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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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des Bootes schwappte gegen die Zypressenwurzeln, und die breiten Blätter der Seerosen gerieten in wogende Bewegung und hoben und senkten sich, als ziehe ein Luftkissen unter ihnen vorbei. Ich passierte den alten, aus Brettern zusammengenagelten Kramladen bei den Four-corners, dessen Telefon der schwarze Mann benutzt haben mußte, um Batist anzurufen. An einer Außenwand hing noch ein rostiges HADACOL-Schild an einem Nagel, und ausladende Eichen überschatteten die vordere Veranda, auf der einige Neger in Overalls Limonade tranken und Sandwiches aßen. Dann wurden Zypressen und Schilf zum Ufer hin dichter, und ein Stück weiter entdeckte ich mein Mietboot, das an einem Pinienast festgebunden war und leer in der braunen Strömung trieb.
    Ich stellte den Motor ab, ließ mich von meinem Kielwasser an die Uferbank treiben und machte neben dem Leihboot fest. Die kleinen Wellen schwappten ans Aluminiumheck der beiden Boote. Auf einer Lichtung im Gehölz saß ein großer, schwarzer Mann auf einem abgesägten Eichenstamm und trank Apricot Brandy aus einer Dreiviertelliterflasche. Zu seinen Füßen lagen ein aufgeschnittenes Brot und eine Dose Würstchen. Er trug Adidas-Laufschuhe, verschmutzte weiße Baumwollhosen und ein oranges Unterhemd; Brust und Schultern waren bedeckt mit einem feinen Gekräusel drahtiger schwarzer Haare. Er war viel schwärzer als die meisten Farbigen in Südlouisiana, und an seinen langen Fingern steckten mindestens ein halbes Dutzend goldener Ringe. Er zog sich eine Prise Schnupftabak in die Nase und schaute mich wortlos an. Im sonnengefleckten Schatten der Eichen wirkten seine Augen rot. Ich stieg ans Ufer und trat auf die Lichtung.
    »Wo liegt das Problem, Partner?« fragte ich.
    Er nahm noch einen Schluck Brandy, ohne mir zu antworten.
    »Batist hat gesagt, Sie sind über eine Sandbank gefahren.«
    Noch immer antwortete er nicht.
    »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe, Partner?« fragte ich und lächelte ihm zu.
    Aber er wollte nicht mit mir sprechen.
    »Na ja, schauen wir mal nach«, sagte ich. »Falls es nur die Ruderpinne ist, bring’ ich sie in Ordnung, und Sie können Ihre Fahrt fortsetzen. Aber falls Sie mir die Schraube verbogen haben, muß ich Sie zurückschleppen, und ich fürchte, ich kann dann kein anderes Boot mehr an Sie verleihen.«
    Ich schaute noch einmal zu ihm hin, drehte mich dann um und wollte wieder hinunter ans Wasser. Ich hörte, wie er aufstand und Krümel von seiner Kleidung fegte. Dann hörte ich den Brandy in der Flasche gurgeln, als habe er zu einem letzten Zug, angesetzt. Und dann, als ich begriff, daß etwas nicht stimmte, und mich umdrehen wollte, sah ich wieder seine zusammengekniffenen roten Augen und die Flasche in seiner Hand, die mit mörderischer Wucht auf mich niedersauste.
    Er erwischte mich seitlich am Schädel. Ich spürte, wie die Flasche abglitt und auf meine Schulter traf, und ich stürzte lang hin, als wären mir die Beine weggetreten worden. Mein Mund stand weit offen, mein Blick wurde verschwommen, und in meinen Ohren toste es. Ich spürte, wie mir Blut über die Wange rann.
    Dann setzte er sich mit einer trägen, beinahe verächtlichen Körperdrehung rittlings auf mich, riß mein Kinn mit einer Hand hoch, damit ich das offene Rasiermesser mit dem Perlmuttgriff sehen konnte, das er mir vor die Augen hielt, und setzte die Rasierklinge an meiner Kopfhaut knapp hinter dem Ohr an. Er roch nach Alkohol und Schnupftabak. Ich sah die Beine eines anderen Mannes aus den Bäumen hervortreten.
    »Nicht hochsehen, mein Freund«, sagte der andere Mann mit einem Akzent, der nach Brooklyn oder dem Irish Channel klang. »Das würde zwischen uns alles verändern. Es würde echt schlecht für dich aussehen. Toot versteht mit seinem Rasiermesser keinen Spaß. Er schneidet dir die Ohren ab. Dein Kopf sieht dann aus wie bei ’ner Schaufensterpuppe.«
    Er zündete sich mit einem Feuerzeug eine Zigarette an und ließ es wieder zuschnappen. Der Rauch roch nach einer Picayune. Aus dem Augenwinkel konnte ich purpurne Cowboystiefel aus Wildleder sehen, graue lange Hosen und eine weiße Hand mit goldenem Armband.
    »Augen nach vorn, Arschgeige. Ich sag’s nicht noch mal«, knurrte er. »Du kannst ganz leicht davonkommen, oder Toot schlitzt dich von einer Brustwarze zur anderen auf. Würde ihm Spaß machen. Er ist ein tonton macoute in Haiti gewesen. Er schläft einmal im Monat ’ne Nacht in ’nem Grab, um den Kontakt mit den Geistern zu halten. Erzähl ihm, was du mit

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