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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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Dubarry.
    »Edythe«, kam es rau von Tony.
    Miss Pettigrew stand da und bedachte die beiden mit einem gütigen Lächeln. Worum es in dem Gespräch zwischen Tony und ihr eigentlich gegangen war, wusste sie kaum mehr zu sagen, und auf den nachfolgenden Schlagabtausch
zwischen ihm und Miss Dubarry konnte sie sich ebenfalls keinen Reim machen, aber er schien beiderseits zufriedenstellend ausgefallen zu sein, und das allein zählte. Miss Dubarry sah so glücklich aus, dass Miss Pettigrew Tony auf der Stelle alles verzieh.
    Bänglich ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. Solch öffentliche Zurschaustellung privater Gefühle war doch ein wenig peinlich und für eine Dame wohl kaum … nun ja, wohl kaum.
    Doch niemand nahm auch nur im Mindesten Notiz. Ein jeder schwatzte. Niemand hörte zu. Tony hätte Miss Dubarry kaltblütig ermorden können, statt sie nur hingerissen anzustarren, keinem Menschen in dem Saal wäre es aufgefallen. Miss Pettigrew erlaubte sich einen kleinen, erleichterten Seufzer.
    Miss Dubarry fuhr herum. Sie fixierte Miss Pettigrew mit dem, was im Filmgeschäft gemeinhin als »verzückter Blick« bezeichnet wird.
    »Oh!«, hauchte sie. »Sie Goldschatz.«
    Miss Pettigrew wusste nicht, wie ihr geschah. Miss Dubarry umarmte sie und flüsterte ihr ins Ohr: »Wie kann ich Ihnen jemals danken?«
    Miss Pettigrew freute sich über die Maßen. Offenbar hatte eine Versöhnung stattgefunden, auch wenn sie nicht verstand, wieso.
    »Du liebe Güte!«, wisperte sie. »Meine allerherzlichsten Glückwünsche.«
    Ungeachtet ihres Make-ups, ungeachtet ihres so ungemein wichtigen Erscheinungsbildes, ungeachtet der Möglichkeit, dass Tony versehentlich zu Gesicht bekam, wie sie tatsächlich aussah, traten Miss Dubarry Tränen in die Augen; eine oder zwei davon lösten sich wahrhaftig und hinterließen schwache schwarze Wimperntuschespuren.

    »Ach herrje!«, sagte Miss Dubarry erstickt. »Ich sehe bestimmt ganz schrecklich aus.«
    »Du siehst perfekt aus«, sagte Tony im Brustton der Überzeugung.
    »Ich muss sofort in die Garderobe«, sagte Miss Dubarry hektisch.
    »Ich komme mit«, sagte Tony.
    Sie entfernten sich. Miss Pettigrew schickte ihnen einen gütigen, mütterlich nachsichtigen Blick hinterher.
    »Das liebe junge Gemüse«, dachte sie wehmütig. »Nichts weiter als ein kleines Geplänkel. Aus den Augen, aus dem Sinn.«
    Sie hickste kaum merklich.
    »Ts, ts«, dachte sie. »Da haben wir’s. Verdauungsbeschwerden. Ich werde heute Abend wohl eine Magnesiumtablette einnehmen müssen.«

NEUNTES KAPITEL
    18:21 – 19:25
     
     
    M iss Pettigrew fühlte sich über die Maßen glücklich. Sie fühlte sich so herrlich leicht und luftig, dass sie fast sicher war, den Weg bis zur Tür im Schwebflug zurücklegen zu können. Sie entdeckte einen kleinen Rest in ihrem Glas und trank ihn aus.
    Miss LaFosse sah vom anderen Ende des Raums zu Miss Pettigrew hinüber. Volle fünfzehn Minuten hatte ihr ganzes Interesse der Ecke gegolten, in der Miss Pettigrew sich aufhielt. Ihr war weder entgangen, wie lange Tony dort verweilte, noch dass Miss Dubarry sich zu den beiden gesellte. Miss LaFosses Neugier war bis zum Siedepunkt gestiegen. Dann hatte ihr eine Bekannte die Sicht verstellt und sie in ein Gespräch verwickelt, und als sie endlich wieder hinspähen konnte, war Tony fort und Miss Dubarry ebenfalls.
    Miss Pettigrew hatte etwas Verwegenes an sich, wie sie da so alleine stand; ihr Gesicht leuchtete, ihre Augen blitzten, ihre Frisur war ein wenig verrutscht, in der Hand hielt sie ein leeres Cocktailglas.
    Miss Pettigrew wirkte glückselig. Zu glückselig. Miss LaFosse kannte den Blick. Ihr blieb das Herz stehen. Das Gewissen zwackte sie. Guinevere hatte sich zu lange ohne Aufsicht getummelt. Sie, Miss LaFosse, hatte vollständig vergessen, Tony zu instruieren, dass ihre Freundin nicht allein nach Pelzmantel und Samtkleid einzuordnen war;
welch verwerfliche Gedankenlosigkeit. Sie konnte nur hoffen, dass es nicht schon zu spät war.
    Sie gab einem Freund eine zerstreute Antwort, ließ ihn rüde stehen und bahnte sich einen Weg durch den Raum zu ihrem Schützling, den Blick misstrauisch auf das leere Glas geheftet. Miss Pettigrew hieß sie mit einem breiten Lächeln willkommen.
    »Guinevere«, sagte Miss LaFosse besorgt, »Sie haben doch nicht etwa einen zu viel gezwitschert?«
    »Gezwitschert?«
    »Kein Wackelpudding in den Stelzen?«
    »Stelzen?«, wiederholte Miss Pettigrew und reckte hochmütig das Kinn.
    »Die Beine«,

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