Mistreß Branican
vorstellte. Als er erfuhr, daß Willy sich über die Nähe der schwarzen Polizei beunruhigte, benutzte er das sofort, um die Unterhandlungen zu Ende zu führen. Es lag Len Burker selbst sehr viel daran, daß die Befreiung Johns ein Geheimniß bleibe, und er konnte auch aller Wahrscheinlichkeit nach darauf rechnen; das Verschwinden John Branican’s könnte mit ihm nie in Zusammenhang gebracht werden, wenn die Schwarzen seiner Escorte schwiegen, was ihm schon gelingen würde.
So wurde denn das Lösegeld von Willy angenommen, und das Geschäft am 22. April abgeschlossen. Noch an demselben Abend brachen die Indas ihr Lager ab und zogen den Fitz-Roy stromaufwärts.
Len Burker war am Ziel seiner Wünsche! Das Folgende wird uns zeigen, welchen Nutzen er davon hatte.
Am 23. April morgens acht Uhr wurde die Thüre der Hütte aufgerissen; John Branican stand Len Burker gegenüber.
Vierzehn Jahre waren seit dem Tage verflossen, wo der Capitän ihn zum letztenmale bei der Abfahrt des »Franklin« die Hand reichte.
Er erkannte ihn nicht, aber Len Burker war über das Aussehen Johns ganz betroffen, denn er hatte sich gar nicht so sehr verändert. Er war gealtert selbstverständlich – denn er zählte damals dreiundvierzig Jahre – aber weniger, als man nach einem so langen Aufenthalte bei den Eingebornen hätte annehmen können. Er hatte noch immer seine ausgeprägten Züge, seinen entschlossenen Blick, dessen Feuer noch nicht erloschen war, sein dichtes Haar, nur gebleicht. Da er kräftig und stark war, vielleicht noch stärker als Harry Felton, so hätte er bei einer Flucht die Strapazen durch die Wüste besser ertragen als sein Gefährte, der ihnen unterlag.
Als John Len Burker erblickte, wich er zuerst zurück, denn er befand sich seit der Gefangenschaft bei den Indas jetzt zum erstenmale einem Weißen gegenüber.
»Wer sind Sie? fragte er.
Ihr Lager stand an der Mündung eines kleinen Nebenflusses. (S. 331.)
– Ein Amerikaner von San-Diego.
– Von San-Diego?
– Ich bin Len Burker…
– Sie!«
Diese Unterhandlungen boten keine Schwierigkeiten. (S. 334.)
Der Capitän stürzte auf ihn zu, nahm ihn bei den Händen, zog ihn an sich und küßte ihn… Was?… Dieser Mensch wäre Len Burker!… Nein!… Das war nicht möglich!… Das war nur ein Trugbild… John hatte nur schlecht gehört… Er träumte… Len Burker… Der Gatte Janes…
Jetzt dachte John nicht an die Antipathie, welche er stets gegen Len Burker empfand gegen den Menschen, dem er mit Recht nicht getraut hatte.
»Len Burker, wiederholte er…
– Ja, ich selbst, John!
– Hier in… in diesem Lande!… Ach… Sie… Len… sind auch gefangen gewesen?«
Wie hätte sich John die Anwesenheit Len Burker’s im Lager der Indas anders erklären können?
»Nein, erwiderte Len Burker schnell, nein, John, ich bin nur gekommen um Sie von dem Häuptlinge dieses Stammes loszukaufen… Sie zu befreien…
– Mich befreien?«
Der Arme glaubte wahnsinnig zu werden…
Als er sich endlich fassen konnte… da wollte er aus der Hütte stürzen… Er wagte es nicht… Len Burker redete von Befreiung?… Aber war er denn frei?… Und Willy?… Und die Indas?…
»Sprechen Sie, Len, sprechen Sie!…« sagte er, indem er die Arme über der Brust kreuzte, als wollte er verhindern, daß sie ihm zerspringe.
Getreu seinem Plane wollte Len Burker nur einen Theil der Ereignisse verrathen und sich das ganze Verdienst dieser Expedition zuschreiben… Er begann eben mit der Erzählung, als John mit fast erstickender Stimme rief:
»Und Dolly?… Dolly?
– Sie lebt, John.
– Und Wat?… Mein Kind?
– Lebt!… Beide leben… zu San-Diego.
– Meine Frau… Mein Sohn!… sagte John und weinte.
– Jetzt sprechen Sie… Len… sprechen Sie! sagte er nach einigen Augenblicken. Ich habe jetzt die Kraft… Ihnen zuzuhören.«
Len Burker trieb die Frechheit so weit, daß er ihm bei seiner Erzählung offen ins Gesicht sah.
»John! begann er, als vor einigen Jahren kein Zweifel mehr über den Untergang des »Franklin« obwaltete, da mußten meine Frau und ich San-Diego und Amerika verlassen, denn wichtige Geschäfte riefen mich nach Australien. Hier eröffnete ich nun in Sydney eine Kanzlei. Seit unserer Abreise blieben Jane und Dolly in brieflichem Verkehr miteinander, denn Sie wissen, wie lieb sich die beiden Frauen hatten, die weder Zeit noch Entfernung trennen konnte.
– Ja!… Ich weiß, erwiderte John. Dolly und Jane waren Freundinnen und
Weitere Kostenlose Bücher