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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Scipione zog an der Goldkordel, mit der sich der Vorhang vor Caravaggios
Musikanten
öffnen ließ. Er ging nahe heran und hielt den schwingenden grünen Taft mit der Handfläche zurück. «Was seid Ihr, Maestro?»
    Caravaggio hatte die Leinwand seit Monaten nicht mehr gesehen. Vier Jünglinge, gekleidet in locker fallende weiße Hemden oder in Umhänge gehüllt, die Schultern und die unbehaarte Brust entblößt. Del Monte hatte gleich mehrere dieser Motive in Auftrag gegeben. Die jungen Künstler und Musiker, die im Palazzo Madama wohnten, nannten ihn wegen seiner diskreten Vorliebe für blasse, hingebungsvolle Jungen Kardinal Madama. Im Vordergrund der Komposition der hübsche Pedro, der Kastrat, Caravaggios bester Freund, seit er damals in del Montes Palazzo gezogen war, inzwischen aber wieder in Spanien.
    Über der Schulter des Sängers ein Selbstbildnis. Er konnte es nicht mehr sehen. Er hatte sich so unschuldig und fahl dargestellt, die Lippen zu einem zärtlichen, sinnlichen Seufzer geöffnet. Er fand es schwierig, sich an einen Tag zu erinnern, an dem man auf seinem Gesicht tatsächlich eine solche Unerfahrenheit und Frische hätte entdecken können.
Einmal vielleicht
, dachte er.
Mit Costanza und Fabrizio Colonna. In ihrem Palazzo in meiner Heimatstadt – bevor sie mich wegschickten
.
    «Ein Schurke oder ein Schlitzohr?» Er hakte die Daumen in seinem Gürtel ein. «Das hängt von der Nacht ab und davon, wie alt das Mädchen ist.»
    «Oder der Junge?» Scipione klopfte mit den Fingerknöcheln auf die schwindsüchtigen Züge Pedros, der im Zentrum der
Musikanten
eine Laute stimmte, als würde er den Bauch eines Geliebten streicheln. «Seht Ihr das nicht auch so, del Monte?»
    Der ältere Kardinal zuckte zusammen.
    So, so, Scipione weiß also über Kardinal Madama und seine kleine Schwäche Bescheid
, dachte Caravaggio.
So, wie er die Lippen kräuselt, würde ich sagen, dass er die gleiche Vorliebe teilt. Ausgerechnet der Mann, der der Inquisition vorsteht, macht Witze über effeminierte Jungen, wo doch erst vor einer Woche vom Heiligen Officium auf dem Campo dei Fiori ein Bäcker auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, weil er einen Straßenjungen in den Arsch gefickt hat.
    «Aber dies ist mein Lieblingsbild, Maestro Caravaggio. Ihre Augen verfolgen mich sogar noch durch den Vorhang.» Scipione schob den Stoff beiseite, der die
Heilige Katharina
verhüllte. «Das Gesicht lässt einen nicht mehr los. Bravo, bravo.»
    Die Heilige lehnte an dem mit Zacken versehenen Wagenrad, mit dem man sie gefoltert hatte, und liebkoste das Schwert, das ihren Tod und ihr Märtyrertum besiegelt hatte. Sie kniete auf einem roten Kissen und war in ein wallendes, schwarzes, reich besticktes Seidenkleid gehüllt. Ihr rotblondes Haar war zu beiden Seiten zu Zöpfen gebunden. Sie schaute aus der Leinwand direkt den Betrachter an.
Fillide
. Caravaggio lächelte in sich hinein.
Sie streicht über den Degen, als sei er das steife Glied eines großzügig zahlenden Kunden.
    «Seit ich sie gesehen habe, konnte ich kaum noch an etwas anderes denken. Ihr Blick ist hypnotisch. Aber warum schaut sie nicht gen Himmel, wie die Heiligen es im Moment ihres Martyriums tun?» Scipiones Stimme klang schärfer, und Caravaggio begriff, dass der Kardinal trotz der Lässigkeit, die er ausstrahlte, mit Vorsicht zu genießen war.
    «Sie starrt Euch an, weil ich zeigen wollte, dass Eure Beziehung zur Heiligen wichtiger ist als ihre Verbindung mit dem Himmel», sagte Caravaggio. «Ihr Martyrium ist kein längst vergangenes Leid, für das wir lediglich Ehrfurcht empfinden sollen. Ich wünsche, dass man ihre Qual als seine eigene spürt.»
    «Meine?»
    «Selbst ein Kardinal dürfte –»
    «Ach, Bedrängnisse gibt es viele, da habt Ihr recht. Konferenzen und Papierkrieg, Gesuche um dies und jenes, Handwerker, die sich nicht an die Baupläne halten. Es gibt Kriminelle, die begnadigt werden wollen, und Anhänger dieses oder jenes heiligen Scharlatans, der unbedingt heiliggesprochen werden muss, um den Glauben der Leute in einer eiskalten bayerischen Stadt zu festigen.» Scipione warf del Monte einen Hoffnungslosigkeit bekundenden Blick zu. «Aber ist es ausschließlich Eure großartige Technik, die das Gesicht der Heiligen so überzeugend macht, Maestro? Ich habe das Gefühl, dass es noch etwas anderes ist. Vielleicht bin ich ja mit der Dame bekannt.»
    «Mit ihr? Dem Modell?»
    Del Monte hob hinter Scipiones Rücken warnend eine Hand.
    «Ganz recht», sagte der

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