Ihre Lieblingsblumen?«, erkundigte sich Miss Pettigrew.
Miss LaFosse betrachtete die Rosen.
»Hm, eigentlich nicht«, räumte sie ein. »Um ehrlich zu sein, ich habe mir nie allzu viel aus roten Rosen gemacht. Die bekommt man ja so oft. Genau wie Orchideen. Alle Männer schicken einem unentwegt Orchideen, weil sie teuer sind und weil sie wissen, dass man das weiß. Aber ich finde es eigentlich immer eine billige Masche, nicht wahr.
Als würde man jemandem sagen, wie viel etwas gekostet hat, um damit aufzuschneiden. Am schönsten fand ich schon immer diese großen bronzenen Chrysanthemen.«
Miss Pettigrew machte eine abfällige Handbewegung.
»Da haben wir’s. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, je herauszufinden, was Ihre Lieblingsblumen sind. Ja, wenn er das getan hätte …! Tja! Das spräche durchaus für ihn. Aber bloß in einen Laden zu spazieren und ein paar Blumen von Haus zu Haus schicken zu lassen wie ein Pfund Butter … nein!«, sagte Miss Pettigrew. »Es tut mir leid. Aber das versetzt mich nicht in Begeisterung.«
»Sie haben völlig recht«, sagte Miss LaFosse. »Der Gedanke ist mir noch nie gekommen. Es ist genau, wie Sie sagen: An den Kleinigkeiten erkennt man die wahren Gefühle eines Mannes.«
Sie ließ die Rosen auf die Couch fallen.
»Oh!«, warf Miss Pettigrew hastig ein. »Die Blumen tragen allerdings wohl keine Schuld daran. Ein wenig Wasser, was meinen Sie …?«
»Ja natürlich. Ich hole etwas.«
Miss LaFosse fand eine leere Vase und ging damit in die Küche. Miss Pettigrew stand auf, nahm ihrerseits die Rosen zur Hand und ließ sich von ihrem köstlichen Duft betören.
»Ach!«, dachte sie. »Hätte ein Mann mir je einen Strauß roter Rosen geschickt, hätte er nach Belieben auf mir herumtrampeln dürfen.«
Miss LaFosse kam zurück, und Miss Pettigrew stopfte die Rosen nachlässig in die gefüllte Vase. Das leuchtende Rot fügte dem Raum einen weiteren Glanzpunkt hinzu.
»Viertel vor drei«, sagte Miss LaFosse nachdenklich. »Es ist noch früh, aber wir sollen um fünf bei den Ogilveys sein, und es ist immer wieder erstaunlich, wie lange man
doch zum Umziehen und Schminken
Weitere Kostenlose Bücher