Jahr lang, bis sich ein Sender erbarmt, die Folgen ausstrahlt und es als » TV -Highlight« des Jahres anpreist. Und dann eine verstümmelte Version zeigt.
Das soll das grenzenlose Internet sein?
Natürlich gäbe es noch andere Möglichkeiten, an die Folgen der Serien heranzukommen. Mein lieber Freund Bastian tut mir eine auf, die sich interessant anhört und auf den ersten Blick durchaus legal erscheint: Im deutschen iTunes-Store sind Serien – mit wenigen Ausnahmen – erst dann verfügbar, wenn sie von einem deutschen Sender ausgestrahlt wurden. Im amerikanischen Store dagegen ist alles vorhanden, was der Serienfreak braucht.
Die Idee: Man lässt sich von einem Bekannten eine Geschenkkarte für den amerikanischen iTunes-Store mitbringen, sollte dieser auf Urlaub oder Geschäftsreise in den Vereinigten Staaten sein. Sollte man jemanden kennen, der in den USA wohnt, kann man sich die Karte auch schicken lassen.
Legal ist das nicht, denn im amerikanischen Store darf nur einkaufen, wer einen Wohnsitz in den USA hat. Dieses Problem kann aber umgangen werden, es gibt sogar Webseiten, die einem dabei behilflich sind. Die generieren eine zufällige Identität mit echten E-Mail-Adressen und Wohnsitzen. Man gibt sein Geschlecht ein, das gewünschte Land und möglicherweise ein bevorzugtes Alter – es wäre ja zu dumm, wenn die falsche Identität ein 19-jähriger Student wäre, der nicht einmal Bier kaufen darf.
Ich gebe meine Daten und Wünsche ein – und nur eine Sekunde später habe ich eine neue Identität: Ich heiße Charles K. Knight, wohne im Kaff Waukesha im Bundesstaat Wisconsin, in der Whaley Lane übrigens. Die Adresse gibt es wirklich, wie mir Google Maps versichert. Meine E-Mail-Adresse ist:
[email protected] , unter der Angabe steht, dass ich die Adresse nur aktivieren müsse, um die von vielen Unternehmen gesendete Bestätigung der Anmeldung zu empfangen und meine Accounts zu aktivieren. Auch schön: Ich wiege 62,1 Kilogramm, habe die Blutgruppe B+ und arbeite als Werkzeugmacher bei einer Firma namens Warshal’s. Meine Sozialversicherungsnummer ist 391-20-0136, ich habe offenbar eine Visa-Kreditkarte mit der Nummer 4929227594483900, die im März 2016 abläuft und deren Kontrollnummer die »013« ist.
Ich bin ein neuer Mensch.
Ich habe sogar eine neue Telefonnummer: 262-548-0287. Als ich dort anrufe, heißt es: »Die Nummer ist nicht vergeben.« Das wäre dann doch zu schön gewesen, wenn dort ein amerikanischer Student gesessen und sich gegebenenfalls als Charles K. Knight oder 5000 andere Menschen ausgegeben hätte. Das würde die neue Menschwerdung perfekt erscheinen lassen. Wäre doch ein schöner Service.
Das ist jedoch illegal, also nichts für mich.
Was also tun?
Der Schaden durch die illegale Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten lag im Jahr 2008 – laut einer Studie des Beratungsunternehmens Tera – allein in Deutschland bei etwa 1,2 Milliarden Euro und war verantwortlich für den Verlust von 34000 Arbeitsplätzen. Bei den Jungs der Band »Deichkind« macht der Verkauf von CD s nicht einmal 20 Prozent des Umsatzes aus, sie verdienen deutlich mehr mit Konzerten und Fanartikeln. Also können sie leicht singen: »Ihr sagt, wir sind kriminell, doch wir sind nur die User! Im Knast saugen wir weiter, Copyrights sind was für Loser. Tupac, Kurt und Marley, der Shit ist für alle da! Wir sind zu viel, wir sind zu nah, wir sind zu schnell: Ihr könnt uns mal!« Viele Künstler können das nicht von sich behaupten.
Nun wehrt sich die Industrie mit Abmahnungen: Im Jahr 2010 wurden mehr als 600000 solcher Briefe verschickt, im Jahr 2012 waren es schon 4,3 Millionen. Es geht um bis zu 1300 Euro pro Album. Mittlerweile haben sich Kanzleien wie Waldorf Frommer oder We Save Your Copyrights darauf spezialisiert, solche Briefe zu verschicken. Alexander Krolzik von der Hamburger Verbraucherzentrale sagt: »Die angenommenen Zahlen für die Kanzlei Waldorf Frommer schwanken zwischen 80000 und – legt man die Aktenzeichen zugrunde – 160000 Abmahnungen pro Jahr. Das heißt, wir reden alleine hier von Forderungen in Höhe von 76,48 Millionen bis 152,96 Millionen Euro.«
Im September 2012 gab es wieder eine Abmahnwelle im Wert von insgesamt 450 Millionen Euro – und der Freund meiner Schwägerin glaubt immer noch, er sei unantastbar.
Auf welcher Seite stehe ich? Auf keiner.
Es ist ein üppiger Kuchen, der da verteilt wird – und ich habe den Eindruck, dass da nicht Künstler und