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Missing in Action

Missing in Action

Titel: Missing in Action Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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der mit zahllosen Nebenarmen das ganze Tal beherrschte. Von der breiten Wasserfläche stieg im Tagesanbruch Nebel auf, und aus dem Dunst erhob sich ein riesiger Schwarm grellbunter Vögel, Tausende, die sich wie ein einziger schillernder Organismus in den Himmel schraubten.
    Das Sumpfland in den Ausläufern des Stroms wurde von einer üppigen, grün-bunten Vegetation beherrscht, ein undurchdringliches Dickicht von urtümlicher Schönheit.

    Der majestätische Fluss floss auf den Abhang zu, auf dem sie sich befanden, und verschwand unter ihnen im Gestein. Und im hellen Licht der aufgehenden Sonne konnte John erkennen, dass der gesamte Fels, der die Ebene in einem gewaltigen Bogen umsäumte, von einer Vielzahl Höhlen und Kavernen durchbrochen wurde.
    Tief unter ihm zog eine Gruppe fliegender Kreaturen vorüber. Sie mussten groß sein, aber vor diesem gewaltigen Panorama verblassten sie einfach. Zum ersten Mal, seit sie auf Tordesillas abgestürzt waren, verspürte John einen Moment der Ruhe. Der Anblick vertrieb die Sorgen aus seinen Gedanken, und er setzte sich hin und genoss ihn. Nach all den Schrecken und Entbehrungen ahnte er für einen Augenblick, was dieser Planet seinen neuen Bewohnern bieten konnte.
    Dann atmete er tief ein und erhob sich wieder. Die Realität drängte sich in seinen Geist, und er wusste, dass sie handeln mussten.

16
    Nach und nach wachte das gesamte Team auf, streckte sich, trank aus den Wasserflaschen und schlüpfte zurück in die Stiefel. Als Nina Grasse an John vorüberging, um sich den Abstieg und die spektakuläre Aussicht darunter anzusehen, lächelte sie ihn kurz an. Oder vielleicht hatte er sich dieses Lächeln auch nur eingebildet. Aber eigentlich war es egal – zumindest für den Augenblick fühlte er sich verdammt lebendig und verspürte den heftigen Wunsch, diesen Zustand auch noch eine Weile aufrechtzuerhalten.
    »Wie geht es Shakey?«, fragte er sie leise.
    Sie zuckte die Achseln. »Er hat die Nacht überlebt, und ich schätze, das ist schon mal ein gutes Zeichen.«
    Tatsächlich richtete sich der Pilot eben unter der Jacke auf, mit der eine freundliche Seele ihn nachts zugedeckt hatte.
    »Scheiße, wo bin ich?«, fragte er mit belegter Stimme, sah sich um und murmelte: »Und wie lange war ich weg?«

    »Kein Grund zur Sorge, Alter«, erklärte Rourke ruhig. »Du hast dir ein Loch verpassen lassen und den Hauptteil des Spaßes verschlafen, du fauler Sack. Jetzt sitzen wir auf so’ner Art Plateau rum und warten darauf, runterzuklettern. Du bist also genau im richtigen Moment wieder klargeworden, könnte man so sagen.«
    »Hm. Ich komme also zu spät zur Party, ja? Gibt’s trotzdem noch Schnaps und Nutten?«
    John grinste erleichtert, als er den Schlagabtausch zwischen Rourke und Shakey mit anhörte. Der Pilot klang tatsächlich nicht wie ein Mann, der im Sterben lag, auch wenn er immer noch ziemlich angeschlagen aussah.
    Leider hatte sich nicht nur Shakey in den letzten paar Stunden erholt – auch Reinhards war wieder zu Kräften gekommen und so nervig wie immer.
    »Owens«, rief er und winkte John zu sich heran. »Könnten Sie mal kurz herkommen?«
    Er tat ihm den Gefallen, obwohl er alles andere als Lust dazu verspürte. Der Konzerner hatte sich die zerknautschten Klamotten zurechtgestrichen, und obwohl die Augenringe und Tränensäcke sein gepflegtes Aussehen untergruben und verrieten, wie sehr ihn die Flucht angestrengt hatte, so zeigte seine Stimme, dass er dennoch bereits wieder Oberwasser zu haben glaubte.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    John bemühte sich um einen neutralen Tonfall und fuhr sich mit der Hand durch die verklebten Haare. Er wünschte, er hätte einen Eimer Wasser gehabt, um ihn
sich über den Kopf zu gießen. Mit der Sonne kehrte auch die allgegenwärtige Hitze zurück, und er begann bereits wieder zu schwitzen. Ob die dauernde Schwüle vom Fluss verursacht wurde? Immerhin schien es an diesem Ort auf Tordesillas nie zu regnen.
    »Wie werden wir weiter vorgehen, Owens? Unsere jetzige Situation erscheint mir … unhaltbar.«
    »Wir werden in die Höhlen runterklettern und schauen, ob wir uns dort ein Weilchen verstecken können. Ich bin mir sicher, dass ARStac nach uns suchen wird, sobald sie sich von Sukarnos kleiner Überraschung erholt haben. In den Höhlen haben wir sicher bessere Chancen, ihren Drohnen zu entgehen.«
    »Klettern? Uns in Höhlen verstecken?«
    Der Konzerner gab ein langgezogenes Seufzen von sich, widersprach John zu dessen

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