Mission Sphinx: Thriller
was manchmal passiert. Oder er hat Selbstmord begangen und ist von einer der Brücken gesprungen.« Ismail rieb sich das unrasierte Kinn. »Genau werden wir das nie wissen.«
»Gibt es noch irgend etwas, was Sie mir über ihn sagen können?«
»Ich fürchte, nein. Da müssen Sie schon die Polizei fragen.«
»Soweit ich weiß, hat die Polizei inzwischen herausgefunden, daß unser toter Freund hier einen zweiten Ausweis in seiner Wohnung versteckt hatte. Und zwar einen ziemlich alten auf den Namen Hans Meyer.«
Ismail zuckte die Achseln. »Ich bin nur ein einfacher Leichenbestatter. Ich habe nichts davon gehört. Aber ich weiß, daß eine ganze Menge Ausländer in Kairo leben, auch Deutsche.
Arbeiten Sie für eine amerikanische Zeitung?«
»Ja, ich bin Auslandskorrespondent für den Nahen Osten.«
»Interessant.«
Ich deutete auf die Leiche. »Aber wahrscheinlich nicht annähernd so interessant wie dieser alte Mann hier.«
»Kannten Sie ihn denn?« fragte Ismail überrascht.
»Lassen Sie es mich so sagen: Wenn er wirklich der ist, für den ich ihn halte, dann haben Sie hier die sterblichen Überreste eines wirklich bemerkenswerten Mannes vor sich, vor allem, wenn man bedenkt, daß er schon seit fünfzig Jahren tot sein soll.«
»Wie bitte?«
»Das ist eine lange Geschichte, zu lang, um sie zu erzählen.
Aber wenn er es ist, dann verbringen Sie die heutige Nacht in der Gesellschaft einer wirklich interessanten Leiche.«
Ismail pfiff leise. »Dann ist es ja kein Wunder, daß sich der andere Gentleman so für ihn interessiert hat.«
»Was für ein Gentleman?«
»Er war vor einer halben Stunde hier. Er wollte sich die Leiche ansehen. Ein älterer Amerikaner. Jemand, der es gewohnt ist, alles zu bekommen, was er will. Ein typischer Amerikaner eben. Er ist hier hereingeplatzt und wollte die Leiche sehen.« Ismail grinste und klopfte sich auf die Tasche seiner Dschellaba. »Er war nicht so großzügig wie einige seiner Landsleute. Als ich ihn um ein bißchen Bakschisch bat, wollte er mir glatt die Hand abhacken.«
»Wer war er denn?«
Ismail kratzte sich am Kopf. »Harry Weaver hieß er, glaube ich.«
Der Name ließ mein Herz schneller schlagen. »Harry Weaver? Sind Sie sicher?«
»Ich glaube schon.«
»Beschreiben Sie ihn mir.«
»Ziemlich groß. Ende Siebzig, vielleicht sogar älter, aber topfit. Er scheint hart an sich zu arbeiten. Eine ziemlich beeindruckende Erscheinung.« Ismail hielt überrascht inne, als er mein Gesicht sah. »Kennen Sie diesen Mr. Weaver?«
»Nicht persönlich, aber ich habe von ihm gehört.«
»Er scheint ein wichtiger Mann zu sein. Jemand, der es gewohnt ist, Befehle zu erteilen. Ein hoher Offizier vielleicht.«
»Ja, allerdings«, meinte ich. »Und Sie können Allah danken, daß Sie noch leben und beide Hände besitzen. Harry Weaver ist nun wirklich nicht der Mann, mit dem man Schmiergelder aushandeln kann. Er ist die Integrität in Person. Fast vierzig Jahre lang war er Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten.«
Ismail hob hilflos die Hände. »Aber Bakschisch ist hier nun mal üblich.«
»Als ob ich das nicht wüßte.« Ich schlug den Mantelkragen hoch und drehte mich um, um zu gehen.
Ismail sagte: »Glauben Sie, bei der Leiche handelt es sich um den Deutschen, von dem Sie gesprochen haben?«
Ich warf noch einen Blick auf die Leiche. »Das weiß der Himmel. Er ist ja in einem so erbärmlichen Zustand, daß man kaum noch weiß, wo vorne und hinten ist. Wissen Sie, wo Mr.
Weaver hingegangen ist?«
»Zu dem Haus, wo der Deutsche gelebt hat. Ich habe ihn mit dem Taxifahrer sprechen hören, der draußen auf ihn gewartet hat.«
»Das wird ja immer interessanter. Kennen Sie die Adresse?«
»Natürlich. Ich bin gestern dort gewesen, um ein paar Kleidungsstücke für die Beerdigung zu holen, auf Anweisung der Polizei.« Ismail schrieb die Adresse auf ein Stück Papier, das ich ihm gab. »Die Wohnung ist im obersten Stockwerk.«
»Hat die Polizei die Wohnung versiegelt?«
»Nein, das war wohl nicht nötig. Der alte Mann hat nicht sehr viel besessen. Aber wenn die Wohnungstür verschlossen sein sollte, der Vermieter hat den Schlüssel.«
Als ich das Stück Papier einsteckte, fragte Ismail: »Gibt es sonst noch etwas?«
Ich warf einen letzten Blick auf die Leiche des alten Mannes, bevor ich mich umdrehte, um zu gehen. »Nein, vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.«
Imbaba ist ein Arbeiterviertel am Ufer des Nils, das zum Teil aus verfallenen Holzhütten,
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