Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
Konsument streiten, sondern millionenschwere Konzerne gegen millionenschwere Konzerne. Es geht nicht mehr darum, ob ein Künstler ein paar Euro mehr bekommt oder ob der Konsument ein paar Euro mehr bezahlen muss.
Es geht unter anderem darum, welcher Konzern mehr Millionen verdient – und es leiden vor allem jene, die keine Millionen verdienen, sondern um jeden Euro kämpfen müssen.
Ich persönlich liebe meinen Verleger, weil er mich nicht wie einen Dienstleister behandelt, mit dem er Geld verdienen kann. Er ist einfach nur nett zu mir. Ich kenne aber zahlreiche Autoren – und auch Musiker und Filmemacher –, die kein einziges liebes Wort über ihre jeweilige Industrie verlieren. Und kein Einziger hat jemals erwähnt: »Mein Verlag hat gegen die illegale Nutzung meiner Werke Abmahnungen verschickt – und mir nun einen schönen Scheck geschickt, weil er dadurch viel Geld eingenommen hat.« Die einzelnen Branchen schwingen offenbar gerne die moralische Keule, wenn es um Verletzungen des Urheberrechts geht – und sie geben diese Keule auch gerne den Künstlern zum Schwingen in die Hand. Doch an den daraus resultierenden Umsätzen lassen sie die Künstler nicht wirklich teilhaben.
Die Plattformen, die künstlerische Werke umsonst anbieten, gelten als cool, weil sie Inhalte frei und für jeden zugänglich machen. Es ist ja auch schön, ein Musikvideo auf YouTube anzusehen oder einen Film über einen Streamingdienst. Diese Plattformen sind keine netten Wohltäter, die dem Konsumenten etwas Gutes tun wollen – es sind knallharte Unternehmen, die Geld verdienen wollen.
Die Debatte wird also überaus hitzig geführt, mitunter wird dabei komplett auf Argumente und Lösungsansätze verzichtet. Hauptsache: streiten.
Ein ganz naiver Vorschlag: Könnte es sein, dass sich der Markt ohne staatliches Eingreifen selbst reguliert? Ich weiß es nicht. Der Nobelpreisträger Milton Friedman sagte: »Ist es wirklich wahr, dass politischer Eigennutz in irgendeiner Weise edler ist als wirtschaftlicher Eigennutz? Können Sie mir sagen, wo Sie diese Engel finden wollen, die unsere Gesellschaft planen sollen?«
Im Fall amerikanischer Serien habe ich den Verdacht, dass sich das Aufstellen von virtuellen Supermarktkassen nicht lohnt und die Sender deshalb lieber das sichere Modell der Lizenzierung verwenden. Weder amerikanische noch deutsche Sender waren bereit, exakte Zahlen zu nennen – ein Mitarbeiter von NBC sagte immerhin unter der Voraussetzung, dass sein Name nicht erwähnt wird: »Nach derzeitigem Stand der Marktforschung ist es kaum möglich zu prognostizieren, wie erfolgreich ein Bezahlsystem sein würde, zumal wir durch dieses System womöglich auch Werbekunden auf dem amerikanischen Markt verlieren würden, wie das Beispiel Lost zeigt. Wir machen mit dem alten System weiter, bis es ordentlich kracht und es sich nicht mehr lohnt – wie die Musikindustrie. Und wir alle hoffen, dass dieser Krach bei uns nicht so schlimm wird wie der Knall bei denen.«
Der Fall Lost ist schnell erklärt: Die Zuschauerzahlen im Fernsehen gingen bei den letzten drei Staffeln stetig zurück, weshalb der Sender ABC die Werbepreise reduzieren musste. Die Serie hatte eine große Fangemeinde, die die Folgen auf Video aufnahm und sie später anschaute, dabei allerdings die Werbepausen überspulte. Dazu gab es zahlreiche Anhänger, die die Folgen lieber im Internet sahen und nebenher mit anderen Fans diskutierten. Lost gilt als eine der finanziell erfolgreichsten Serien in der Geschichte, die Werbeeinnahmen waren nicht so wichtig. Die Fans bezahlten für Downloads, für Spiele, für Merchandising – und waren auch einverstanden, dass bei Streams im Internet am Rand Werbung gezeigt wurde.
Die einfache Antwort auf die Frage, warum amerikanische Sender andere Serien nicht zum schnellen Download anbieten – wozu sie übrigens kein Gesetz der Welt zwingen könnte –, ist einfach: Sie warten auf den großen Knall.
Der amerikanische Sender verdient mit einer erfolgreichen Serie in den USA den Betrag X. Wenn er die Serie nun an ausländische Sender verkauft – How I Met Your Mother etwa wird verzögert von Pro Sieben ausgestrahlt –, dann bekommt der Sender aus verschiedenen Ländern die Teilbeträge Y1, Y2, Y3 und so weiter zusätzlich, also die Teilsumme Y. Durch ein Bezahlsystem von, sagen wir, 50 Cent für eine Folge würde der amerikanische Sender den Betrag Z (die Anzahl der Downloads) mal 50 Cent, also die Teilsumme Z, einnehmen.
Die einfache
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