Mit Arabella fing alles an
diesem Zeitpunkt waren es allerdings noch kleine, zerbrechliche Bällchen aus Flaum, die wir unter der Infrarotlampe verhätscheln und so gut wie vor allem schützen mußten, wenn sie überleben sollten. Die Kinder plauderten in Babysprache mit ihnen, so daß ich sie warnen mußte: »Hängt euer Herz nicht zu sehr an sie, denn sie werden später in die Tiefkühltruhe zum Essen wandern.«
Diesmal kam eine unerwartete Antwort von Nicholas Paul. Voller Vorfreude leckte er sich die Lippen und verkündete: »Toll! Mit gebackenen Kartoffeln und Rosenkohl!«
Die Landschaft veränderte sich, zwar geschah dies langsam und kaum wahrnehmbar, aber doch unbarmherzig. Der Sommer war in den Herbst hinübergeflossen. An den Berghängen starb langsam der Farn, der silberblättrige Fingerhut hob sich blütenlos gegen die Hecken ab und am Weg bot der Weiderich einen Verhedderten, traurigen Anblick.
Die Kinder hörten nicht auf, bunte Blätter, Zweige, Binsen und Gräser nach Hause zu schleppen, damit Shirley sie in Vasen unterbrachte. Allmählich glich unser Haus einer Schonung im Urwald, so daß sie diesem Treiben Einhalt gebieten mußte. »Jetzt ist es genug, denn sonst verirren wir uns in dem Dickicht.«
Das Arbeitstempo konnte nun gedrosselt werden. Zum ersten Mal seit unserer Ankunft konnten wir in Ruhe einen Blick auf die Farm und auf uns werfen. Doch Unsere Freunde gaben sich jede Mühe, uns daran zu erinnern, daß wir uns auf den kommenden Winter vorbereiten müßten. Es war, als richteten wir uns auf einen Belagerungszustand ein. »Alle kleinen Ausbesserungsarbeiten, die auf dem Hof oder an den Gebäuden anfallen, solltest du jetzt erledigen, bevor der Winter über uns hereinfällt«, riet Griff. »Du machst am besten einen Rundgang und siehst nach, was alles gemacht werden muß.«
Wir brauchten nicht lange zu suchen. Es gab derart viele Dinge zu erledigen, daß ich mit der Schreibmaschine eine Liste aufstellte und sie an die Innenseite der Speisekammertür heftete. Stallungen mußten ausgemistet, gründlich gereinigt Und desinfiziert werden, damit sie für die Tiere vorbereitet waren, die während der schlimmsten Monate dort untergebracht wurden. Verschiedenes Holzwerk war zu reparieren, und ich verlor einen Fingernagel beim Herstellen der ersten von zwei schweren Stalltüren.
Old Jonathons Bruder Matthew mit dem kranken Rücken blickte auf meinen verbundenen Finger und meinte: »Du schnippelst dauernd Stücke von dir ab, Jacky, bald wird von dir nichts mehr übrig sein.«
Vor allen Dingen mußten die Dächer wetterfest gemacht werden. Besonders an den alten, traditionellen Gebäuden hatte man dies arg vernachlässigt. Auf dem Dach des Lagergebäudes für Futter gab es einige sehr schlimme Stellen; in einer Ecke regnete es bereits hinein, aber glücklicherweise nicht direkt auf die Vorräte.
Es war eine Erleichterung, daß man dieses Dach vom Flachdach des Sammelhofs der Kühe aus erreichen konnte. Um dort hinaufzuklettern, legte ich unsere Londoner Hausleiter an und zog sie dann hinter mir hoch, so daß ich auf dem Dach arbeiten konnte. Es war nicht schwer zu erkennen, warum die Reparaturarbeiten vernachlässigt worden waren. Eine große Anzahl der Querbalken war geborsten oder hing durch das Gewicht der Dachziegel nach unten durch. Latten waren zerbrochen, viele hingen lose, und eine Menge war verschwunden. Im Grunde hätte das Dach ganz erneuert werden müssen, aber wegen der hohen Kosten war dies einfach unmöglich. So mußten wir eben eine Flick- und Improvisationsübung daraus machen.
Doch das war alles andere als leicht und ganz bestimmt nicht angenehm. Um mein Gewicht dabei zu verteilen, legte ich mich über das sehr steile Dach. Äußerst behutsam kroch ich auf allen vieren darauf herum, immer darauf bedacht, so wenige Bewegungen wie möglich zu machen. Wenn ich meine Haltung einmal zu hastig veränderte, riskierte ich, daß die Leiter dabei ins Rutschen geriet. Das passierte mehrfach.
Es entsprach nicht gerade meiner Vorstellung von Spaß, mit dem Gesicht nach unten über vermoderten Balken zu hängen und mit Dachziegeln und Werkzeugen zwei Etagen über der Erde zu hantieren. Meine Lage wurde dadurch noch verschlimmert, weil man die Etage herausgenommen hatte, so daß es nichts zwischen mir und dem Betonboden unten gab. Wenn ein Ziegel durch eine Lücke rutschte — und das geschah ziemlich häufig —, schien er während Minuten zu fallen, bis er unten aufschlug. Jedesmal, wenn ich einen Nagel
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