Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
gerade in den Verkehr einfädeln, als ich ihn armeschwenkend aus dem Bürohaus kommen sah. Als er die Straße überquerte, wurde er fast von einem Auto erfaßt.
»Parken Sie noch mal kurz ein. Wollen Sie ein Eis? Ich spendiere«, sagte er.
»Ich muß wieder an die Arbeit.«
»Parken Sie«, sagte er und kaufte zwei Eistüten von einem Negerjungen, der an der Ecke unter einem bunten Sonnenschirm seinen Stand hatte. Er stieg auf der Beifahrerseite in meinen Pickup, so daß beinahe die Tür von einem vorbeifahrenden Wagen abgerissen worden wäre. Sekundenlang hallte dessen Hupe noch markerschütternd nach. Er reichte mir das Eis.
»Vielleicht gehört die Corvette Eddie Keats«, sagte er. »Früher war er ein kleiner Buchmacher in Brooklyn. Heute ist er im Süden, weil er unser Klima so liebt. Teils lebt er hier, teils in New Orleans. Er besitzt ein paar Bars, hat ein paar Nutten laufen, und er glaubt, daß er ganz groß am Drücker ist. Gibt es einen Grund, warum ein Kerl wie der vor Ihrem Haus rumhängt?«
»Da fragen Sie mich zuviel. Ich hab’ noch nie von ihm gehört.«
»Versuchen Sie’s mal damit: Eddie Keats erweist wichtigen Leuten gern einen Gefallen. Manchmal erledigt er Jobs für Bubba Rocque, entweder gratis oder für das, was Bubba ihm freiwillig gibt. Er ist eben ein Prachtbursche. Wir haben erfahren, daß er eine von Bubbas Nutten in New Orleans in Brand gesteckt hat.«
Er verstummte und schaute mich neugierig an.
»Was ist denn los? Haben Sie bei der Mordkommission noch nie einen ähnlichen Fall gehabt?« fragte er. »Sie wissen doch selbst, wie und womit die Loddel sie bei der Stange halten.«
»Ich habe mich mit einer Stripperin über Johnny Dartez unterhalten. Sie hat mir erzählt, daß er für Bubba Rocque gearbeitet hat. Ich habe ihretwegen ein schlechtes Gefühl.«
»Das ist mir unangenehm.«
»Was?«
»Ich meine es sehr ernst, wenn ich Sie warne, in einer Ermittlungssache der Bundesbehörden rumzupfuschen.«
»Hören Sie, ich habe vier Tote in diesem Flugzeug gemeldet. Der Agentur hat man mitgeteilt, es wären nur drei gewesen. Das legt nahe, daß ich vielleicht besoffen gewesen bin oder blöde oder vielleicht beides.«
»Na schön, dann vergessen Sie das jetzt mal. Wir können sie aufgreifen und in Schutzhaft nehmen, falls Sie das möchten.«
»Das ist nicht ihr Stil.«
»Aber windelweich prügeln darf man sie?«
»Sie ist Alkoholikerin und drogensüchtig. Die vertilgt lieber eine Schüssel Spinnen, als daß sie sich von ihrer Quelle abschneiden läßt.«
»Okay. Falls Sie dieses Auto noch einmal bei Ihrem Haus sehen, rufen Sie uns an. Wir kümmern uns drum. Sie bleiben bei diesem Spiel außen vor, verstanden?«
»Das hab’ ich auch vor.«
»Passen Sie auf, Robicheaux«, sagte er. »Wenn ich Ihren Namen wieder in der Zeitung finde, dann bitte bei den Nachrichten über Angelsport.«
Ich überquerte den Vermilion River und nahm die alte zweispurige Straße durch Broussard nach New Iberia. Fast genau um drei Uhr setzte der Regen ein. Ich beobachtete, wie er als grau leuchtende Masse von Süden heraufzog, sah die Schatten vor den Wolken dahinjagen, als die ersten Tropfen auf das junge Zuckerrohr prasselten und dann im Stakkato auf das Wellblechdach der aufgegebenen Zuckerfabrik von Broussard einhämmerten. Mitten im Regenschauer brachen Sonnenstrahlen durch die Wolken, und es sah aus wie die Darstellung göttlicher Gnade auf Heiligenbildern. Wenn bei Regen die Sonne durchkam, sagte mein Vater immer: »So zeigt Gott dir, daß es nicht lang dauert.«
Als ich heimkam, tanzte der Regen noch immer auf dem Bayou, und Annie hatte Alafair hinunter zum Dock geführt, um Batist mit den Fischern zu helfen, die unter der Segeltuchmarkise Bier tranken und boudin aßen. Ich ging hoch zum Haus und rief die Auskunft von New Orleans an, um mir Robins Nummer geben zu lassen, doch sie stand nicht im Verzeichnis. Dann rief ich bei Smiling Jack’s an. Der Mann, der sich meldete, nannte seinen Namen nicht, doch die Stimme und seihe ganze Art waren unverkennbar.
»Sie ist nicht hier. Sie kommt nicht vor sechs rein«, sagte er.
»Haben Sie ihre Privatnummer?«
»Machen Sie Witze? Wer ist denn da?«
»Wie lautet ihre Nummer, Jerry?«
»Oh, ich hätt’s mir denken können? Unser unerschrockener Schnüffler, nicht wahr?« sagte er. »Wissen Sie was? Die hat gar kein Telefon? Und noch eins soll’n Sie wissen: Das hier ist kein Auskunftsdienst.«
»Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
»Heute
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