Mit der Hoelle haette ich leben koennen
Aufbau eines flächendeckenden Netzwerkes psychiatrisch-psychotherapeutischer Ambulanzen in Fachsanitätszentren, das mehr Möglichkeiten zur Durchführung ambulanter Psychotherapien durch Bundeswehrärzte ermöglicht, ist dringend erforderlich. Im Zuge der Therapie wird dem Betroffenen zunächst vermittelt, dass es sich bei seiner Störung um eine » normale Reaktion« einer »normalen Person« auf eine unnormale, d.h. pathogene Situation handelt.
Es hat sich in unserer Arbeit mit Soldaten als günstig erwiesen, das Besondere ihrer Berufssituation zu betonen, indem wir aufzeigen, dass der Betroffene seine Traumatisierung gerade deshalb erfahren hat, weil er standhält und handelt, wo viele andere Menschen weglaufen oder gelähmt reagieren. Oft führt dies allein schon zu einer spontanen Entlastung, weil es die quälende Störung in einen positiven, wenn man so will »starken« Zusammenhang einbindet, mit dem sich die Patienten identifizieren, der zu ihrer Identität (» corporate identity «) gehört.
Dem Aspekt (mangelnder) Fürsorge kommt eine eminent wichtige Bedeutung zu. Jeder Soldat vertraut darauf, dass er von seinem Dienstherrn unterstützt wird, wenn er bei der Ausübung seines Dienstes Schaden nimmt. Wird diese Erwartung enttäuscht, kommt es nicht selten zu tiefer Verbitterung, die die Chronifizierung der PTBS bewirkt. Der Betroffene empfindet seinen Einsatz und damit seine Person als entwertet, reagiert mit Depression, Hass und psychosomatischen Störungen. Zu der Belastung der traumatisierenden Situation addiert sich das bittere Gefühl, verraten worden zu sein (s.a. J. Shay, »Berserkersyndrom« in Achill in Vietnam ).
Imaginative und Entspannungsverfahren sind zentraler Bestandteil unserer Stabilisierungsarbeit. Sie haben das Ziel, die Verarbeitungskapazität des Patienten zu stützen oder zu verbessern. Hierzu gehören Selbstkontrolltechniken und Entspannungsverfahren (wie z. B. Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobsen etc.), aber auch imaginativer Ressourcenaufbau.
Die Zahl der PTBS-Fälle steigt im PTBS-Behandlungsschwerpunkt im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg seit 1996 stetig an. 1999/2000 war dies fast ausschließlich auf die relativ große Anzahl von Soldaten aus dem Kosovo-Einsatz zurückzuführen, die die Erlebnisse und Eindrücke aus ihrem Einsatz
nicht mehr verarbeiten konnten. Seit 2002 rekrutiert sich der überwiegende Teil der Betroffenen aus den Afghanistan-Kontingenten. Wenn es sich um einmalige Traumatisierungen von Soldaten handelt, bei denen die Konstellationen von Ereignis-, Risiko- und Schutzfaktoren relativ günstig waren, so können die notwendigen therapeutischen Interventionen manchmal relativ schnell zu einer stabilen Distanzierung vom Erlebten führen.
Insgesamt ist es unsere Erfahrung, dass die Behandlung innerhalb einer Bundeswehreinrichtung für die traumatisierten Soldaten und Soldatinnen deutliche Vorteile mit sich bringt. Durch die mögliche Zusammenarbeit mit Angehörigen, Kameraden und Vorgesetzten sowie den Verbindungen zu personalführenden Stellen, bestehen günstige Bedingungen zur beruflichen Wiedereingliederung. Für die Einschätzung der traumatisierenden Auslöser oder Stressbelastungen im Rahmen der Therapie oder zur Begutachtung der Wehrdienstbeschädigung verfügen wir im Bundeswehrkrankenhaus über intensive Kenntnisse des beruflichen Umfeldes der Patienten, nicht zuletzt auch aus eigenen Einsatzerfahrungen heraus.
Unsere Bemühungen zielen darauf, den deutschen Soldaten, die traumatisiert aus dem Einsatz zurückkehren, effektive Hilfe dabei zu leisten, in die »Normalität« zurückzufinden. Die bisherigen Erfahrungen belegen, dass dies möglich ist, wenn die notwendige personelle, materielle und organisatorische Unterstützung gewährleistet wird.
Nähere Informationen und Beratung:
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotraumatologie
Lesserstraße 180
22049 Hamburg
www.bundeswehrkrankenhaus-hamburg.de
2010: Daniela Matijević 11 Jahre nach ihrem Einsatz im Kosovo
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