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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Kroll
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paar Nachtschwärmern, die von den Bars und Clubs auf dem Weg Richtung Bett sind, niemand draußen begegnet.
    Ich weiß nicht, wieso mir erst jetzt auffällt, wie sehr frischgefallener Schnee die Landschaft verändert und wie schön und unschuldig alles aussieht. Früher habe ich über solche Dinge nie nachgedacht.
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich habe früher über so gut wie gar nichts nachgedacht, weil es mir einfach unwichtig war. Der Job war wichtig. Meine körperliche Verfassung, um immer effizient arbeiten zu können, und mein Wissen über Waffen, Angriff und Verteidigung. All das war wichtig, weil es über Leben und Tod entschied.
    Ein schneebedeckter Baum war nicht wichtig.
    Ein junger Mann, der einen schwarzen Kater als Haustier hat, war nicht wichtig.
    Ein Leben abseits des Tötens war nicht wichtig.
    Jetzt ist es wichtig.
    Seit Richard Whistlers Sohn in mein Leben getreten ist, werden mir immer mehr Dinge wichtiger, die ich nicht kenne und mit denen ich zum Teil noch nicht das Geringste anfangen kann. Weihnachten ist ein gutes Beispiel dafür, denn Jannik mag Weihnachten und ich will, dass er schöne Feiertage bekommt, nachdem wir die letzten Monate auf der Flucht waren.
    Wir. Immer wieder wir und ich habe es nicht bemerkt.
    Mir ist nicht aufgefallen, dass ich ständig von 'uns' gesprochen habe. Ich habe einfach nicht begriffen, dass es schon lange kein 'er' und 'ich' mehr gibt, nur noch ein 'wir', und das hat rein gar nichts damit zu tun, dass wir im selben Boot sitzen, was die Yakuza angeht. Es mag mit ein Grund sein, das werde ich nicht ausschließen, aber ich werde nicht so feige sein und mich hinstellen und behaupten, es läge allein daran. Ich habe zu viele Dinge getan, die dagegen sprechen, das kann ich nicht länger ignorieren.
    Ich habe Janniks Leben gerettet. Mich für ihn verletzen lassen. Neue Papiere für ihn besorgt. Ich habe alles getan, um ihn zu schützen. Ich bin mit ihm in einen Danceclub gegangen und habe ihn aus selbigen in einem Anfall von Eifersucht herausgetragen. Ich habe Jannik sogar meinen richtigen Namen gesagt. Das hätte ich niemals getan, wenn er mir nichts bedeuten würde.
    Wer würde freiwillig mit einem Menschen monatelang quer durchs Land flüchten, mit einer der gefährlichsten Verbrecherorganisationen der Welt im Nacken, wäre Derjenige ihm egal?
    Ich jedenfalls nicht.
    Die Frage ist jetzt nur, was fange ich mit dieser Erkenntnis an?
    Vielleicht sollte ich als erstes damit aufhören, Jannik aus dem Weg zu gehen. Der Rest findet sich dann irgendwie schon. Aber das muss bis morgen warten, denn es ist fast Mitternacht und nach der letzten Runde, die ich ums Haus gemacht habe, war das Wohnzimmer bei meiner Rückkehr dunkel. Jannik wird schon im Bett liegen.
     
    „Entschuldige, ich habe dich nicht gehört.“ Ich wende mich ab, um das Badezimmer zu verlassen. Er war nicht im Bett, sondern duschen.
    „Bleib hier, Zack.“
    Mit der Hand am Türgriff, halte ich verblüfft inne. „Was?“
    Ich vermeide den Blick auf Jannik, damit er sich ungestört zu Ende abtrocknen kann, denn auch das hat sich geändert. Vor unserem Streit wegen Jonathan, hat es mich nie gestört Jannik halbnackt zu sehen. Aber jetzt vermeide ich jeden Blick auf ihn, wenn er nicht vollständig angezogen ist.
    „Wir spielen immer noch ein Paar, oder etwa nicht?“
    Ich runzle irritiert die Stirn. „Ja. Und?“
    „Dann sollten wir uns auch so verhalten“, antwortet Jannik ruhig und da drehe ich mich zu ihm um.
    „Was hat das mit deiner Privatsphäre beim Duschen zu tun?“
    Jannik seufzt leise. „Zack, bevor wir diesen Streit hatten, hat es dich einen Scheiß gekümmert, ob ich angezogen war oder nicht. Du bist in jedes Zimmer geplatzt, auch ins Bad. Also lass' den Blödsinn und putz' dir die Zähne oder was immer du hier wolltest. Ich werde schon nicht über dich herfallen, okay?“
    Wie bitte? Über mich herfallen? Was soll denn das jetzt bitteschön bedeuten? „Du hättest ohnehin keine Chance.“ Jannik grinst und wirft sein nasses Handtuch nach mir. „Hey!“, empöre ich mich, weil ich zwar ausweichen kann, aber durch Wasserspritzer trotzdem nass werde.
    Jannik lacht und schlüpft in eine Shorts, während ich das Handtuch über die Heizung hänge. „Du bist ein Spinner, Zack, ehrlich. Als ob ich über dich herfallen würde. So ein Mistkerl bin ich nicht. Allerdings habe ich langsam das Gefühl, du hast das vergessen, seit ich dir gesagt habe, was du mir bedeutest.“
    Also darüber

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