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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Zwischen den Schmierflecken geplatzter Konservendosen, die von Romeros Schüssen vom Tisch gefegt worden waren, zeichnete sich ein Muster eingetrockneter Ringe ab, die aussahen, als hätten dort Gläser oder Tassen nasse Abdrücke hinterlassen. Nur das der eine Satz dieser Gläser offenbar größer als der andere war und sich beide auf derselben Seite des Tisches befanden. Die Ringe waren grau und schienen verkrustet, als ich mit dem Fingernagel daran kratzte.
    »Was hat es damit auf sich?« fragte er.
    Ich befeuchtete eine Fingerspitze, wischte etwas von der zuckrigen Kruste auf und führte den Finger an die Zunge.
    »Was würden Sie sagen, wie das schmeckt?« fragte ich.
    »Machen Sie Witze? Ein Kerl, der Menschenohren sammelt! Ich würde nicht mal aus seiner Wasserleitung trinken.«
    »Kommen Sie. Es ist wichtig!«
    Ich machte meinen Finger naß und tat es noch einmal. Er runzelte die Stirn, berührte einen der grauen Ringe mit dem Zeigefinger und leckte dann daran. Er zog ein Gesicht.
    »Zitronen- oder Limonensaft oder so was ähnliches«, sagte er. »Macht ihr Burschen das immer so in eurem Landbezirk? Für so was benutzen wir unser Labor. Erinnern Sie mich, daß ich mir auf dem Heimweg Mundwasser kaufe.«
    Er sah mich abwartend an. Als ich nichts sagte, wurden seine Züge vor Anspannung scharf.
    »Was bedeutet das?« fragte er.
    »Wahrscheinlich nichts.«
    »O nein, so wird hier nicht gespielt, mein Freund. Die Regel lautet: zeigen und ansagen.«
    »Es bedeutet nichts. Ich bin heute abend etwas durcheinander.«
    Er nahm die Zigarette wieder aus der Hemdtasche und zündete sie an. Er stieß den Rauch aus und stach mit dem Finger in der Luft nach mir.
    »Sie machen mir ein flaues Gefühl, Robicheaux. Wen, sagten Sie noch mal, hat er gestanden, umgebracht zu haben, bevor er gestorben ist?«
    »Ein Mädchen in New Iberia.«
    »Sie haben sie gekannt?«
    »Es ist eine kleine Ortschaft.«
    »Haben Sie sie persönlich gekannt?«
    »Ja.«
    Er kaute an seiner Unterlippe und schaute mich aus verhangenen Augen an.
    »Treiben Sie ’s nicht so weit, daß ich meine Einstellung zu Ihnen ändere«, sagte er. »Ich glaube, Sie sollten noch heute abend nach New Iberia zurückfahren. Und vielleicht bleiben Sie besser dort, bis wir Sie anrufen. Überhaupt ist New Orleans im Sommer ein lausiger Ort. Wir verstehen uns doch, wie?«
    »Klar.«
    »Das ist gut. Ich bin bei meiner Arbeit für Einfachheit, für klare Linie sozusagen.«
    Er schwieg. Seine Augen musterten mich unter der Küchenlampe. Sein Gesicht entspannte sich.
    »Vergessen Sie, was ich gesagt habe. Sie sehen hundert Jahre alt aus«, sagte er. »Bleiben Sie über Nacht in einem Motel und machen Sie Ihre Aussage morgen früh.«
    »Ich bin schon in Ordnung. Ich mach’ mich besser auf den Weg. Danke für Ihr Entgegenkommen«, sagte ich und ging hinaus in die Dunkelheit und den Wind, der über die Wipfel der Eichen strich. Am Nachthimmel wetterleuchtete es wie von Artilleriefeuer am fernen Horizont.
    Drei Stunden später hatte ich die halbe Strecke durch das Atchafalaya-Becken zurückgelegt. Meine Augen brannten vor Erschöpfung, und der Mittelstreifen der Schnellstraße schien sich unter meinem linken Vorderreifen immer wieder aufzulösen. Als ich über die Metallbrücke rumpelte, die den Atchafalaya River überspannt, hatte ich das Gefühl, als würde der Pickup vom Boden abheben.
    Mein Körper lechzte nach einem Drink: zehn Zentimeter hoch Jim Beam bis zum Strich, mit einem eiskalten, beschlagenen Jax vom Faß daneben. Ein Schuß Bernstein und Gold, der meine Seele über Stunden aufhellen und mich in dem Glauben wiegen würde, die Schlangengrube bliebe bis in alle Ewigkeit geschlossen. Zu beiden Seiten der Straße waren Kanäle und Bayous, vom Wind gekräuselte Buchten und Weideninseln und graue Zypressen, die im Mondschein fast leuchteten. Im Wind und im Summen des Motors und der Reifen des Lasters war mir, als hörte ich John Fogerty singen:
Don’t come round tonight,
    It’s bound to take your life,
    A bad moon is on the rise.
    I hear hurricanes a-blowing,
    I know the end is coming soon.
    I feel the river overflowing,
    I can hear the voice of rage and ruin.
    Ich machte an einer Fernfahrerkneipe halt und kaufte mir zwei Hamburger und einen Liter Kaffee für die Weiterfahrt. Doch als ich wieder auf der Straße war, waren Brot und Fleisch in meinem Mund so trocken und geschmacklos wie Konfetti, und ich steckte die Hamburger wieder in die fettige Tüte, faltete sie

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