Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
der Seeräuber bevölkerten noch immer das Eiland. Diese Männer und Frauen benötigten zur Navigation keinen Kompass, konnten kämpfen wie hartgesottene Marinesoldaten, und sie liebten das Glücksspiel.
Eben dieses Laster war am bedeutsamsten für King. Schon vor vielen Jahren hatte er entschieden, dass er einzig Menschen, die nicht vertrauenswürdig waren, vertrauen konnte. Es wäre sinnlos gewesen, zu versuchen, von London oder irgendeiner anderen Stadt der zivilisierten Welt aus eine Expedition zusammenzustellen. Dazu bedurfte es Geld und einflussreicher Beziehungen – er verfügte weder über das eine noch das andere. Aber bald würde er beim Spiel genug gewonnen haben, um sich hier eine Mannschaft aus Führern und Trägern zusammenstellen zu können.
So verbrachte King seine Tage beim Kartenspiel und Roulette, von Bier und Whiskey ließ er die Finger. Jemand von seinem Verstand war mühelos in der Lage, diese Bande degenerierter Piratennachfahren und Parias auszutricksen. Und er gewann. Zunächst. Bündelweise raffte er die Scheine zusammen und verhöhnte die Schwachköpfe. Doch dann folgte eine Abwärtsspirale, und er verlor seine Einsätze. Er sprach dem Whiskey zu, und von da an war alles verschwommen. Gut möglich, dass er einmal auf den Tisch kletterte und grölte: »Ich bin Alexander King, der größte lebende Entdecker!« Vielleicht brüllte er auch irgendetwas über das Gottesgesicht, um den lachenden Hyänen Angst einzujagen.
Eines Nachts erwachte er und hörte das Schwirren von Flügelschlägen und ein Kratzen an der Tür. Er hatte keine Schritte vernommen, obwohl er extra das Zimmer mit der längsten, wackeligen Treppe verlangt hatte, damit sich niemand unbemerkt nähern konnte. Ein Kreischen – halb Tier, halb Todesengel – folgte, und King wusste, dass draußen der Tod wartete. Er zog seinen Revolver und hielt ihn mit zitternden Händen auf die Tür gerichtet. In dieser Haltung verharrte er und wagte kaum zu blinzeln, bis Sonnenlicht durch seine verschlissenen Vorhänge drang.
Mittlerweile wieder nüchtern, bemerkte er den Brief, den jemand unter der Tür hindurchgeschoben hatte. Ohne den Revolver abzulegen, ging er hinüber und hob ihn auf.
Auf dem Schreiben stand keine Adresse, nur sein Name. Und in der oberen linken Ecke war ein dreieckiges Symbol mit einem Ziffernblatt zu sehen. Die Ecke war von drei akkuraten Löchern durchbohrt, wie von den Klauen eines Raubvogels. King öffnete den Umschlag. Darin fand er achttausend amerikanische Dollar und einen Zettel, auf dem stand:
Für Ihre Expedition. Wir verlangen lediglich, über Ihre Funde informiert zu werden. Wir treten mit Ihnen in Kontakt, sobald Sie Ihre Mission erfüllt haben.
King schenkte sich einen Whiskey ein, während er auf die Geldscheine starrte, und kippte den Alkohol in einem Zug hinunter. Mit einem Lächeln schleuderte er das Schnapsglas auf den Boden.
Binnen einer Woche reiste er auf einem Dampfschiff nach Penang, dann weiter nach Neuguinea, und schließlich erreichte er den winzigen Hafen von St. James in Australien. Er benötigte eine weitere Woche, um Lastkarren und einen Führer mit rot unterlaufenen Augen namens Fred Land zu organisieren. Während der Mann ein Glas Bier nach dem anderen leerte, beteuerte er, den Regenwald wie seine Westentasche zu kennen. In derselben Nacht machte sich der Kerl mit der Karte und mehreren Hundert Dollar aus dem Staub.
King war überrascht, wie wenig ihn der Diebstahl berührte. Die Karte brannte in seiner Seele, beherrschte seine Gedanken. Er würde der erste Weiße sein, der das Gottesgesicht erblickte. Sämtliche Zeitungen der Welt würden sein Foto bringen.
Diesmal heuerte King ausschließlich indische und chinesische Träger aus den ärmsten Ecken der Hafenstadt an. Sie sprachen kaum Englisch, seine Kenntnisse in Hindi und Kantonesisch sollten genügen. Einen Führer würde er nicht mehr benötigen. Er war dazu berufen, den Tempel zu finden.
Zu Fuß brach King mit seiner Expedition westwärts in den Regenwald auf. Ponys und ein Maultier begleiteten sie als Lasttiere. Am zweiten Tag brachen die Räder der Karren, die Ponys erkrankten und verendeten am dritten Tag, doch die glühende Karte vor seinem inneren Auge führte ihn immer tiefer in den dunklen Dschungel. Der Himmel weinte ohne Unterlass, die Inder klagten. Die Insekten attackierten sie ohne Unterlass, die Chinesen murrten. Bald griffen auch größere Tiere an. Als sie einen Fluss durchquerten, verlor
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