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Mit einem Bein im Modelbusiness

Mit einem Bein im Modelbusiness

Titel: Mit einem Bein im Modelbusiness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Mario und Amend Galla
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blöden Stempel aufgedrückt zu bekommen. Heute werde ich übrigens von genau dieser Krankenkasse zu Workshops eingeladen, um anderen Kindern mit Handicap Mut zuzusprechen und ihnen anhand meiner Erlebnisse zu zeigen, dass es sich immer lohnt, aussichtslose Kämpfe zu führen, wenn ein Traum dahintersteht.
    Mit einer Beinprothese Model zu werden und gemeinsam mit den Besten der Welt auf Modeschauen in Paris und Mailand zu laufen – ja, das ist machbar, auch wenn es im ersten Augenblick absurd klingen mag. Die Landung auf dem Mond erschien übrigens auch vielen unvorstellbar, bevor Neil Armstrong seine berühmten Worte sprach. Es ist immer nur eine Frage der Betrachtungsweise.
    Den größten Fehler, den man als Elternteil meiner Meinung nach machen kann, ist, sein behindertes Kind als Opfer zu sehen, denn das ist es nicht. Als ich noch klein war, bin ich meinen Orthopädietechnikern gnadenlos auf die Nerven gegangen, weil ich jedes Mal von ihnen verlangte, meine Orthese weiterzuentwickeln. » Ich möchte so fliegen wie Michael Jordan«, sagte ich immer und meinte es auch so. Am Anfang waren sie fürchterlich genervt von mir, zehn Jahre später verteilen sie meine Autogrammkarten und erzählen meine Geschichte. Mir ist zwar bis heute ein Rätsel geblieben, was daran so besonders sein soll, aber vielleicht muss ich das auch gar nicht verstehen. Ich erinnere mich noch gut an eine Szene mit meiner Klassenlehrerin Frau Kluge. Während des Unterrichts sagte sie, dass ich nach der Stunde bitte dableiben solle, da sie mit mir etwas unter vier Augen besprechen wollte. Ich überlegte schon, ob ich etwas angestellt hatte oder ob meine Noten schlechter würden, aber dann setzte sie sich mütterlich neben mich und hielt mir einen zehnminütigen Monolog, wie toll sie es fände, wie ich mit meiner schwierigen Situation umginge.
    Welche Situation?, fragte ich mich.
    » Mario, wie du mit deinem Leben umgehst, das ist große Klasse. Du bist ein echtes Vorbild und hast großen Respekt verdient.«
    Wie bitte? Ich verstand nur Bahnhof. In meinen Augen war ich ein ganz normaler Junge, wie meine Klassenkameraden auch. Der eine hatte einen Riesenzinken im Gesicht, der andere war schmächtig wie ein Strich, und ich war eben mit einem halben Bein zu wenig auf die Welt gekommen. Selbst wenn im Fernsehen Reportagen über behinderte Menschen liefen, fühlte ich mich nie persönlich angesprochen.
    Ich bin meinen Eltern für die Art und Weise, wie sie mich erzogen haben, bis in alle Ewigkeit dankbar. Indem sie mir nie das Gefühl gaben, behindert zu sein, konnte sich das auch nie in mir manifestieren. Natürlich schien auch bei mir nicht jeden Tag die Sonne, und ich wurde oft mit Situationen konfrontiert, die nicht immer leicht waren, aber wie sagte John F. Kennedy so schön: » Bete nicht für ein leichtes Leben, sondern dafür, ein stärkerer Mensch zu sein.«
    »Hamburgs mutigstes Model«
    Die Fashion Week war seit zehn Tagen vorbei, als morgens um 6 Uhr, mitten in der Woche, mein Handy klingelte. Lea lag neben mir, sie schlief tief und fest. Ohne auf das Display zu schauen, ging ich ran, damit sie von meinem Klingelton nicht geweckt wurde. Edu hatte mit einigen Kumpels die Nacht auf dem Kiez durchgemacht und lallte völlig besoffen in sein Telefon: » Ey, Mario, Diggens, du bist auf dem MOPO -Cover.«
    » Was bin ich?«, antwortete ich leise.
    » Ich sag dir, dick und fett MOPO -Cover. Aber du guckst voll schief, Alter!«
    » Was?«, flüsterte ich wieder.
    » Ja logen, Keule. Check das ma aus, ne? Over and out!«
    Dann legte Edu auf und ließ mich mit vielen Fragezeichen im Bett zurück. Natürlich konnte ich nicht mehr einschlafen, gab Lea einen Kuss, schlüpfte in meine Trainingshose und ging runter an die Tanke, wo ich mein Foto schon groß auf dem Stapel der Hamburger Morgenpost entdeckte. Ich war tatsächlich auf dem Cover: » Mario Galla – Hamburgs mutigstes Model«, titelten sie.
    » Wie krass ist das denn?«, murmelte ich total überwältigt vor mich hin, als ich rechts unten, ganz klein in der Ecke, die Schlagzeile las: » Ole von Beust tritt zurück.«
    Unglaublich! Die MOPO setzte auf jeden Fall Prioritäten. Unter uns: Ich fand das richtig korrekt, doch dieses fürchterliche Foto mit den völlig überschminkten smokey eyes war mir im ersten Moment schon etwas peinlich. Doch dann dachte ich: Scheiß drauf! Ich bin in der auflagenstärksten Zeitung von ganz Hamburg auf dem Titel, Alter! Das muss mir erst einmal jemand nachmachen.

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