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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Straße.
    Der Verschluß klaffte auf. Ich riß das leere Magazin aus dem Griff, schob das nächste ein, zog den Schlitten zurück, ließ die erste Kugel in die Kammer rasten und trat die zertrümmerte Tür aus dem Rahmen. An der Schmalseite außerhalb meines Schußwinkels war eine Falltreppe angebracht, die man an einem Seil hinauf- und herunterlassen konnte. Ich richtete meine 45er auf die dunkle Öffnung zum Dachgeschoß, und das Blut dröhnte mir in den Ohren.
    Im Raum war es still. Von oben war keine Bewegung zu hören. Staubteilchen und Fasern von Spanplatten trieben im Licht der zerschmetterten Keramiklampe, die am Kabel an der Wand hin- und herschwang. Unten auf der Straße hörte ich Sirenen.
    Ich hatte allen Grund anzunehmen, daß er in der Falle saß – obwohl Victor Romero Vietnam überlebt hatte, sich als Straßendealer und Zuhälter durchgeschlagen, aus Bundeshaft freigekommen war, nachdem er wahrscheinlich die vier Menschen in einem Flugzeug am Southwest Pass umgebracht hatte, unverletzt in dem Toyota entronnen war, den ich mit meiner 45er durchsiebt hatte, und höchstwahrscheinlich auch Eddie Keats beseitigt hatte. Dies war eine unübersehbare Erfolgsbilanz.
    Ich warf einen Blick durch ein Seitenfenster und sah draußen ein mit Dachpappe belegtes Flachdach. Abluftleitungen aus der Wäscherei waren darin eingelassen, eine Neonreklame war darauf montiert; ich sah zwei Dachaufbauten mit Spitzdächern und kleinen Türen, in denen wahrscheinlich Ventilatoren untergebracht waren, und den verrosteten Holm einer Eisenleiter, die unten am Haus endete.
    Dann sah ich, wie sich die Dielenbretter am Rand der Bodenluke unter seinem Gewicht durchbogen, als er sich leise auf die Wand zubewegte und vermutlich ein Fenster erreichen wollte, das einen freien Blick über das Dach bot. Ich hob die 45er und wartete, bis das eine Brett wieder in seiner Ausgangsstellung war und die Unterkante des nächsten sich leicht aus dem glatten geometrischen Muster verschob, das die Decke bildete, und dann zielte ich einfach nach oben auf den Raum zwischen seinen beiden Füßen in Schrittstellung und begann zu feuern. Mit Bedacht zog ich den Abzug fünfmal durch, behielt drei Patronen im Magazin, tastete mich mit der Waffe nach jedem Rückstoß Stück um Stück zu dem Punkt zurück, an den er den Fuß setzte, immer näher auf den Rand der Dachluke zu.
    Ich glaube, er schrie einmal auf. Sicher bin ich mir nicht. Es war mir auch gleichgültig. Ich hatte diesen Schrei schon früher gehört; er kündet von Scheitern und Versagen, und vor allem vom Ende von Hoffnung und Menschlichkeit. Man hört ihn noch in seinen Träumen; er spielt sich ab wie von einem Band, immer und immer wieder, selbst wenn die Opfer stumm sterben.
    Er fiel hintenüber durch die Luke zum Dachboden und krachte am Fuß der Leiter auf den Boden. Er lag auf dem Rücken, ein Bein verdreht unter dem Körper, die Augen irre vor Schmerz, der Mund nach Luft keuchend. Eine Kugel hatte drei Finger seiner rechten Hand abgerissen. Die Hand zitterte vom Schock, Knöchel scharrten über den Holzboden. In seiner Brust hatte er eine tief klaffende Wunde, und der nasse Stoff seines Hemdes bewegte sich jedesmal im Fleisch, wenn er versuchte, Atem zu holen. Draußen auf der Straße heulten Sirenen, zuckten blau und rot die drehenden Lichter der Einsatz- und Unfallfahrzeuge.
    Er versuchte zu sprechen. Sein Mund öffnete sich, doch der Ton saß gurgelnd hinten in der Kehle, und Blut und Speichel rannen ihm die Wange hinunter in die schwarzen Locken. Ich kniete mich neben ihn wie ein Priester und hielt mein Ohr an sein Gesicht. Ich roch seinen getrockneten Schweiß, sein Haaröl.
    »... erledigt«, keuchte er.
    »Ich verstehe nicht.«
    Er versuchte es wieder, doch der Speichel in seiner Kehle erstickte die Stimme. Ich drehte sein Gesicht mit den Fingern zur Seite, damit er den Mund freibekam.
    Seine Lippen waren hellrot und verzogen sich zu einem feuchten Lächeln, wie bei einem Clown. Dann kam die Stimme in einem langgezogenen Flüstern, und sie roch nach Kotze und Nikotin: »Ich hab’ dein Weib erledigt, Arschloch.«
    Zwei Minuten später, als drei uniformierte Cops durch die Wohnungstür kamen, war er tot. Eine abgeplattete Kugel hatte ihn am unteren Rückenbereich erwischt, sich nach oben durch den Rumpf gegraben und ein Loch in seine Lunge gerissen. Der Gerichtsarzt sagte mir, wahrscheinlich sei die Wirbelsäule verletzt worden, und er müsse gelähmt gewesen sein, als er die Leiter

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