Mister Zed
ansprechend?«
Abrupt blieb er stehen, streckte den rechten Arm aus und hinderte so Sonja und
Raphael daran weiter zu gehen.
»Ruhig!«
Es hatte keiner außer Roderick ein Wort gesagt. Anscheinend sprach er
mit sich selbst. Sonja lächelte in sich hinein und lauschte dann angespannt
in die von seltsamen Geräuschen unterbrochene Stille.
Ein Krächzen, Jammern, Schieben, Quietschen – wie schiefe Töne,
die sie nichts zuvor Gehörtem, zuzuordnen wusste.
»Es kommt von dort«, sagte Raphael und zeigte auf eine Tür rechts
von ihnen, nur wenige Schritte entfernt.
Langsam schlich Roderick darauf zu. Er legte sein Ohr an die Tür und horchte,
doch nun war alles ruhig.
»Zed müsste jeden Moment auftauchen!«, flüsterte er.
Sonja nickte, deutete mit einer Geste an, er möge die Tür öffnen
und überwachte den Korridor.
3.
Ein Kreischen schreckte Sonja jedoch auf. Es war ein so unmenschliches und panisches
Schreien, dass sie eine Gänsehaut bekam.
»Es ist soweit, Herr! Es ist soweit! Er bringt uns weg. Er wird mich neu
konstruieren, die Batterien entladen, das Öl heiß einfüllen,
die Spiralen lang ziehen und die Muttern lockern. Herr, es ist soweit! Und dich
wird er töten! Oh ja! Wenn er dich nicht vorher noch quält und die
Wahrheit herauspresst. Herr, es ist soweit!«
»Nein! Nein!«, wehrte Roderick ab. »Wir haben nur Schreie gehört
und wollten nachsehen. Von wem reden Sie? Wer ist er?«
»Zed. Zed. Zed. Mister Zed. Das ist das Ende. So lange ist es gut gegangen.
Jetzt ist es vorbei!«
»Wir kommen nicht von Zed. Wir legen selbst keinen Wert auf seine Gesellschaft«,
versuchte Roderick den Mann mit der kratzigen Stimme zu beruhigen.
Sonja verließ ihren Posten und sah an Roderick und Raphael vorbei in den
Raum, dessen eine Hälfte ein grauer Vorhang abteilte. Im vorderen Bereich,
neben einem alten, weiß lackierten Metallschrank, stand ein gelber Plastikstuhl.
Beide Möbelstücke sahen abgenutzt aus, wirkten ungemütlich und
kühl. Der rechts vom Eingang vor Entsetzten erstarrte Roboter musste ebenfalls
– wie auch die Konzert-Roboter – aus dem 20. Jahrhundert stammen.
Seine Arme wiesen panisch zur Decke und mit weit aufgerissenen Augen, in denen
das Weiße größer als die Iris war, sah er zu ihnen hinüber.
Nur seine Pupillen bewegten sich ruckartig von einem zum anderen.
Er wirkte wie ein unfertiger Blechklotz mit quadratischem Gesicht, einem ellipsenförmigen
Körper, nackt, geschlechtslos und weit davon entfernt, jemals ein intelligenter
Androide zu werden. Zahlreiche Flecke übersäten seinen Rumpf. Seine
Arme bestanden aus Metallschläuchen, die an verschiedenen Stellen mit rostroten
Armreifen geschmückt waren. Er trug silberfarbene Handschuhe, Füße
besaß er nicht, sondern bewegte sich hölzern auf zwei quaderförmigen
Klötzen voran.
Der Roboter legte den Kopf schief, als lausche er angestrengt. Dann begann er
zu zittern, seine Arme vibrierten dabei, als stände er unter Strom. »Sie
lügen!«, keifte er. »Sie lügen! Oh, Herr. Nun ist es vorbei.
Er hat uns wieder entdeckt. Ich bin schuld. Bleibt da, bleibt wo ihr seid, Herr,
dann sieht er euch nicht.«
»Was redet der da überhaupt?«, flüsterte Sonja.
»Das ist ein Prototyp aus dem Jahre 1972, für sein Alter in hervorragendem
Zustand«, erklärte Raphael. »Und er redet. Ich bin mir sicher,
dass es niemals einen Roboter aus der ersten Serie mit der Kennung Roland 758x4d
gegeben hat, der unserer Sprache mächtig war.«
Endlich hörte der Roboter auf, mit seinen Armen die Luft zu zerschneiden
und trat einen Schritt näher auf Raphael zu. »Sie kennen meinen richtigen
Namen, Sir?«
Ohne zu zögern streckte Raphael dem Roboter zur Begrüßung seine
Hand entgegen, der zunächst darauf blickte, als seien ihm menschliche Gliedmaßen
vollkommen fremd. Doch dann griff er danach und schüttelte dem Prior so
kräftig die Hand, dass sein gesamter Körper bebte. »Sir. Herr.
Sir. Herr, er kennt meinen Namen, Herr. Sir.«
Endlich ließ er Raphael los. Sonja hatte bereits befürchtet, der
Roboter namens Roland würde dem Prior den Arm ausreißen.
»Wir sollten ihn mitnehmen, Darius würde sich freuen«, schlug
sie vor und dachte für einen kurzen Augenblick nicht an Zeds mutiertes
Gesicht und seine saugende Zunge.
Die Begrüßungszeremonie wurde durch ein quietschendes Geräusch
unterbrochen.
»Roland, was ist hier los?«, fragte
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