Missgeburt
schon sagen: Ein romantischeres Ambiente könntest du dir kaum aussuchen.«
»Nur damit du’s weißt: Ich bin gerade auf dem Weg zum Mi Rancho Market, um mich bei den Kindern noch mal für ihre Hilfe zu bedanken und mir von Rosa María Rezept und Zutaten für das Essen geben zu lassen, das ich heute Abend für Blanche kochen werde. Ursprünglich wollte ich eigentlich die Krabben-Enchiladas machen, aber sie meinte, das wäre zu schwierig für mich.«
»Und was genau schwebt dir dabei vor?«
»Ein romantischer Abend zu zweit.«
»Ach wirklich? Dann würde ich mir an deiner Stelle allerdings vorsichtshalber einen Plan B zurechtlegen«, bemerkte Melba schmunzelnd.
Als Samuel den Mi Rancho Market betrat, begrüßte Rosa María ihn mit einem warmen Lächeln. »Sie haben tatsächlich Wort gehalten, Mr. Hamilton. Die Kinder sind fast geplatzt vor Stolz, als sie ihre Namen in der Zeitung gelesen haben, und das auch noch direkt über den Comics.«
»Sie waren ja auch maßgeblich an der Lösung des Falls beteiligt, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Umso mehr tut es mir deshalb leid, dass Sie unseretwegen den Laden kurzzeitig schließen mussten.«
»Ganz im Gegenteil, ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss. Nachdem ich inzwischen weiß, was unserem Metzger vorgeworfen wird, kann ich immer noch nicht recht fassen, dass mir nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen ist. Allein die Vorstellung, dass er bei seinen schauderhaften Verbrechen Geräte aus meinem Laden verwendet hat. Deshalb habe ich der Polizei auch gesagt, dass ich nichts von den Sachen, die sie mitgenommen
haben, zurückhaben will; erst recht nicht die Sägen, den Fleischwolf und die Gefriertruhe.« Sie schüttelte angewidert den Kopf.
»Sie werden den Kindern doch meinen Dank bestellen, oder?« »Aber natürlich. Und hier ist die Liste der Zutaten, die Sie für das Essen mit Blanche brauchen. Damit gelingt es Ihnen bestimmt, sie in die gewünschte Stimmung zu versetzen.«
Samuel überflog den Zettel. »Was ist das alles? Ich kenne kaum etwas davon«, sagte er mit einem ratlosen Blick.
Rosa María griff nach einem Einkaufskorb und forderte den Reporter auf, ihr zu folgen. Samuel beobachtete aufmerksam, wie sie alle möglichen Dosen aus den Regalen nahm. Zum Schluss füllte sie eine Handvoll eigenartig riechender Pilze in eine Tüte und erklärte ihm, wie er sie zubereiten sollte. »Nehmen Sie auf keinen Fall zu viel Granatapfelsaft und vor allem nicht mehr als eine Tasse von den Pilzen. Wenn Sie davon nämlich zu viel dazugeben, ist die Wirkung zu stark, und am Ende wissen Sie gar nicht mehr, wie Sie sich ihrer erwehren sollen.«
Samuel legte die Einkäufe auf den Ladentisch und bezahlte. Rosa María gab ihm einen Leinenbeutel mit dem Schriftzug des Mi Rancho Market, und er packte alles ein. Dann bedankte er sich bei ihr und verließ pfeifend den Laden. Vor seinem geistigen Auge malte er sich auf dem Heimweg nach Chinatown aus, wie der Abend mit Blanche verlaufen würde. An einen Plan B verschwendete er keinen einzigen Gedanken.
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1. Auflage 2011
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Copyright für die deutschsprachige Ausgabe
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E-Book-Umsetzung: Jouve
ISBN 978-3-455-81019-6
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