Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
la otra señora? « fragte er.
    – Sie hat mit meiner Mutter in der Klinik gearbeitet. Ihr Bauch war ganz dick, und davon ist sie gelaufen wie eine Ente. Eines Tages sind die Soldaten gekommen und haben sie an den Armen auf die Straße gezerrt. Sie hat die Namen ihrer Freunde gerufen, damit sie ihr helfen, aber die Leute haben Angst gehabt und versucht, sich zu verstecken. Dann haben die Soldaten uns nach draußen getrieben, und wir mußten mit ansehen, was sie mit ihr auf der Straße gemacht haben –
    Ihre Augen waren weit aufgerissen und glühten, als starre sie benommen in einen Brennofen.
    » Qué hicieron los soldados? « fragte Felix leise.
    – Sie sind zum Haus des Holzfällers gegangen und mit seiner Machete zurückgekommen. Sie haben damit gehackt, und die Machete in der Sonne war naß und rot. Ein Soldat hat die Hände in ihren Bauch gesteckt und ihr Baby rausgezogen. Die Leute haben jetzt geweint und sich die Augen zugehalten. Der Priester ist aus der Kirche gerannt gekommen, aber sie haben ihn niedergeschlagen und auf der Straße auf ihn eingeprügelt. Die dicke Dame und ihr Baby sind ganz allein draußen in der Sonne geblieben. Der Geruch war genau wie der Geruch im Busch, als wir meinen Onkel gefunden haben. Er war in allen Häusern. Und als wir morgens aufgewacht sind, war er noch immer da, nur schlimmer–
    In den Bäumen schrillten die Zikaden. Es gab nichts, was wir sagen konnten. Wie soll man einem Kind das Böse erklären? Vor allem dann, wenn die Erfahrung des Kindes womöglich größer ist als die eigene? Ich hatte Kinder mit Verbrennungen auf einer Intensivstation in Saigon gesehen, deren Augen einen verstummen ließen, bevor man nur den Versuch wagte, sie für das Leid um Vergebung zu bitten, das Erwachsene ihnen zugefügt hatten. Damals hatte ich mein Mitgefühl mit einem Karton Hershey-Riegel zum Ausdruck bringen wollen.
    Wir fuhren zu Mulate’s in Breaux Bridge, aßen Pecano-Pie und lauschten einer Cajun-Band, unternahmen dann auf dem Vergnügungsdampfer eine Fahrt den Bayou Teche hinunter. Es war jetzt dunkel, in den Bäumen hingen Papierlaternen, und von den hellerleuchteten, gutgesicherten Sommerhäusern jenseits des Schilfgürtels an den Ufern des Bayou wehte der Geruch von Barbecue-Feuern und gegrillten Langusten herüber. Die Baseballanlage im Park sah aus, als läge sie unter einem gewaltigen weißen Feuerschein, und die Leute jubelten über ein Spiel der American Legion, das in seiner Unschuld und provinziellen Intensität wirkte wie eine Szene aus dem Jahr 1941. Alafair saß auf einer Holzbank zwischen Annie und mir und betrachtete die Zypressen, die schattigen Wiesen und die verschnörkelten Häuser aus dem 19. Jahrhundert, die an uns vorbeiglitten. Es war vielleicht nicht viel, was man ihr zur Entschädigung bieten konnte, doch es war alles, was wir hatten.
    Die Luft war kühl, und der Himmel im Osten pflaumenfarben und gestreift von tiefhängenden roten Wolken, als ich am nächsten Morgen den Laden öffnete. Ich arbeitete bis neun Uhr, überließ das Geschäft dann Batist und ging zum Frühstück zurück zum Haus. Ich trank gerade meine letzte Tasse Kaffee, als er mich ans Telefon rufen ließ.
    »Dave, erinnerst du dich an diesen farbigen Mann, der heute morgen bei uns gemietet hat?«
    »Nein.«
    »Er hat komisch geredet. Er ist nich’ aus dieser Gegend hier, nein.«
    »Ich kann mich nicht an ihn erinnern, Batist. Was ist los?«
    »Er hat gesagt, er hat das Boot auf eine Sandbank gesetzt und die Schraube kaputtgemacht. Er fragt, ob du es abholen kommen willst.«
    »Wo ist er?«
    »Südlich von Four-corners. Soll ich hinter ihm her?«
    »Geht schon in Ordnung. Ich mach’ mich in ein paar Minuten auf den Weg. Hast du ihm eine Extra-Pinne mitgegeben?«
    » Mais sicher. Er sagt, daran liegt’s nich’.«
    »Okay, Batist, mach dir keine Gedanken drüber.«
    »Frag ihn, wo er herkommt, daß er nich’ weiß, wie man ein Boot im Bayou hält.«
    Ein paar Minuten später fuhr ich in einem Außenborder den Bayou hinunter, um das beschädigte Leihboot abzuschleppen. Es war nichts Ungewöhnliches, daß ich hinter einem unserer Boote her sein mußte. Mit einiger Regelmäßigkeit setzten Betrunkene sie auf Sandbänke oder überfuhren treibende Baumstämme, krachten damit gegen Zypressenstümpfe oder kenterten in ihrem eigenen Kielwasser. Sonnenlicht schimmerte auf dem Wasser, und Libellen standen in der unbewegten Luft über den Seerosen am Uferstreifen. Die wie ein V geteilte Bugwelle

Weitere Kostenlose Bücher