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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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widerwillig zu. »Groß, mit Brille und einem kleinen Bart und einem Schnurrbart. Er sagte, er hätte Sie auf dem Kontinent kennengelernt und wäre Ihnen Dank schuldig. Es täte ihm sehr leid, Sie nicht anzutreffen. Aber er hat dieses Päckchen für Sie dagelassen.«
    Unschlüssig beäugte Miss Seeton das in braunes Papier gewickelte Päckchen. Auf dem Kontinent kennengelernt? Vielleicht Mr. Stemkos, den sie in der Schweiz getroffen hatte? Aber nein. Stemkos war glattrasiert. Sehr merkwürdig. »Wer könnte es sein?« fragte sie verwundert.
    »Er war drüben im St. Georg und der Drache, sein Wagen stand draußen und war noch da, als ich vor fünf Minuten vorbeikam. Vermutlich ißt er dort zu Mittag.«
    Ein Ausländer. Hinterläßt ein Geschenk. Sehr, sehr freundlich! Aber wer könnte es sein, grübelte Miss Seeton.
    Thatcher war zufrieden. Alles war besser gelaufen, als er zu hoffen gewagt hatte. Im Wirtshaus – immer die beste Informationsquelle – hatte man ihm verraten, daß Lady Sowieso Miss Seeton am Morgen in die nächste Stadt mitgenommen hatte und sie erst im Laufe des Nachmittags zurück sein würde. Ideal! Seine eigenen Leute würden wissen – und die Polizei vielleicht vermuten –, wer der »ausländische Gentleman« gewesen war. Aber sie konnten nichts beweisen. Fünf Männer waren bereit, ihm ein Alibi zu geben und zu beschwören, daß er zur fraglichen Zeit in London gewesen war. Mittlerweile konnte er sich entspannen, in aller Ruhe zu Mittag essen, was einen möglichen Verdacht zusätzlich in andere Richtung lenken würde, und auf einem Umweg nach London zurückkehren. Ehe er dort ankam, würde die Sache gestiegen sein. Keine Verbindung zu ihm war möglich. Sein Vorhaben – und den Anschauungsunterricht für die anderen – hätte er dann erfolgreich hinter sich gebracht. Thatcher glaubte allen Grund zu haben, zufrieden zu sein.
    Delphick rief seinen Sergeanten in Plummergen an, sandte Brinton in Ashford eine dringende Nachricht, bestellte einen Wagen und befahl dem Fahrer, so schnell wie der Teufel nach Kent zu fahren. Der Spitzel hatte sich wieder gemeldet: In Miss Seetons Haus sollte eine Bombe hochgehen.
    Bob Ranger zwang eine widerspenstige Miss Seeton, das Jäten eines Rosenbeetes aufzugeben, und überließ sie der Obhut seiner Frau Anne. Dann schloß er sich Potter, dem Ortspolizisten, und den aus Ashford entsandten Beamten an, um Sweetbriars zu durchsuchen. Alle umliegenden Häuser, auch das der empörten Martha – »Was ist mit dem Tee für die Familie?« –, waren evakuiert worden. Die aufgeregten Dorfbewohner drängten sich hinter der Absperrung zusammen, so nahe wie möglich der Stelle, an der sie die Explosion erwarteten.
    Unaufhörlich heulten Sirenen, noch mehr Polizei traf ein. Das Sprengkommando der Armee war schon an Ort und Stelle. Da raste inmitten dieses Tumults Delphicks Wagen die Straße entlang. Er sprang hinaus und beriet sich mit Brinton und Bob Ranger.
    Miss Seeton erwischte seinen Arm. »Chefsuperintendent, bitte was hat dies alles zu bedeuten? Was ist passiert?«
    »Eine Bombe«, antwortete das Orakel. »Man hat eine Zeitbombe in Ihr Haus gelegt. Wir müssen – «
    »Eine Bombe?« Miss Seeton war skeptisch. »Eine Bombe? In meinem Haus? Das ist doch lächerlich! Warum denn? Und wer?«
    Delphick kam zum Bewußtsein, daß niemand daran gedacht hatte, sie zu befragen. »Sagen Sie mal, was ist seit heute morgen alles passiert?«
    »Nun, eigentlich nichts.« Miss Seeton wurde klar, daß dies ein Verhör war und sie genau Auskunft geben mußte. »Das heißt, ich war auf der Bank außerordentlich liebenswürdig von Lady Colveden, mich mitzunehmen – und fuhr mit dem Rad zurück.«
    »Und da war der Mann – der Ausländer«, mischte sich Martha ein.
    »Welcher Mann? Welcher Ausländer?« fragte Delphick.
    »In Wirklichkeit war er keiner«, erklärte Miss Seeton. »Kein Ausländer, meine ich. Es war nur Mr. Thatcher, verkleidet mit einem Bart.«
    Delphick begann, in den ihm schon bekannten traumähnlichen Zustand zugeraten, den ein Verhör Miss Seetons unweigerlich mit sich brachte. Er versuchte, nichts zu überstürzen. »Thatcher? Hier? Sind Sie sicher?«
    »O ja«, antwortete sie. »Er hatte sich einen Bart und einen Schnurrbart wachsen lassen. Natürlich ändert das nichts an dem Knochenbau, den Ohren und den Augenhöhlen.«
    »Natürlich nicht.« Er kämpfte mit seiner Ungeduld. »Was tat er?«
    »Ich vermute, er bezahlte gerade sein Essen.«
    Martha war entschlossen,

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