Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
ohne dass die britische Regierung in irgendeiner Form darin involviert wäre. Laut Aussage der Polizei plane jemand mit Sitz in London ein Attentat auf den französischen Politiker.
Das alles waren lediglich Gerüchte, bis vergangene Nacht in Großbritannien ein Fischtrawler als gestohlen gemeldet wurde, dessen Besatzung über Bord geworfen worden war. Die Beschreibung des Täters passt zu dem Verdächtigen, dem der Doppelmord am Strand von Val André zur Last gelegt wird. Er ist groß, kräftig, hat schwarze Haare und einen schwarzen Vollbart; angeblich ist er Schweizer. Der Trawler gilt noch immer als vermisst.
Étienne tat wie angewiesen und unterließ jeden Hinweis auf den Wagen und die landesweite Fahndung. Aber die Geschichte war damit draußen, und die Presse auf beiden Seiten des Ärmelkanals versuchte aufzuschließen.
Ab 21 Uhr kamen sogar die notorisch trägen Nachrichtenredaktionen der Fernsehsender auf Touren. Der staatliche Sender France 2 eröffnete die 22-Uhr-Nachrichten mit »Die rätselhaften Ereignisse am Strand von Val André«. Wenn Fernsehsender das Wort »rätselhaft« benutzen, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass sie nicht die geringste Ahnung haben, wovon sie sprechen, und niemand besonders darauf erpicht ist, ihnen weiterzuhelfen.
Eine bärbeißige Le Monde kann noch dem abgefeimtesten französischen Polizisten Angst einjagen, wenn sie sich auf die Suche nach der Wahrheit macht. Fernsehredakteure, deren Sendungen immer etwas Kurzlebiges anhaftet, kann man hingegen leicht abwimmeln – Tut uns leid, aufgrund der laufenden staatlichen Untersuchungen können wir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sagen …
Trotzdem brachte France 2 einige Fakten auf die Reihe und sendete ein Interview mit der Dame in Val André, deren Schlafzimmerfenster vom elfjährigen Pistolero Vincent Dupres zerschmettert worden war. Die Frau bestätigte, dass zwei Männer am Strand gelegen hatten. Ihrer Meinung nach seien sie tot gewesen, aber warum, das wusste sie natürlich nicht zu sagen.
Chef d’Escadron Paul Ravel ließ den Fernsehjournalisten gegenüber so gut wie nichts verlauten, außer dass man aufgrund gewisser Umstände mit dem Schlimmsten rechnen müsse. Ja, ein Hubschrauber der Polizei in Rennes sei nach Val André geflogen. Nein, er könne die Namen der Toten nicht bekanntgeben, solange die nächsten Angehörigen nicht verständigt seien. Ja, die Polizei fahnde nach dem Mörder, habe ihn aber noch nicht aufspüren können.
Nachdem die Abendausgabe von Le Monde herauskam, drohte der Nachrichten-Chefredakteur von France 2, mehrere Leute zu entlassen.
Gegen 22.15 Uhr lugte die Katze also aus dem Sack, ganz herausgelassen aber wurde sie erst in den frühen Morgenstunden. In den frühen Morgenstunden Frankreichs.
Es war erst 20.30 Uhr, als die Nachrichtenredaktion von Fox Television in New York Wind von der Geschichte in Frankreich bekam. Was sie am meisten daran fesselte, war die Vermutung, dass jemand den Gaullistenführer Henri Foche, den mit ziemlicher Sicherheit nächsten französischen Präsidenten, ermorden wolle. Das war einfach fantastisch. Und es wurde noch besser. Es gab einen Doppelmord an Foches persönlichen Leibwächtern am Strand von Val André. Und einen Killer mit schwarzem Vollbart, der nun auf der Flucht war, nachdem er ein Fischerboot in seine Gewalt gebracht hatte. Dazu die beinahe unumstößliche Gewissheit, dass das der Mann war, der es auf Foche abgesehen hatte. War das eine Story?
Oh là là! Heilige Scheiße! Das waren Wahnsinns-Nachrichten! Der Fox-Auslandsredakteur hätte am liebsten den weit entfernten Étienne Brix geküsst, dessen Name unter dem Le-Monde -Artikel stand.
CNN, der konkurrierende 24-Stunden-Nachrichtensender, war zu sehr damit beschäftigt, den republikanischen Präsidenten für alles zu kritisieren, was er jemals gemacht hatte, um die Story
aus Europa aufzugreifen. Erst um 22 Uhr Ortszeit, als Fox längst davongeprescht war, machte man sich an diese Geschichte.
Fox News hatte einen erstklassigen Auslandsredakteur, einen ehemaligen Fleet-Street-Reporter aus London, der von Rupert Murdoch und seinen Vasallen ins Unternehmen geholt worden war. Er hieß Norman Dixon und wusste, wie eine heiße Story am Kochen gehalten werden konnte, so wie ein Mungo weiß, wie man eine tanzende Kobra erlegt.
»Das einzig Neue, das es zur Zeit dazu aus Paris geben wird, betrifft die Sicherheitsmaßnahmen«, murmelte er. »Die erhöhten
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