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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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du dich von den zehn Scudi verabschieden.» Caravaggio drückte mit seinem Schlägergriff gegen Ranuccios Schulter.
    Ranuccio stieß ihn weg. «Du dreckiger Schwuler.»
    «Sobald du deinem Geld einen Abschiedskuss gegeben hast, darfst du mich hier küssen.» Caravaggio drehte sich um und klopfte sich auf den Hintern.
    Mit einer im Schwertkampf geübten Handbewegung stießRanuccio ihm den Rahmen seines Schlägers zwischen die Schulterblätter. Caravaggio fuhr herum und schlug Ranuccio auf die Brust. Sie prügelten mit den Schlägern aufeinander ein, bis Onorio und Ranuccios Bruder dazwischengingen.
    Caravaggio reckte Ranuccio den Finger entgegen. «Ich gehe nach Hause und hole meinen Degen, du Arsch.» Er schleuderte seinen Schläger wie einen Speer weg.
    «Du weißt ja, wo du mich finden kannst. Ich schlitz dich auf.»
    Caravaggio eilte davon, um seine Waffe zu holen. Sein Atem ging stoßweise.
Jetzt ist es so weit
, dachte er.
Jetzt muss es sein. Er soll verrecken. Dann bin ich frei
.
    An der Straßenecke lehnte der Mann, der Caravaggios Ball abgelenkt hatte, an der Palastmauer. Er blutete aus der Nase und blickte so verwirrt auf das Blut an seiner Handfläche, als sei es die Schrift einer Geheimsprache.
    ∗
    Nachdem sie ihre Waffen geholt hatten, eilten sie auf dem Weg zum Haus der Tomassonis an einem
Pallone
-Spiel vorbei. Ein Spieler schlug seinen Unterarmschutz einem Jungen der gegnerischen Mannschaft auf die Nase; er hatte den Fehler gemacht, zu lange die Flugbahn des Balls zu beobachten. «Hast du das gesehen?» Onorio lachte. Dann bemerkte er Caravaggios nackte, ernste Anspannung. «Nein, hast du natürlich nicht.»
    Unterwegs holte Mario Minniti sie ein. «Ein Duell, wie ich höre. Hoffentlich stellen sich auch seine Sekundanten ein. Dann können Onorio und ich die Sache zu einem Großkampf werden lassen. Michele, versuch es mit ein paar Finten, einer Riposte und einer Konterriposte. Dann machst du einen langen Ausfallschritt mit dem linken Bein und durchbohrst seine Leiste mit deinem Degen.»
    «Du hast es aber auch immer mit der Leiste, nicht wahr, Sizilianer?»Onorio klopfte Mario auf die Schulter. Sie lachten aufgeregt und sorglos wie Jungen auf dem Weg zum Wettkampfplatz.
    Caravaggio hörte nichts mehr. Die Abenddämmerung wurde tiefer. Er glitt durch die Straßen, und die Schatten wiegten ihn. Ranuccio würde nicht dazu in der Lage sein, seine Silhouette zu erkennen. Caravaggio würde plötzlich ins Licht springen und seinen Mann töten.
    Am Eingang zum Haus der Tomassonis durchströmte seinen Körper der Atem, und seine ganze Kraft war bereit. Er würde seinen Mann töten.
Töte ihn
.
    «Komm raus, wenn du den Mut hast!», rief Onorio. Er hob einen Stein auf und warf ihn an ein Fenster im ersten Stock. Als der Stein den Fensterladen traf, erklangen drinnen schwere Schritte.
    Caravaggio zog seinen Degen – ein vergoldeter Griff aus Ferrara, eine Toledoklinge –, und die Schneide glänzte wie eine eisige Vene. Er blickte an ihr entlang, als Ranuccio, flankiert von seinem Bruder und einem anderen Soldaten, aus dem Hof kam. Mit der linken Hand zog er einen Degen, der so lang wie sein Unterarm war.
    Die Sekundanten riefen ein paar Beleidigungen, aber Caravaggio hörte nur seinen Atem und das Blut in seinem Kopf. Sein Mund war trocken. Er umklammerte den Degengriff fester. Daumen und Zeigefinger berührten sich oberhalb der Parierstange, um die Klinge, geschützt durch das geschwungene Stichblatt, führen zu können. Er nahm die Klinge in die andere Hand, sodass sein Daumen an der Schneide lag, und hielt die Waffe dann so, dass er auf die flache Seite der Klinge und nicht auf die Schneide blickte.
    Ranuccio trat vor. Die beiden Männer streckten die Arme mit den Degen nach vorn, setzten den rechten Fuß vor, hoben die Spitzen ihrer Rapiere und
en garde
. Ranuccios Pupillen warenwie die Augen eines Ziegenbocks – lange Schlitze in schwarzen Iriden. Caravaggio fragte sich, ob er gegen ein böses, wildes Tier kämpfte, und merkte dann, dass sein Gegner von wahnsinniger Angst und Erregung entstellt war.
    Er hatte mit Onorio so oft mit dem Degen geübt und so viele Duelle bei den französischen Tennisplätzen beobachtet, dass seine Bewegungen instinktiv waren, aber dennoch achtete er auf seine Position. Im Tötungsrausch durfte er seine Fertigkeit nicht vernachlässigen. Er spreizte die Beine auf Körperbreite, verdrehte die Hüfte, um Ranuccio mit beiden Schultern begegnen zu können, führte mit dem

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