Mistelzweig und Weihnachtskuesse
sie zu tun gab, ging sie widerstrebend in Richtung Wohnzimmer. Die Frauen plauderten ungezwungen, als würden sie sich seit Jahren kennen – was sie ja auch taten, erinnerte sich Holly.
Im Eingang zum Wohnzimmer blieb sie zögernd stehen, bis Elizabeth sie entdeckte und neben sich auf das Sofa klopfte. „Komm! Setz dich zu mir“, rief sie.
Also durchquerte Holly das Zimmer und nahm neben Elizabeth Platz. Sie hoffte inständig, dass ihr aufgesetztes Lächeln natürlicher aussah, als es sich anfühlte.
Jill saß zurückgelehnt auf dem Diwan neben dem Kamin. Ihr schwangerer Bauch wölbte sich unter dem Umstandsshirt aus Flanell. Gegenüber von Elizabeth und Holly teilten Rebecca und Sandy sich ein Sofa. Holly merkte, dass alle sie anstarrten.
„Ich hab’s“, sagte Rebecca und schnippte mit den Fingern. „Ich weiß, was anders ist. Du bist blond.“
Befangen griff Holly in ihre Haare.
„Keine von uns ist blond. Normalerweise bevorzugen die Haynes-Brüder Brünette.“
„Entschuldige mal!“, protestierte Jill und wies auf ihren roten Schopf. „Das stimmt nicht ganz.“
Elizabeth lachte. „Craig hatte schon immer seinen eigenen Kopf.“ Dann nickte sie langsam. „Du hast recht, Rebecca. Holly ist unsere erste Blonde.“
Da hob Holly abwehrend die Hände. „Wir sind nur Freunde. Jordan und ich sind nicht zusammen.“
Wissende Blicke wurden ausgetauscht. Holly spürte, wie sie errötete.
„Sandy, wirf mir mal ein Kissen rüber“, bat Jill. Sie fing das Polster auf, das zu ihr herübergeflogen kam, und stopfte es sich in den Rücken. „Alles tut mir weh. Kleine Menschen wie ich sollten nicht so aufgehen. Euch Großen macht das nichts aus.“
Lachend warf Rebecca ihr langes lockiges Haar über die Schultern. „Jill ist unser armer kleiner Zwerg.“
„Ich bin kein Zwerg, ich bin nur kurz. Leute wie du verstehen das nicht. Weißt du,wie es ist, nie an die obersten Regale im Supermarkt heranzukommen? Ich muss so lange dort warten, bis jemand Großes durch den Gang kommt. Es ist erniedrigend.“
Mit einem Seufzer lehnte sich Sandy im Sofa zurück. „Ich kann nicht fassen, dass ihr nach den drei Jungs noch ein Kind bekommt.“
Rebecca, Jill und Elizabeth starrten sie an, dann brachen sie in Lachen aus.
„Du hattest selbst schon drei und hast dann noch eins mit Kyle bekommen“, warf Elizabeth ein.
Sandy nickte langsam. „Ich weiß. Darum kann ich auch nicht glauben, dass Jill so dumm ist wie ich. Vier Kinder. Kannst du dir vorstellen, wie viel Wäsche das ist?“
„Ich weigere mich, daran auch nur zu denken. Außerdem kommt Louise und hilft uns.“ Jill strich über ihren Bauch. „Ich weiß, dass es viel Arbeit ist. Aber es wird sich lohnen.“
Rebecca beugte sich zu einem der Keksteller vor, nahm zwei Plätzchen und gab den Teller an Sandy weiter. „Du wirst das Baby keine Sekunde bereuen“, versprach sie.
„Das stimmt“, gab Sandy zu. „Trotzdem sind vier schon allerhand. Deshalb ist dieser Nachmittag ja so traumhaft. Es könnte durchaus passieren“, warnte sie Holly, „dass du mich nie wieder loswirst.“
„Zuerst fand ich es eine blöde Idee, dass die Männer nur mit den Kindern und ohne uns Ehefrauen die Weihnachtsbäume besorgen“, sagte Jill. „Ich dachte, ich würde mich ausgeschlossen fühlen.“
„Das solltest du nicht“, riet ihr Rebecca. „Es ist kalt draußen, die Kinder müssen ständig aufs Klo, aber immer nur nacheinander. Sie zanken sich, sie quengeln, und sie können sich nie auf einen Baum einigen. Oh, und am Ende schleppen die Männer riesige Ungetüme an, die nicht ins Haus passen.“
Gerade wollte Sandy die Füße auf den Couchtisch legen, doch dann hielt sie erschrocken inne und sah Holly an. „Ist das eine kostbare Antiquität?“
„Nein, der gehört Jordan.“
„Uff! Na, dann können wir ja alles kurz und klein schlagen!“
Alle lachten. Als Holly in das Gelächter einstimmte, fühlte sie, wie sich ein Teil ihrer Anspannung löste. Diese Frauen waren nett zu ihr, und sie war ihnen dankbar dafür. In ihrer Gesellschaft fühlte sie sich aufgehoben. Bis zum Abend wusste sie hoffentlich endlich auswendig, wer mit wem verheiratet war.
Außer Rebecca, die einen dunklen Wollpullover über ihrem cremefarbenen Rolli trug, waren alle in Jeans und Sweatshirts gekommen. Keine von ihnen hatte sich besonders geschminkt oder teuren Schmuck angelegt. Sie waren Freundinnen, und offensichtlich hießen sie Holly in ihrem Kreis willkommen. Zu gern hätte sie
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