Mission Arktis
weg, kam jedoch im Winter zurück. Und wieder einmal zeigte sich die erstaunliche Widerstandskraft der Erde. Im letzten Winter hatte sich die Kappe neu gebildet und von neuem über das ganze Nordmeer ausgebreitet.
Doch die Beziehungen zwischen den beiden Regierungen – von Russland und den Vereinigten Staaten – heilten weder leicht noch schnell. In den Hallen der Macht in Washington und Moskau ging es immer noch um Nachwirkungen und Strafaktionen. Täglich gab es Anhörungen, Gerichtsverhöre und Kriegsgerichtsprozesse. Aber selbst dieser Aufruhr würde sich irgendwann legen und Gras über die Sache wachsen.
Matt hoffte, dass das Ganze zu etwas gut gewesen war.
Was die Ereignisse im Norden betraf, so hatten sie keinerlei Spuren hinterlassen. Die Schaltbilder für die PolarisBombe wurden nie gefunden, denn Admiral Petkow hatte sie zerstört, bevor er seinen Heimathafen verlassen hatte. Auch die Grendel waren verschwunden, ausgelöscht durch die Atomexplosion.
Letztendlich hatte der Krieg keine bleibenden Auswirkungen für die Welt.
Nun ja, jedenfalls fast keine.
Vergnügtes Lachen ertönte aus dem Hauptraum der Familienhütte. So konnten nur Kinder lachen. Und dieses Lachen war es auch, was Matt aus seinem kurzen Schlaf geweckt hatte.
Jetzt rührte sich auch Jenny. »Klingt ganz danach, als wäre Maki schon wach.«
Außerdem hörte man nun das Klappern von Töpfen und Pfannen aus dem Nachbarzimmer. Matt schlug die Decke zurück, bereit, sich mit Entschiedenheit noch ein paar Stunden Schlaf zu verschaffen. Doch dann stieg ihm der Duft in die Nase. Er sog ihn tief ein und seufzte.
»Kaffee … das ist nicht fair.«
Jenny rollte sich zu ihm und setzte sich auf. »Wahrscheinlich sollten wir aufstehen.«
Matt stützte sich auf einen Ellbogen. Er starrte seine frisch gebackene Ehefrau an. Das Sonnenlicht strömte durchs Fenster und umhüllte sie mit einem goldenen Schein. Er war der glücklichste Mann auf der ganzen verdammten Welt.
Wieder driftete das Kinderlachen zu ihnen herein.
Jenny lächelte. Keine Spur von der alten Traurigkeit. Und genau wie sie wusste auch er, wie gut es war, wieder Lachen in der Hütte zu hören, wenn auch nur für kurze Zeit.
Gemeinsam schlüpften sie in Pyjama und Bademantel und gingen zur Tür. Matt öffnete und folgte Jenny hinaus.
Maki spielte mit Bane. Der große Wolfsmischling lag mitten im Zimmer auf dem Rücken und streckte dem Jungen den Bauch entgegen, um sich streicheln zu lassen. Der Junge kraulte ihn, und wenn er an die besonders empfindliche Stelle kam, zuckte Banes Hinterbein und der Kratzreflex setzte ein, was zu einem weiteren Lachanfall führte.
Lächelnd betrachtete Matt die Szene. Es war so einfach, sich zu freuen. Ein Junge und ein Hund.
»Ihr seid schon auf!«, sagte eine Stimme aus der Küche. Es war Belinda Haydon.
»Wo ist dein Mann?«, fragte Matt.
»Bennie und Jens Vater sind vor einer Stunde mit ihren Stöcken losgezogen.«
Maki stand auf und ging zur Küche. »Mama«, sagte er auf Inuktitut. »Kann ich eine PopTart haben?« Letzteres fragte er auf Englisch. Er lernte die Sprache extrem schnell.
»Wenn du deine Frühstücksflocken gegessen hast, Schätzchen«, antwortete Belinda fest.
Maki streckte die Unterlippe vor und ging zurück zu Bane.
Matt folgte ihm mit den Augen. Nach dem Erlebnis vor einem Jahr hatten Jenny und er überlegt, den Jungen zu adoptieren, aber sie waren noch zu sehr mit ihrer eigenen Heilung beschäftigt. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um ein traumatisiertes Kind großzuziehen.
Stattdessen hatte man die perfekte Familie für den Jungen gefunden: Bennie und Belinda. Jenny hatte Matt von der Fehlgeburt und der Unfruchtbarkeit des Paares erzählt. Die beiden hatten Liebe genug für zehn Kinder. Wenn es Menschen gab, die dem Jungen helfen konnten, sich zu erholen und zu wachsen, dann Bennie und Belinda.
Matt merkte, dass er Jenny anstarrte. Sie konnten immer noch Kinder bekommen. Das Thema war schon zögernd angesprochen worden. Flüsternd, bei Nacht, hatten sie ihre Hoffnungen unter der Bettdecke miteinander geteilt.
Für sie alle gab es noch genügend Zeit.
»Onkel Matt!«, rief Maki ihm zu. »Bane möchte auch gern eine PopTart.«
Matt lachte.
Jenny lächelte sie beide an.
Er blickte tief in ihre strahlenden Augen.
Er war wirklich der glücklichste Mann auf der Welt.
06:55 Uhr
Unter dem Eis
Der Tank kam auf dem Grund des Ozeans zur Ruhe – voller Wasser, angeschlagen und rissig. Der Mensch darin war nur noch ein gefrorener
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