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Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt

Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt

Titel: Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Slade
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bändigen, aber er hatte gelesen, dass Geisteskranke erstaunliche Kräfte entwickeln konnten. Es war besser, Abstand zu wahren.
    »Mr King, hören Sie meine Fragen? Bitte nicken Sie, falls ja.«
    King fuhr fort, sein Gesicht abzutasten, als erkundete er es zum ersten Mal. Das erinnerte Modo an seine eigene Angewohnheit, sein Gesicht zu berühren, in der vergeblichen Hoffnung, dass es doch nicht so hässlich wäre. Außer der Nase konnte Modo nichts von Kings Zügen durch das Laken ausmachen.
    »Warum berühren Sie Ihr Gesicht?«, fragte er.
    Die Hand erstarrte. Ruckartig setzte sich King auf, sodass Modo erschreckt zusammenzuckte. Durch das Laken drang seine Stimme: »Ich habe kein Gesicht.« Er sprach mit einem schwachen Akzent, den Modo den Kolonien zuordnete.
    »Aber Sie können mich hören?«
    »Ich habe keine Ohren.«
    Was war das für ein Spielchen? Modo konnte die Umrisse der Ohren des Mannes durch den Stoff erkennen.
    »Nun, wo sind Ihre Ohren denn hin?«, erkundigte sich Modo nachsichtig.
    »Keine Augen«, fuhr King fort. »Keine Nase. Keinen Mund. Keine Zunge. Kein Gehirn. Keine Gedanken. Kein Ich.«
    »Mit wem spreche ich denn dann?«
    »Der Berg so kühn, der Wald so grün, das Gottesgesicht glüht darin.«
    »Wie bitte?«
    »Der Westen außer Sicht, das göttliche Gesicht.
    Durch den Torbogen tritt ein unter dem Horusstein.
    Es wartet das Gesicht, es wartet, wartet!«
    King bearbeitete jetzt sein Gesicht durch das Laken so heftig mit den Fingernägeln, dass Modo fürchtete, er würde sich die Augen auskratzen.
    »Mr King, bitte beruhigen Sie sich!«
    Jetzt ging King dazu über, seinen eigenen Kopf mit Schlägen und Hieben zu traktieren. Modo packte den Mann an den Armen. Er musste all seine Kraft aufbieten, um ihn festzuhalten. Der Häftling setzte sich so erbittert zur Wehr, dass das Laken sich lockerte.
    Kings Schädel war kahl rasiert, sein Gesicht rot bemalt. Und seine Wangen waren von tiefen narbigen Furchen gezeichnet. In seinen leuchtenden Augen funkelte kalte Wut.
    »Berühre nie einen Gott.«
    Der Mann versetzte Modo einen derart heftigen Stoß, dass dieser gegen die Wand knallte. Dann wickelte King in fieberhafter Hast das Laken um sich und legte sich bebend zurück auf die Pritsche. Einige Augenblicke später lag er wieder reglos da.
    Modo presste seinen Rücken an die Wand und läutete die Glocke. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Oberschwester die Tür öffnete und Modo zu ihr auf den Gang hinaustrat. Die Tür fiel erneut mit einem dumpfen Schlag ins Schloss.
    »Ein schwerer Fall«, sagte er.
    Die Frau nickte. »Hoffnungslos, heißt es.«

 
     
    O ctavia stöhnte auf, als sich ein weiterer Diplomat erhob, um das bemerkenswerte Leben des Dr. David Livingstone zu rühmen. Wenn sie geahnt hätte, dass Mr Socrates sie zu einer derart uferlosen, sterbenslangweiligen Trauerfeier schicken würde, wäre sie in ihrem Zimmer im Ivory geblieben und hätte weiter Dickens’ Roman Eine Geschichte aus zwei Städten gelesen. Darin wimmelte es nur so vor Guillotinen und anderen unterhaltsamen Dingen. Stattdessen musste sie sich hier inmitten der Massen von Trauernden stocksteif in eine Kirchenbank der Westminster Abbey quetschen. Sie vermutete, dass in diesem Moment nahezu jeder aufgeblasene Aristokrat der britischen Gesellschaft dieselbe Luft wie sie atmete, und die Hälfte der Anwesenden schien mit schottischem Akzent zu sprechen. Die Heldentaten des Dr. Livingstone waren zweifellos beeindruckend. Sämtliche Redner schilderten die vielen unglaublichen Entdeckungen des Abenteurers in Afrika. Octavia hätte es begeistert, diesen Mann zu seinen Lebzeiten kennenzulernen, aber jetzt, da er tot war, fand sie ihn ziemlich öde.
    Sie vertrieb sich die Zeit damit, den Blick über die Menge schweifen zu lassen. Ein Schleier war ein wirklich praktisches Accessoire, um unbemerkt Beobachtungen anzustellen. Ob Modo wohl hier war? Er könnte sich hinter dem Gesicht eines jeden Gentleman in den Bankreihen oder auf den zusätzlichen Stühlen verbergen. Gerade jetzt beobachtete er sie vielleicht. Bei dem Gedanken verspürte Octavia ein leichtes Kribbeln, aber auch ein wenig Wut, schließlich bedeutete es, Modo würde immer die Oberhand über sie haben, sich an sie heranschleichen und sie sogar heimlich bespitzeln können. Irgendein Zauber ermöglichte es ihm, seine Gesichtszüge zu verändern. Wie sah sein wahres Gesicht aus? Wer war er?
    Nichtsdestotrotz vermisste sie ihn. Mr Socrates’ Grundsatz, dass seine

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