Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
Gleichwohl würden dem Staat und den Krankenversicherungen Einnahmen entgehen – und natürlich den Unternehmen, denen die Aufträge fehlen, die von Schwarzarbeitern ausgeführt werden.
Seit dem Jahr 2000 geht der Staat massiv gegen Schwarzarbeit vor: Die Zahl der überprüften Personen hat sich seitdem versechsfacht, die Summe der Bußgelder versiebenfacht – Letztere war im Jahr 2009 13 Mal so hoch wie neun Jahre zuvor. Wirklich erfolgreich ist dieser Kampf nicht, weshalb nicht wenige Experten fordern, anstatt die Kontrollen zu verschärfen eher die Wirtschaftspolitik zu ändern: Deregulierung der Arbeitswelt, Änderung der Zahlungsströme im Sozialversicherungswesen, dazu eine Modifizierung des Rechtssystems, das derzeit Auftraggeber und Schwarzarbeiter schützen würde.
Wie so oft werden in Deutschland die Symptome bekämpft und nicht die Ursachen. Schärfere Gesetze, eine Intensivierung der Kontrollen und drastischere Strafen führen nur selten zu einem Rückgang der Kriminalität.
Das sieht auch Anton so: »Natürlich habe ich Angst davor, erwischt zu werden – und ich habe auch Angst vor der Strafe, die mich da erwartet.« Er hoffe aber, dann glimpflich davonzukommen, schließlich betrachtet mehr als die Hälfte der Deutschen Schwarzarbeit als Kavaliersdelikt, mehr als 30 Prozent geben an, bereits schwarz gearbeitet zu haben. Anton sagt: »Ich würde sofort aufhören, wenn ich wieder legale Arbeit bekomme – oder wenn es sich für mich nicht mehr lohnen würde. Aber danach sieht es nicht aus.«
Diese Sätze dürfen Politiker gerne als Aufforderung verstehen.
Kapitel 25
Warten auf den großen Knall
Es gibt die Theorie, dass die Zeit langsamer vergeht, wenn der Mensch auf etwas warten muss, auf das er sich freut. Wenn das stimmt, dann wird die Zeit, dieses faule Stück, an einem Tag im Jahr beinahe unbeweglich. Die Menschen stehen am Weihnachtsmorgen auf – und irgendwie müssen sie die Zeit überbrücken, bis es am Abend einen erleuchteten Weihnachtsbaum, Plätzchen und Geschenke gibt. In meiner Familie gab es lange Zeit die Tradition, die Zeit mit einem handfesten Streit totzuschlagen.
Was wäre eigentlich, wenn du am Weihnachtsmorgen aufwachst, nur um festzustellen, dass erst der erste Advent ist? So geht es mir.
Ich sitze vor meinem Computer und fühle mich wie ein Kind, das in der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses steht, auf all die Monstertrucks und Spritzpistolen und Lego-Figuren starrt – und genau weiß, dass es noch vier Monate bis zu seinem Geburtstag warten muss. Das Schlimmste daran: Alle anderen Kinder bekommen Trucks und Pistolen und Figuren!
Genauso geht es mir: In den Vereinigten Staaten sind die neuen Staffeln von How I Met Your Mother und Californication angelaufen – und natürlich möchte ich die Folgen sehen. Die eine Serie läuft in den USA auf dem frei empfangbaren Kanal CBS , die andere auf dem Bezahlsender Showtime. CBS zeigt die Folgen von How I Met Your Mother am Tag nach der ersten Ausstrahlung frei im Internet – allerdings nur für Menschen, die in den Vereinigten Staaten leben. Bei Showtime habe ich in Deutschland überhaupt keine Chance. Es gibt keinen legalen Weg, zeitnah an die Folgen zu gelangen. Ich würde dafür bezahlen, aber ich darf nicht.
All meine Freunde haben die Folgen gesehen. Sie unterhalten sich darüber, ob beim gemeinsamen Bier oder in der Kabine des Fußballvereins – oder sie schreiben auf Facebook: »Hast du die neue Folge gesehen? Einfach genial!« Die Gemeinsten verraten dann auch noch, was in der jeweiligen Episode passiert. Sie zitieren Hank Moodys Sprüche, erklären die neuen Anmachmethoden von Barney Stinson. Es gibt kaum eine Möglichkeit, dem zu entkommen – und natürlich ist dann der Reiz vorbei, sich auf die Serie zu freuen, wenn sie denn endlich nach Monaten der Warterei in Deutschland ausgestrahlt wird.
Und zeigt sie ProSieben, sind sie entweder verschandelt durch hanebüchene Synchronisation oder verstümmelt durch Kürzungen wie bei The Dark Knight .
Welch groteske Züge das annehmen kann, zeigt das Beispiel von Akte X : Das war eine der erfolgreichsten Serien, irgendwann gab es einen Kinofilm, der als Übergangsgeschichte zwischen der vierten und fünften Staffel gedacht war. Auch in Deutschland kam der Film schnell in die Kinos. Das Problem: Es waren zuvor nur die Folgen der ersten drei Staffeln zu sehen gewesen. Der deutsche Besucher kam nach dem Betrachten des Films ratlos aus dem Kino und fragte sich: Habe ich
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