Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
müssen, mit mir hinauszufahren – und das alles nur, um Modo dann mit Ihnen in einer Taucherglocke zu finden! Octavia räusperte sich. »Ich traue einfach Franzosen nicht über den Weg.«
»Und mir geht es so mit Engländern. Modo allerdings …« Colette hielt kurz inne. »Ihm vertraue ich.« Sie erhob sich. »Ich glaube nicht, dass uns das hier noch weiterbringt. Unser Tête-à-Tête ist beendet. Allerdings muss ich Sie noch um einen Gefallen bitten.«
»Und der wäre?«
»Würden Sie Modo das hier geben?« Colette zog ein gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche ihres Kleides. Octavia rührte sich nicht, als würde sie den Zettel in der ausgestreckten Hand der anderen nicht sehen.
»Wollen Sie ihm den Brief nicht selbst geben?« Erstaunt registrierte sie, dass Colette ein wenig die Fassung verlor.
»Haben Sie jemals sein Gesicht gesehen? Ich meine, sein wirkliches Gesicht?«
»Nein. Sie etwa?«
»Nun ja, das ist – wie soll ich es sagen – eine vertrauliche Angelegenheit.«
Hat er es Ihnen freiwillig gezeigt?, hätte Octavia beinahe gefragt, aber sie biss sich auf die Zunge.
»Bitte nehmen Sie die Nachricht«, bat Colette. »Ich muss gehen und herausfinden, wann mein Schiff ausläuft.«
Octavias Hand umschloss den Brief. »Dann noch einen schönen Tag«, sagte sie. »Viel Glück.«
»Ja, auch Ihnen und Modo bonne chance .« Colette schenkte ihr ein knappes Lächeln. »Adieu.«
Epilog
Das Ende der Mission
V on seinem Bett im dritten Stock der Pension aus beobachtete Modo, wie Fischer- und Walfangboote und gelegentlich ein Dampfschiff in den Hafen einliefen. Ansonsten las er viel und erholte sich. Sein Gesicht verbarg er hinter einer Maske, die er aus einem Kissenbezug angefertigt hatte. Der Ausblick auf das Meer rief so viele Erinnerungen wach. Es gelang ihm noch immer nicht, sich mit dem Schicksal abzufinden, das Kapitänin Monturiol, Cerdà und ihre Heimat Icaria ereilt hatte. Der Gedanke an die Opfer, welche die beiden einem Land erbracht hatten, das nun nicht mehr existierte, schmerzte zu sehr.
Nein, das stimmte nicht ganz. Es gab noch die Menschen, die überlebt hatten und auf der Filomena geflohen waren. Sie würden Icaria weiter in ihren Herzen tragen. Er hoffte, dass sie wohlbehalten bei ihren Unterstützern eingetroffen waren. Allerdings hatte Garay davon gesprochen, dass Sie sich dort nur mit Vorräten eindecken würden. Wohin würden sie dann wohl reisen?
Es klopfte. Noch bevor er »Herein!« sagen konnte, schwang die Tür auf. »Ich muss mich wohl ewig um dich kümmern.« Octavia trat ein. Sie trug ein Tablett mit dem Mittagessen. Modo setzte sich auf. Lammfleisch, Kohl und Roggencrêpes warteten auf ihn. »Wie gewünscht. Lamm ist teuer hier, aber du hast es dir verdient.«
»Ah, du gute Seele«, sagte Modo. Er fühlte sich noch immer so, als hätte er seit Wochen nichts gegessen. Er brauchte einen Augenblick, um seine Lippen und Zähne zu begradigen. Dann hob er die untere Kante seiner Maske an und stopfte sich mit der Gabel einen halben Crêpe in den Mund.
Octavia hatte ihm gegenüber Platz genommen und schenkte Tee ein. Sie wirkte überaus zufrieden mit sich selbst. Ja, hätte Modo es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, es machte ihr Freude, sich um ihn zu kümmern. Sie hatte ihm erzählt, dass die Hugo nach der Attacke auf dem Meer im Hafen von Reykjavik angelegt hatte und sie seitdem auf der Suche nach ihm gewesen war.
»Du wirkst schon wieder kräftiger.«
»Das habe ich nur dir zu verdanken«, erwiderte Modo. »Wer hätte gedacht, dass du eine so hervorragende Krankenschwester bist.«
»Ach, ich spiele so viele Rollen. Und ich habe Neuigkeiten. Fischer haben einige Icarier in Rettungsbooten aufgegriffen.«
»Wie viele?«
»Zwölf.«
Modo wurde schwer ums Herz. »Es waren mehr als zwanzig, die auf der Lindwurm festgehalten wurden. Die übrigen müssen ertrunken sein.«
Octavia nickte. »Es gab wohl nicht genug Rettungsboote und sie haben ausgelost, wer einen Platz bekommt. Eine sehr disziplinierte und tapfere Truppe.« Sie nahm einen Schluck Tee. »Aber das ist noch nicht alles, Modo. Die Überlebenden sind verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Ja, man hatte sie in einem der Regierungsgebäude eingeschlossen. Die Isländer sind nicht sehr glücklich über die vielen Schiffe, welche die Icarier versenkt haben. Aber über Nacht sind die Leute verschwunden. Sie müssen Sympathisanten in Island haben. Eine geheime Zelle.«
»Die Icarier stammen aus den
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