Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
Vom Netzwerk:
weiß beschlagen war. »Und es sieht auch so aus, als
wäre es mit einer Säge zerteilt worden. Die Spuren sind ganz deutlich zu erkennen.«
    »Können Sie feststellen, wie lange das Fleisch tiefgefroren war?«, fragte der Reporter.
    »Hier an Ort und Stelle nicht. Deshalb müssen wir es umgehend ins Labor schaffen.«
    »Steht da nicht was auf dem Sack?« Samuel deutete auf die groben Leinenfetzen. »Schauen Sie, dort, am unteren Ende. Sieht aus wie ein M.«
    »Ja, aber das hat alles Zeit bis später«, erklärte der Coroner.
    »Zuerst muss ich ein paar Proben nehmen, um zu sehen, ob mein Verdacht zutrifft.«
    »Meinen Sie, dass es von einem Menschen stammt?«
    »Natürlich. Weshalb sollten wir sonst so einen Aufwand betreiben? «
    »Wie bald kann ich das bestätigt bekommen?«, fragte Samuel.
    »Rufen Sie heute Nachmittag mal in der Rechtsmedizin an. Bis dahin kann ich Ihnen sagen, ob wir es hier mit einem Teil einer Leiche zu tun haben.«
    »Werden Sie mir dann auch sagen können, was der Aufdruck auf dem Sack bedeutet?«, hakte Samuel nach.
    »Jetzt sperren Sie mal Ihre Reporterohren ganz weit auf: Dieses Detail darf unter keinen Umständen bekanntwerden«, erwiderte der Coroner mit Nachdruck. »Wenn sich daraus Rückschlüsse auf die Herkunft des Sacks ziehen lassen, ist es vielleicht unser wichtigster Anhaltspunkt überhaupt. Nur dass wir uns da einig sind, Samuel.«
    »Selbstverständlich. Haben Sie bisher sonst noch etwas Interessantes entdeckt?«, fragte der Reporter.
    »Das wird sich zeigen. Aber wenn Sie heute Nachmittag in der Rechtsmedizin vorbeikommen, kann ich Ihnen eine Liste unserer Funde geben. Dann sind Sie auf demselben Wissensstand wie die Polizei und können auf eigene Faust Nachforschungen anstellen. Ihren Artikeln nach zu schließen scheinen Sie in
den letzten zwei Jahren damit ziemlich erfolgreich gewesen zu sein.«
    »Vielen Dank, Barney.« Samuel meinte es ehrlich. Die Äußerungen des Coroner ließen keinen Zweifel daran, dass er einer größeren Sache auf der Spur war.
    Dann ging der Reporter auf Melba zu, die am Treppengeländer des gelb gestrichenen Gebäudes lehnte und eine Zigarette rauchte. Excalibur wedelte aufgeregt mit seinem nicht vorhandenen Schwanz, und Samuel tätschelte ihm den Kopf. »Danke für den Tipp, Melba. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, mir könnte der Stoff für gute Storys ausgehen.«
    Melbas blaue Augen leuchteten, als sie ihm entgegnete: »Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein. Irgendetwas passiert in dieser Stadt immer, und du hast ja bereits einige aufsehenerregende Fälle aufgedeckt. Aber freu dich mal nicht zu früh. Möglicherweise wird das hier eine ziemlich harte Nuss. Wenn wir mit unserer Annahme, dass es sich um die Überreste eines Menschen handelt, richtigliegen, wirst du herausfinden müssen, wie es dazu kam, dass das Opfer so enden musste.«
    Als Samuel am Nachmittag in die Rechtsmedizin kam, hatte Coroner McLeod willkommene Nachrichten für ihn. Das Stück Fleisch, das der kleine Hund am Morgen gefunden hatte, war tatsächlich ein Teil eines menschlichen Oberschenkels. Diese Information rückte der Rechtsmediziner jedoch nur unter Vorbehalt heraus. Außerdem erhielt Samuel zwei Listen von ihm. Auf einer davon waren die Fakten aufgeführt, über die er in der Zeitung berichten durfte; eine zweite, wesentlich längere Liste dagegen enthielt alles, was nicht für die Veröffentlichung bestimmt war. Im Anschluss an die Unterredung mit dem Reporter übergab der Coroner die Angelegenheit dem Morddezernat des San Francisco Police Department.
    Samuels Bericht über den grausigen Fund war der Aufmacher am nächsten Morgen. Auf der Titelseite prangte ein Foto, auf
dem der Coroner zu sehen war, wie er auf das Leinenbündel deutete. Die reißerische Schlagzeile lautete: LEICHENTEILE GEFUNDEN – OPFER GESCHLACHTET?
    Obwohl Samuel höchst zufrieden war, seinen Artikel auf der Seite eins wiederzufinden, war er sich doch im Klaren darüber, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst für ihn begann. Nicht nur, dass sein Chefredakteur von ihm eine auflagenträchtige Fortsetzung der Geschichte erwartete; auch er selbst würde nicht eher ruhen können, bis er die Identität des Opfers ausfindig gemacht hatte – und den Täter.

2 DER BUCHSTABE M
    A m folgenden Tag fuhr Samuel in die Rechtsmedizin, um sich noch einmal die einzelnen Beweisstücke anzusehen. In einer Ecke des Besprechungszimmers, in das ihn McLeod führte, stand ein echtes Skelett aus Indien; die

Weitere Kostenlose Bücher