Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
ist sie!, dachte Modo, und sein Herz setzte einen Augenblick lang aus. Er hätte jetzt den Puls mithilfe seiner Atemtechniken verlangsamen können, aber sein Herz sollte ja schneller schlagen. Schließlich traf er gleich Octavia!
Eine Frau mit einer ausladenden, modischen Haube, ihr Gesicht hinter einem Schleier verborgen, betrat den Raum. Footman schloss die Tür hinter ihr. Modo wurde von den Blumen auf dem Hut – echten Blumen! – abgelenkt. Die Frau war größer als Octavia. Dabei hatte er so fest mit seiner Freundin gerechnet, ja, insgeheim sogar gehofft, sie würden sich zur Begrüßung umarmen! Stattdessen stand eine Fremde vor ihm.
»Sind Sie der Mann, der Modo genannt wird?«, fragte sie.
Modo konnte den Akzent nicht einordnen. Deutsch? Skandinavisch? Er erstarrte. War es Miss Hakkandottir? Die Hände der Besucherin steckten in einem Muff aus Zobelpelz, sodass er nicht sehen konnte, ob eine Hand aus Metall bestand. Die Frau war allerdings in etwa so groß wie Miss Hakkandottir und bewegte sich mit dem gleichen Selbstbewusstsein. Denk nach! Wie hatte sie ihn hier aufgespürt?
Es gab keine Waffen im Raum, nur ein Buttermesser lag auf dem Teetisch ein paar Schritte entfernt. Aber wenn es ihm gelänge, die Weinkaraffe zu zerbrechen …
»Ich bin, wer ich bin.« Das war eine lahme Antwort, aber wenigstens sprach er mit fester Stimme.
»Sie wirken größer.«
»Kenne ich Sie?«, fragte er.
Sie trat einen Schritt näher, ihre Hände im Muff bewegten sich. Verbarg sie eine Waffe? »Ich kenne Sie so lange, wie Sie mich kennen.«
Seine Muskeln spannten sich an. Nein, bleib locker, ermahnte er sich, dann reagierst du schneller! »Ist das ein Rätsel?«, fragte er.
Sie zog die Hand aus dem Muff – Metall blitzte auf! Mit einem Satz war Modo am Tisch, schnappte sich das Buttermesser, mit der anderen Hand zerbrach er die Weinkaraffe an der Tischkante und richtete den scharfkantigen Karaffenhals auf sie.
Der Frau entfuhr ein spitzer Schrei, und sie ließ die Waffe fallen. Die rollte über den Holzboden und blieb vor seinen Füßen liegen.
Modo starrte hinunter. Es war keine Waffe, sondern eine Spielzeugeisenbahn. Er blickte die Frau an. Sie lüftete ihren Schleier, und ihm verschlug es den Atem.
»Mrs Finchley!« Fast ein Jahr war vergangen, seit er seine Gouvernante, die Frau, die ihn aufgezogen hatte, das letzte Mal gesehen hatte. Er betrachtete die zerbrochene Karaffe und das Messer in seinen Händen und ließ beides auf den Tisch fallen. Er kam sich furchtbar dumm vor.
»Ich wollte dich mit einem dramatischen Auftritt überraschen«, erklärte sie, »aber meine Darbietung war wohl viel zu überzeugend. Manchmal vergesse ich, wie gut ich bin.« Sie lachte.
Es war ein so vertrautes, wohltuendes Lachen. Modo hatte sich danach gesehnt, es wieder zu hören. »Es tut mir leid! Es tut mir leid!« Er ging um die Scherben am Boden herum, eilte auf sie zu und blieb dann kurz vor ihr stehen. Wie gern hätte er sie umarmt! Aber wie verhielt sich ein Gentleman? Sie streckte ihm nicht die Arme entgegen.
Sie sieht alt aus , dachte er. Dann lächelte sie und war wieder ganz die Mrs Finchley, die er in Erinnerung hatte.
»Bist du das, Modo? Du wirkst größer.«
»Ich bin größer«, erwiderte er. »Mindestens zwei Zentimeter.« Er war während des letzten Jahres gewachsen, auch wenn es natürlich schwierig war, die Größe eines Menschen zu messen, der so oft seine Gestalt veränderte.
»Kein Zweifel.« Mrs Finchley streckte die Hand aus und streichelte mit ihren behandschuhten Fingern sein Gesicht.
Während all der Kämpfe der vergangenen Monate hatte Modo sich oft nach dieser tröstlichen Berührung gesehnt. In seiner Kindheit hatte sie sich um jede Schürfwunde, jeden blauen Fleck gekümmert.
»Das Gesicht des Ritters, nicht wahr?«, erkundigte sie sich. »Wir beide haben es gemeinsam erfunden, nach einer Zeichnung, die ich angefertigt habe.«
»Ja. Ja, es ist ebenso Ihre Schöpfung wie meine.«
»Du bist der Künstler und die Leinwand«, sagte Mrs Finchley und zog ihre Hand zurück.
Er hob die Eisenbahn auf. »Ich erinnere mich an den Zug.« Auf seiner riesigen Handfläche nahm sich das Spielzeug winzig aus.
»Das hatte ich gehofft. Ich habe ihn aufbewahrt, nachdem du nach London gebracht worden bist – oder vielmehr zur weiteren Ausbildung nach London gezogen bist. Seitdem trage ich ihn immer bei mir. Ich bin sentimentaler, als gut für mich ist.«
Modo drehte die Räder mit seiner flachen
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