Mistreß Branican
lächelte sie.
»Dolly!… Liebe Dolly!« sagte sie leise.
Plötzlich belebte sich ihr Blick; sie sah den Capitän John.
»John… Sie… John! sagte sie, aber so leise, daß man es kaum hörte.
– Ja… Jane, erwiderte John… Ich bin es… ich… den Dolly gerettet hat…
– John… John… ist da, murmelte sie.
– Ja… bei uns, liebe Jane, sagte Dolly. Er wird uns nicht mehr verlassen… Wir werden ihn mit Dir zu uns nehmen… mit Dir… mit Dir…«
Jane hörte nicht mehr. Ihr Auge schien Jemand zu suchen… und sie sagte:
»Godfrey!… Godfrey!«
Die Todesangst begann schon ihre Gesichtszüge zu verzerren.
Mrs. Branican gab Godfrey ein Zeichen, der an sie herantrat.
»Er!… Er!… Endlich!« rief Jane mit der letzten Kraft.
Dann ergriff sie die Hand Dollys.
»Komm näher… komm näher, Dolly, sagte sie. John… auch Du… höret, was ich Euch sage!«
Beide beugten sich über die Sterbende, um kein Wort zu überhören.
»John, Dolly, sagte sie, Godfrey… Godfrey, der da steht… Godfrey ist Euer Kind…
– Unser Kind?« fragte Dolly leise.
Dabei wurde sie so bleich wie die Sterbende.
»Wir haben keinen Sohn mehr, sagte John, er ist gestorben.
– Ja, erwiderte Jane, der kleine Wat… ist… im Golfe von… San-Diego… Aber Ihr habt ein zweites Kind gehabt… und dieses Kind… ist Godfrey.«
In abgebrochenen Sätzen konnte Jane noch Alles erzählen, was seit der Abfahrt Johns im Prospect-House vorgefallen war. Die geisteskranke Dolly wurde, ohne daß sie es wußte, zum zweitenmale Mutter, das Kind wurde auf Befehl Len Burker’s einige Stunden nach der Geburt ausgesetzt, glücklicherweise aber gefunden und unter dem Namen Godfrey im Wat-House erzogen…
»Wenn ich schuldig bin, fuhr die Sterbende fort, weil ich nicht den Muth hatte, es Dir zu gestehen, liebe Dolly, so verzeihe mir… verzeihe auch Du mir, John!
– Verzeihung, Jane… Dir, die uns unser Kind wiedergegeben hat…
– Ja… Euer Kind, rief Jane. Vor Gott… John, Dolly, ich schwöre es… Godfrey ist Euer Kind!«
Als die Sterbende sah, daß Beide Godfrey in ihre Arme schlossen, da lächelte sie glücklich und schloß dann die Augen für immer.
Sechzehntes Capitel.
Schluß.
Wir brauchen uns nicht mehr bei den folgenden Ereignissen aufzuhalten, wie auch nicht bei dem Rückwege, den die Glücklichen jetzt unter ganz anderen Umständen nach der Provinz Adelaïde einschlugen.
Zuerst wurde folgende Frage aufgeworfen: Sollten sie den Fluß Fitz-Roy hinab zur Küste ziehen, oder sich gegen den Hafen Prinz Friedrich im Yorksund wenden? Aber da sehr viel Zeit verfließen würde, bevor ein Schiff an diese Küste geschickt werden könnte, so war es besser, denselben Weg zurückzulegen. Unter dem Schutze der Schwarzen Polizei, durch die Fürsorge des Hauptmannes reichlich mit Lebensmitteln versorgt und mit allen Kameelen, welche Len Burker gestohlen hatte, brauchten sie nichts zu fürchten.
Bevor sie aufbrachen, wurde Jane Burker am Fuße einer Gummibaumgruppe begraben. Dolly verrichtete ein inbrünstiges Gebet für die unglückliche Frau.
Die Karawane verließ den Fitz-Roy am 25. April unter der Leitung des Mani, der sich angeboten hatte, sie bis zur nächsten Station der Telegraphenlinie zu begleiten.
Alle waren überaus glücklich und wußten nichts mehr von den erlittenen Qualen. Zach Fren sagte in seiner Freude wiederholt zu Tom Marix:
»Nun, Tom, wir haben den Capitän doch gefunden.
– Ja, Zach, aber bald wäre es anders gekommen. Die Vorsehung hat es so gewollt.«
Aber Einer war doch nicht zufrieden, nämlich Jos Meritt.
Mrs. Branican hatte ihren Gatten gefunden, aber der berühmte Sammler fand nicht den Hut, um dessen Auffindung er so viele Qualen erduldet hatte. Welches Unglück, bis zu den Indas vorzudringen und nicht mit Willy sprechen zu können, der vielleicht den schönsten historischen Hut trug. Er tröstete sich ein wenig, als ihm der Mani sagte, daß die Stämme des Nordwestens noch keine europäische Kopfbedeckung hätten, was aber gerade das Entgegengesetzte von Jos Meritt’s Ansicht war. Wenn sich auch sein Wunsch bei den Eingebornen des nördlichen Australien nicht erfüllt hatte, so konnte er sich wenigstens zu dem Meisterschusse gratuliren, durch den er die Familie Branican von dem elenden Burker befreit hatte.
Der Rückweg der Karawane ging so schnell wie möglich von Statten. Sie hatten nicht viel Durst zu leiden, denn die Brunnen wurden von den Herbstregen wieder gefüllt und die Temperatur
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