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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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die Verantwortung für sie.« Seine Anspannung ließ nach. Er wurde wieder heiter und lachte. »Ich möchte selbst gern wissen, was passiert ist, und vor allem genau herausfinden, wo sie die Nadel hineingesteckt hat.«

13
     
    Im 10/20 trank Tom Haley seinen Drink aus und sah zum siebenten Mal auf seine Uhr. Sie kam nicht. Was erwartete er eigentlich? Die Tochter eines Lords – und er? Sie hatte gesagt, sie würde nicht kommen, und sie war nicht gekommen. Und trotzdem… Zum fünften Mal sagte er sich, er würde ihr noch fünf Minuten geben. Keine Sekunde länger. Danach zur Hölle mit allem – und mit ihr. Schade, daß dieser miserable Derrick – na und? Er hatte getan, was er tun mußte, und wenn sie glaubte... Wieder sah er auf seine Uhr. Noch drei Minuten und zwanzig Sekunden – dann Schluß. Trotzdem… Er biß die Zähne zusammen.
    Von einer Nische am anderen Ende des Restaurants warf Mel Forby hin und wieder ein Auge auf Haley. Als Thrudd Banner an den Tisch zurückkehrte, sah sie ihn fragend an.
    »Nichts. Bei Miss Seeton meldet sich niemand. Im Büro hörte ich von der Nachrichtenabteilung, der zuständige Mann aus Kent habe telefonisch eine Geschichte über einen Skandal auf irgendeinem Fest in Plummergen durchgegeben. Ein Mann sei gestürzt und habe sich das Genick gebrochen; ein anderer sei erschossen worden. Er weiß in beiden Fällen nicht, wer der Täter ist – die Polizei gibt keine Auskunft. Ich habe bei Scotland Yard angerufen. Man sollte glauben, sie hätten noch niemals von Miss S. gehört. Aber sie zeigten sehr viel Interesse für mich: meinen Namen, den Namen meiner Eltern, Geburtsdatum des Pekinesen meiner Großtante – wirklich alles, nur, um mich an der Strippe zu halten, während sie prüften, woher der Anruf kam. Daher habe ich aufgehängt.«
    Mel machte sich Sorgen. »Alles in allem könnte dies unter normalen Umständen Kidnapping bedeuten.«
    »Könnte«, gab er zu, »nur ist nichts bei Miss S. je normal. Noch etwas – ich weiß nicht, ob es damit in Zusammenhang steht. Das Büro erwähnte, es habe ein Telegramm aus Lewisham erhalten, das besage, in irgendeinem Kleiderladen sei eine Bombe explodiert, ein Wagen sei mit darin verwickelt. Ein Mann sei auf einer Bahre, ein weiterer in Handschellen weggebracht worden. Zwei Frauen, eine alte und eine junge, die aussahen wie gerupfte Hühner, seien in einem Polizeiwagen davongefahren.«
    »Etwas weit hergeholt…« begann Mel, dann brach sie ab. Stimmengemurmel und Besteckklirren hatten aufgehört. Einzelne Tischgäste applaudierten höflich in Erwartung einer Kabarettnummer. Mel sah zum Eingang. »Eines der gerupften Hühner?« fragte sie.
    Das vereinzelte Klatschen, das der Stille im Saal gefolgt war, hatte Toms düstere Stimmung durchdrungen. Er wandte sich um. Der Unterkiefer sank ihm herab, mit offenem Mund starrte er auf das mit einem Geländer umgebene Podium über den Stufen, die in den Speisesaal hinabführten. Dort stand sie.
    Ihr Hut neigte sich bedenklich zur einen Seite. Die eine Hälfte ihres Kostümkragens war hochgeschlagen, zwei Knöpfe ihrer Jacke fehlten. Der Rock war zerrissen. Der Unterrock lugte hervor. Ein grauer Strumpf ringelte sich um ihr Bein, der andere hatte Laufmaschen. Die soliden Schuhe waren aufgerissen.
    Der Oberkellner eilte herbei, um das Ärgernis zu entfernen. Aber wie es dem Portier und der Garderobenfrau vor ihm ergangen war, zögerte er und blieb schließlich, gebannt von ihrem Blick, stehen. Er fühlte sich wie ein Schuljunge, den man bei einer Taktlosigkeit ertappte. Miss Seeton ertrug heute keine dummen Bemerkungen mehr. Sie schritt energisch auf Tom Haleys Tisch zu und setzte sich.
    »Deirdre tut es leid, daß sie zu spät kommt«, sagte sie entschuldigend. »Sie ist in der Garderobe, um sich zu säubern. Gründlich, meine ich.«
    Thrudd Banner hatte die Rechnung bezahlt. Er stieß den Stuhl zurück. »Kommen Sie. Hören wir uns ihre Geschichte an.«
    »Einen Augenblick!« Mel legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich verlange nichts Unmögliches von Ihnen – wie etwa Takt. Ich glaube auch nicht, daß Sie verstehen können, was offenbar für Sie schon längst vorüber ist – der große Traum der ersten Liebe. Aber können Sie Dummkopf nicht begreifen, daß sie von unserer Existenz nicht einmal Notiz nehmen würden, wenn wir jetzt hineinplatzen?«
    Kurz darauf erschien Deirdre. Miss Seeton war unbemerkt aufgestanden. Sie sprach mit dem Kellner und dem Weinkellner, studierte die Speisekarte, warf

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