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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Wunden, die getrocknete Pisse in meinen Unterhosen, während ich zusehe, wie die geographische Geschichte der vergangenen zehn Monate unter uns vorbeifegt: das ausgebrannte Dorf, von dem Asche aufsteigt und im heißen Wind zu Pulver wird; ein Graben, der offen klafft wie ein gezackter Einschnitt in der Erde, wo wir sie eingeschlossen und dann bei lebendigem Leib mit Feuerzeugbenzin versaftet haben; der gebrochene Damm und das rissig ausgetrocknete Reisfeld, das noch die Narben trug von Granatwerfereinschlägen, wo sie uns von beiden Flanken her eingekesselt hatten und durch unsere Reihen marschiert waren wie ein Feuersturm. » He, Lieutenant, nicht da anfassen « , sagt der Sani. » Ich mein’s im Ernst. Da unten ist wirklich viel kaputt. Noch mehr Blut dürfen Sie nicht verlieren. Wollen Sie, daß ich Ihnen die Hände festbinde? Im Lazarett gibt’s tiefgekühltes Plasma. He, halt seine gottverdammten Handgelenke fest. Er hat’s doch tatsächlich aufgerissen. «
    »Was Sie da unten spüren, ist ein Eisbeutel«, sagte der Arzt. Er war ein grauhaariger, schwergebauter Mann mit randloser Brille, der eine grüne Hose und ein T-Shirt trug. »Die Schwellung wird davon zurückgehen. Sieht so aus, als wenn Sie gut geschlafen hätten. Der Schuß, den ich Ihnen verpaßt habe, ist ziemlich starkes Zeug. Haben Sie geträumt?«
    Das Licht, das draußen auf die Eichen fiel, verriet mir, daß es später Nachmittag war. Die Glyzinien und der blühende Immergrün auf dem Krankenhausrasen wurden von der leichten Brise bewegt. Die Zugbrücke über den Bayou Teche war offen, der Vergnügungsdampfer mit den zwei Passagierdecks fuhr gerade durch, und von seinem Rad sprühten Wasser und Licht.
    Mein Mund fühlte sich trocken an, und wenn ich mit der Zunge an die Innenseite meiner Lippe stieß, hatte ich das Gefühl, als sei sie mit Draht gefüllt.
    »Ich hab’ die Kopfhaut mit neun Stichen und Ihren Mund mit sechs genäht. Die nächste Zeit werden Sie keine Erdnüsse kauen«, sagte er lächelnd.
    »Wo ist Annie?« fragte ich mit schwerer Zunge.
    »Ich hab’ sie eine Tasse Kaffee holen geschickt. Sie wird gleich zurück sein. Der Farbige ist auch draußen. Er ist ein mächtiger Bursche, was? Wie weit hat er Sie getragen?«
    Ich mußte die Stiche innen an meiner Lippe mit der Zunge befeuchten, bevor ich antworten konnte.
    »Ungefähr fünfhundert Meter bis zu den Four-corners. Wie schlimm ist es da unten, Doc?«
    »Es ist kein Bruch, nichts ist zerquetscht, falls Sie das meinen. Behalten Sie ihn ein paar Nächte im Pyjama, und Sie sind wieder in Ordnung. Wo haben Sie die Narben an Ihren Schenkeln her?«
    »Wehrdienst.«
    »Hab’ ich mir doch gedacht, daß ich die Maßarbeit kenne. Sieht aus, als wär’ noch einiges drin geblieben.«
    »Manchmal löse ich auf dem Flughafen Alarm aus, wenn ich durch die Schleuse gehe.«
    »Na ja, wir werden Sie über Nacht noch hier behalten, aber morgen können Sie nach Hause gehen. Wollen Sie jetzt mit dem Sheriff reden oder erst später?«
    Ich hatte den anderen Mann gar nicht gesehen, der in einem Ledersessel in der Ecke saß. Er hielt seine Mütze mit dem gelackten Schirm auf dem Knie und beugte sich artig vor. Früher hatte er eine Trockenreinigungsfirma in der Stadt besessen, bevor ihn jemand dazu überredet hatte, für das Amt des Sheriffs zu kandidieren. In den vergangenen zwanzig Jahren hatten sich die Landpolizisten sehr verändert. Als ich noch ein Junge war, trug der Sheriff einen blauen Anzug mit Weste und eine große Eisenbahneruhr an der Kette, und in seiner Jackentasche steckte ein schwerer Revolver. Die Puffs an der Railroad Avenue und die überall im Iberia Parish aufgestellten Spielautomaten störten ihn nicht. Und er verlor auch nicht die Ruhe, wenn weiße Jugendliche an den Samstagabenden loszogen, um Nigger zu verprügeln. Auf der Hauptstraße tippte er an die Krempe seines Stetson-Huts, wenn eine weiße Lady vorüberkam, und mit einer älteren Negerin sprach er, als sei sie ein Laternenpfahl. Dieser Cop hier war Präsident der städtischen Einzelhandelsgesellschaft.
    »Wissen Sie, wer es war, Dave?« fragte er. Sein Gesicht war von weichen, abwärts gebogenen Furchen durchzogen, die für ältere Cajuns typisch sind. Seine Wangen waren voller winziger blauer und roter Äderchen.
    »Ein Weißer namens Eddie Keats. Er besitzt ein paar Bars in Lafayette und New Orleans. Der andere Kerl ist schwarz. Sein Name ist Toot.« Ich nahm einen Schluck aus dem Wasserglas auf dem Tisch.

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