Mit einem Bein im Modelbusiness
Behinderung gebucht.
Ich saß mit Lea vor dem Fernseher und traute meinen Augen kaum.
» Scheiße, wieso erzählen die so etwas?«, schrie ich den Bildschirm an. » Das stimmt doch überhaupt nicht. Ich wollte noch nie mit meiner Behinderung schocken!«
» Mir brauchst du das nicht zu erzählen«, sagte Lea und kniff mir zärtlich in die Wange. » Mit solchen Geschichten wirst du wohl ab sofort häufiger zu tun haben. Ist doch alles halb so wild. Komm, lass uns bei Francesca ’ne Pizza essen. Ich lad dich ein.«
Lea hatte natürlich Recht, und schon fünf Minuten später konnte auch ich darüber lachen. Am nächsten Morgen designte ich sogar ein T-Shirt mit der Aufschrift: Officially Approved Schock Model, um meinen neuen Titel stolz auf der Brust tragen zu können.
Es ist doch so: Nur wer ins Mittelmaß abtaucht und sich in der grauen Masse versteckt, ist vor äußeren Angriffen gefeit. Doch darum geht es nicht. Ein Schiff wird auch nicht gebaut, um im Heimathafen sicher vor Anker zu liegen, sondern um auf das stürmende Meer rauszufahren und sich dort gegen tosende Wellen zu behaupten. Wenn du einen Traum hast, dann versuche dich immer mit den Besten der Welt zu messen und sei darauf gefasst, dass du eines Tages dafür attackiert wirst. So lauten nun mal die Regeln. Swizz Beatz, einer der erfolgreichsten Musikproduzenten der Welt und Ehemann von Alicia Keys, brachte es auf den Punkt, als er sagte: » Die Leute werden dich wegen deines Erfolges sowieso hassen, aber daran kannst du immerhin erkennen, dass du es geschafft hast.«
Man kann es ohnehin nie allen recht machen, also sollte man einfach versuchen, sein Leben, wie auch immer es gerade aussieht, mit einer großen Portion Humor zu betrachten und sich selbst in diesem Spiel nicht allzu ernst zu nehmen. Wenn du Erfolg hast, genieße jede Sekunde davon, aber mache nicht deine komplette Existenz davon abhängig. Es kommt ohnehin alles, wie es kommt, also mach dir keine unnötigen Sorgen. Take it easy & go with the flow!
Sei kein Opfer!
Seit ich durch die Michalsky -Show in den Fokus der Öffentlichkeit gerutscht bin, bekomme ich fast täglich Briefe von besorgten und verzweifelten Eltern, die mir schreiben, wie sehr sie mich für das, was ich tue, bewundern. » Mario, du bist einfach unglaublich!«, lese ich immer wieder. Sie hätten selbst ein Kind mit Behinderung und seien todunglücklich, da sie sich den ganzen Tag Sorgen über dessen Zukunft machten. Sie bitten mich dann um Rat, möchten wissen, was noch alles auf sie zukommen wird und welche Maßnahmen sie ergreifen können, damit ihr Kind das Leben genauso bravourös meistert wie ich.
Ich bin jedes Mal aufs Neue super hilflos, wenn ich versuche, eine Antwort zu formulieren, weil ich gar nicht verstehen kann, was diese Menschen von mir hören wollen. Ich bin doch selbst erst fünfundzwanzig Jahre alt und habe weder Medizin noch Philosophie studiert.
Verdammt, ich weiß auch nicht, ob der Weg, den ich für mich gewählt habe, der richtige ist. Irgendwann muss man eben eine Entscheidung treffen, ob behindert oder nicht. Wenn man seinem Kind aber permanent vorheult, wie schrecklich alles ist und wie schlimm die Jahre werden, die noch vor ihm liegen, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn genau das eintritt. Was glaubst du, wovon der Kleine nachts träumt, wenn alles, was er von seinen Eltern erfährt, nichts als die pure Angst ist? Der arme Junge liegt völlig verschüchtert in seinem Bett, alleingelassen mit sich und der Welt, und denkt sich: Kacke, mein Leben ist voll für ’n Arsch, und dabei bin ich doch erst zwölf Jahre alt.
Wie soll dieses Kind selbstbewusst aufwachsen, wenn ihm nicht einmal seine eigenen Eltern Vertrauen schenken? Ehrlich, der Junge hat schon genug Probleme, sich im Kindergarten und später in der Schule Gehör zu verschaffen und sich durchzusetzen, da muss er nicht auch noch von seinen Eltern verunsichert werden. Ich kann mich nur wiederholen und sagen: Alles ist möglich, wenn man selbst daran glaubt.
Ich bin seit meiner Geburt behindert. Meine Mutter lag oft mit meiner Krankenkasse im Clinch, weil die nicht einsehen wollten, mir eine Orthese zu bezahlen, mit der ich Sport machen konnte.
Sie sagten, der Junge könne doch laufen, wozu müsse er unbedingt Fußball und Basketball spielen? Das seien Extras, für die sie keine Notwendigkeit sähen. Am Ende gaben sie nach, weil sie erkannten, wie sehr ich dafür kämpfte, ein normales Leben zu führen und eben nicht diesen
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