Mistelzweig und Weihnachtskuesse
umklammert, stieg Holly die Treppenstufen hinauf. Zwar konnten die gekauften Kekse ihre Schuld gegenüber Captain Jordan Haynes nicht ansatzweise begleichen, aber mehr hatte sie im Moment nicht zu bieten. Im Augenblick verfügte sie über keine eigene Küche. Sobald sie das Geld für eine neue Wohnung beisammenhatte, würde sie ihm etwas Wunderbares backen.
Sie nahm die letzten drei Stufen, die zur Veranda hinaufführten. Die großzügige hölzerne Fläche war leer, nur ein einzelnes Licht brannte neben der Eingangstür. Die Veranda konnte sie sich lebhaft im Sommer vorstellen, wenn das Sonnenlicht auf die frisch abgeschliffenen Holzplanken fiel. Eine Hollywood-Schaukel stünde an dem einen Ende, neben dem hohen Fenster zu ihrer Rechten. Und vielleicht ein weißer schmiedeeiserner Tisch und dazu passende Stühle auf der anderen Seite. Vor ihrem inneren Auge sah sie Damen in langen Kleidern und Herren mit hohen Hüten. Kinder spielten auf der Rasenfläche. Ihr Gelächter bildete ein fröhliches Hintergrundgeräusch zur höflichen Konversation der Erwachsenen.
„Du bist der größte Dickschädel, der mir in meinem verkorksten Leben jemals begegnet ist.“
Die laute Stimme riss Holly aus ihrem Tagtraum und ließ sie zurückschrecken. Verunsichert starrte sie auf die Tür. Sie hatte die Hand bereits zum Klopfen erhoben, aber offensichtlich war es gerade ungünstig.
Eine tiefe männliche Stimme grollte etwas zurück, aber Holly konnte die einzelnen Wörter nicht verstehen.
„Wenn mir der Rest der Familie nicht so wichtig wäre, würde ich dich einfach hier liegen und verhungern lassen“, schimpfte die Frau weiter. „Und es geschähe dir recht. Nicht einmal mein seliger Alfred hat sich so mit seinem Essen angestellt.“
Wieder grollte die Männerstimme eine Antwort.
„Gut. Dann sei eben beleidigt. Du magst ja sowieso nichts an mir. Was wundert es mich da, dass du dich beschwerst, wenn ich dich mit einem Hund vergleiche? Oh, und übrigens war Alfred deutlich hübscher als du.“
Bevor Holly zurückweichen konnte, flog die Haustür auf. Eine Frau stand im Eingang und starrte ihr entgegen. „Dachte ich mir doch, dass ich ein Auto auf der Einfahrt gehört habe“, rief sie.
Holly wusste nicht, was sie tun sollte. Linkisch stand sie auf der Veranda, mit einem Bein schon bereit zur Flucht.
„Ich …“, brachte sie hervor, dann brach sie ab. „Ich wollte zu Captain Haynes, aber ich komme lieber später wieder. Jetzt ist wohl nicht der beste Zeitpunkt.“
Die Frau verzog den Mund. „Mit dem gibt es nie einen guten Zeitpunkt. Er ist der dickköpfigste, sturste und schwierigste Mann, der mir jemals untergekommen ist.“ Sie hielt inne und schüttelte den Kopf. „Warum Sie ihn besuchen wollen, ist mir zwar ein Rätsel, aber Sie können ebenso gut hereinkommen. Vielleicht bringen Sie ihn ja zur Vernunft. Ach übrigens, ich bin Louise, Louise Carberry.“
Da Louise ihr die Tür aufhielt, zwang Holly sich hindurchzugehen. Drinnen trat sie unsicher von einem Fuß auf den anderen und beäugte ihre Gastgeberin.
Die Frau trug ein knallgelbes langärmeliges Shirt, das sie in ihre kobaltblaue Stoffhose gestopft hatte. Der silberfarbene Gürtel um ihre Hüften passte zu den silbernen Monden und Sternen, die sie als Ohrringe trug. Obwohl Holly noch ihredezent hochhackigen Schuhe von der Arbeit anhatte, waren die zwei Frauen etwa auf Augenhöhe.
„Was machst du?“, fragte die männliche Stimme.
„Ich bin zur Tür gegangen. Hör auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen. In deiner Nähe willst du mich nicht haben, aber wenn ich weggehe, fängst du an zu quengeln. Entscheide dich mal, Jordan.“
„Wer ist da?“, fragte er.
Louise verdrehte die Augen. „Eins von deinen Frauenzimmern.“
„Oh, nein“, warf Holly ein. „Ich bin nicht …“
„Welche?“
Louise streifte sie mit einem Blick. „Wie heißen Sie?“
„Holly, aber ich bin nicht …“
„Holly“, brüllte sie quer durch das Haus.
Jordan blieb still. Vermutlich versuchte er, sich an ihr Gesicht zu erinnern.
„Ich bin keine von Captain Haynes’ Frauen“, sagte sie.
Da lächelte die andere. „Dann sind Sie ein cleveres Mädchen. Der Kerl da hinten ist einfach nur ein anstrengendes Ekel!“ Die letzten Worte rief sie in die Richtung, in der sein Zimmer liegen musste. Sie atmete tief ein und stieß dann die Luft langsam und kontrolliert wieder aus. „Ich bereue es, mich hierzu bereiterklärt zu haben. Er bringt mich noch ins Grab. Und der
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