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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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rechten Arm und hielt mit dem linken den Degen. Um leichtfüßig zu sein, ließ er seine Bauchmuskeln spielen.
    Während sie sich umkreisten, beobachtete Caravaggio den Körper seines Gegners. Wenn er die Anzeichen von Ranuccios Arm und Oberkörper erkannte, bevor der Angriff erfolgte, konnte er das Rapier leicht parieren. Als er zum ersten Mal ein Schwert in der Hand gehabt hatte, war es am schwierigsten gewesen, sich nicht von der tödlichen Spitze, die nur eine halbe Armlänge entfernt vor seinem Gesicht hing, einlullen zu lassen.
Achte auf den Arm
, flüsterte er sich zu.
Achte auf den massigen Oberkörper dieses Arschlochs. Es wird so sein, als würde er rufen: ‹Jetzt versuche ich, dich so zu treffen.›
    Ranuccio hob ein wenig die Brust. Caravaggio parierte, bevor der Mann seinen Arm vollständig zum Stoß ausstrecken konnte. Verwundert und wütend über Caravaggios scharfe Verteidigung versuchte Ranuccio es erneut. Sein schwerer Degen rutschte mit einer filigranen, nahezu federleichten Berührung ab, während Caravaggio das Handgelenk nach oben riss und die Klinge über seine Schulter ablenkte.
    Caravaggio stieß mit der Spitze in Richtung Ranuccios Augen. Ranuccios schlug die Klinge mit einem hastigen Hieb nach links. Er sprang rückwärts und ging in die Hocke.
Der Idiot hättemit dem Handgelenk parieren müssen
, dachte Caravaggio.
Das hätte seine Spitze weiter auf mich gelenkt. Er hätte sogar einen Gegenangriff wagen können. Entweder ist er nervös, oder er ist nicht besonders gut.
    Er dachte an ihren ersten Kampf am Palazzo Farnese. Er konnte sich nicht daran erinnern, wie Ranuccio sich bewegt hatte, aber er wusste, dass er ihn besiegt hatte. Dann strich er den Kampf aus seinem Gedächtnis. Er war jetzt hier, und diesmal ging es um Leben und Tod.
Gott steh mir bei
. Er flüsterte ein
Ave
.
    Mit einem Ausfallschritt und kurzem Sprung setzte Ranuccio einen weiteren hohen Stoß an. Caravaggio wehrte ihn mit der Klinge ab. Er setzte den linken Fuß hinter den rechten und drehte seinen Körper aus der Stoßrichtung. Durch ein Anwinkeln seines Handgelenks brachte er die Spitze seines Rapiers über Ranuccios Degen. Zugleich rückte er mit dem rechten Fuß einen Viertelschritt vor und spürte, dass seine Spitze in Ranuccios Oberarm stieß.
    Er wich zurück. Ranuccio fiel auf ein Knie und betastete die Wunde. Die Wut auf seinem Gesicht wich dem Schmerz.
    Giovan Francesco stand nur ein paar Meter von seinem Bruder entfernt, rief ihm aber immer noch zu: «Ranuccio, denk an das, was ich dir beigebracht habe!»
    Die älteren Tomassonis waren Soldaten
, dachte Caravaggio.
Sie kämpften für den Glauben und für die Farneses in Flandern und Ungarn. Ranuccio hat das Problem, nie die Möglichkeit bekommen zu haben, seine Männlichkeit zu beweisen. Sein Draufgängertum ist Scheißdreck
.
    «Du bist aber kein guter Lehrer, Giovan Francesco, was?» Onorio lachte. «Dieser Schwachkopf könnte nicht mal eine Nutte aufspießen, die sich die Röcke über den Kopf zieht. Guter Stoß, Michele. Halt den großen Idioten in Bewegung. Er erwischt dich nicht.»
    Ranuccio fletschte die Zähne und sprang mit einem Satz hoch und vorwärts.
    «Dreck!», schrie Onorio.
    Mit seiner Degenhand warf Ranuccio mit Dreck und Matsch, den er von der Straße gekratzt hatte. Caravaggio zwinkerte heftig und rieb sich mit dem Ärmel durchs Gesicht.
    Ranuccio attackierte ihn mit einem starken Hieb, der Caravaggio fast das Rapier aus der Hand riss und nach links schlug.
Gott sei Dank war es kein Stoß, sonst hätte er mich aufgespießt
.
    Mit immer noch verschwommenem Blick wich er unwillkürlich nach rechts aus.
Komm hinter deinen Degen
. Er ging in Stellung und spürte einen weiteren Hieb Ranuccios. Durch den Schmutz konnte er nur wenig erkennen. Nicht die Klinge, sondern den Arm und die Körperhaltung.
Da kommt er wieder
. Noch ein Ausfallschritt nach rechts, und diesmal ließ Caravaggio seiner Parade einen Stoß folgen, der sein Ziel fand.
    Ranuccio fluchte. Oberhalb des Ohres ein Schnitt im Kopf.
    «Da hast du aber Schwein gehabt, Ranuccio, dass er nicht sehen konnte, wo du gestanden hast, sonst wärst du erledigt gewesen», brüllte Mario. «Du betrügerisches Arschloch!»
    Caravaggio wich einige Schritte zurück und blinzelte heftig durch die Schmutzreste in seinen Augen. Ein Dutzend Zuschauer hatten sich eingefunden, hielten aber Abstand zu den Duellanten und ihren Sekundanten. Sie waren still. Obwohl in Rom Blutvergießen ein Sport war,

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