Mit einem Fuß im Himmel
Jeder Trottel hätte gemerkt, daß das mit dem Nackttanzen nur Spaß war!«
»Mit so etwas macht man aber keine Späße, verstehst du!? Dazu ist die ganze Angelegenheit viel zu ernst!«
»Das Nackttanzen?! Ich dachte, den Herren gefiele...«
»Gabriele!« rief Till Torsten empört. »Entschuldige, Gaby!«
»Wenn du also unbedingt ernst sein willst, obwohl dafür gar kein Anlaß gegeben ist...«
»Da bin ich wesentlich anderer Meinung!«
»Bitte, unterbrich mich nicht immer, ja? Dann möchte ich dir etwas sehr Ernstes mitteilen, obwohl meiner Meinung nach weder der Ort noch die Zeit zu ernsten Gesprächen geeignet ist! Ich war eigentlich hierhergekommen, um mich zu amüsieren, aber du hast ja alles daran gesetzt, mir die Stimmung restlos zu verderben!«
»Gaby, mach mich nicht wahnsinnig! Was wolltest du mir sagen?!«
»Gut! Aber erst mußt du mir versprechen, daß du dich nicht aufregst, ja?«
»Ja! Aber nun rede endlich!«
»Es ist nämlich wirklich kein Grund, dich aufzuregen! Es ist... ich habe eine Vorladung nach Köln bekommen, zum Rundfunk! Ich soll dort Vorsingen, morgen!«
»Gabriele! Und das erfahre ich erst jetzt!?«
»Ich wußte ja, du würdest dich aufregen! Dabei ist es doch gar nichts Schlimmes!«
Till Torsten brauchte einige Zeit, diese unerwartete Mitteilung zu verdauen. Er zwang sich mit aller Energie ruhig zu bleiben und war selber erstaunt, daß seine Stimme nach alledem noch so gelassen klang.
»Hör mal, Gaby, sagte er, »wollen wir nicht einmal in Ruhe darüber reden?! In Ruhe, ohne Streit und ohne Ausfälle, verstehst du?«
»Das versuche ich ja schon die ganze Zeit!«
»Dann paß mal auf, Gaby, ja? Wir wollen doch heiraten, wir beide, das steht fest!«
»Ja«, sagte Gabriele.
»Ich will dich heiraten und du willst mich heiraten, nicht wahr?«
»Ja, natürlich! Ja, ja, ja!«
»Wir wollen eine Ehe zusammen führen! Weißt du, was das heißt, eine Ehe führen? Das ist eine sehr ernste Sache, eine Aufgabe, verstehst du? Eine Aufgabe für uns beide! Das kann man nicht so am Rande abtun, wie du das gerne möchtest!«
»Das möchte ich ja gar nicht!« verwahrte sich Gabriele.
»Still, jetzt rede ich! Wir wollen Kinder haben, ich jedenfalls möchte Kinder haben, und ein gemütliches Heim! Das alles kann man doch nicht mit einer Frau, die als Sängerin in der Weltgeschichte herumzigeunert!«
Till Torsten fand, daß er gut gesprochen, sich klar und unmißverständlich ausgedrückt hatte und sah Gabriele erwartungsvoll an. Ihre großen braunen Augen waren feucht geworden, und Till Torsten war überzeugt, daß seine Rede ihren Eindruck nicht verfehlt hatte.
Aber Gaby sagte nur mit erstickter Stimme: »Ich wußte ja, daß wir heute abend Krach bekommen würden!«
»Aber, Gaby, mein Liebes! Wir haben doch gar keinen Krach! Ich versuche doch nur, dir zu erklären...«
»Mir auseinanderzusetzen, nicht wahr?«
»Ja, ich versuche, dir auseinanderzusetzen, weshalb...«
»Siehst du! Das ist es! Genau das!«
»Jetzt verstehe ich dich wirklich nicht mehr, Gaby!«
»Das ist doch ganz einfach, Till! Genau das stand in meinem Horoskop für heute: >Am Abend eine Auseinandersetzung mit einem geliebten Menschen Was zuviel ist, ist zuviel. Till Torsten fühlte, daß er einem Nervenzusammenbruch nahe war. »Bitte, Herr Ober, einen Kognak!« war alles, was er noch hervorbringen konnte.
Gabriele hob sofort ihren schlanken Zeigefinger in die Höhe und tippte sich dann damit auf die Brust.
»Zwei Kognaks, Herr Ober!« bestellte Till Torsten und ließ sich aufseufzend zurücksinken.
Oskar Hähnlein mußte lange, sehr lange darauf warten, daß Hein Grotius ihm Liselotte zurückbrachte, und je länger er wartete, desto tiefer versank er im Seelenschmerz — desto mehr trank er. Die erste Flasche war schon geleert, der Ober hatte sie unter den Tisch gestellt und eine neue gebracht. Oskar Hähnlein hatte einige Schnäpse zwischendurch hinuntergegossen, aber auch sie vermochten sein trauriges Gemüt nicht aufzuheitern. Verdrossen und trübe starrte er in das Tanzgewühl, wo Liselotte in den Armen dieses Hein Grotius dahinschwebte.
Oskar Hähnlein memorierte halblaut vor sich hin: »Sie sind die Frau meiner Träume, Liselotte! Nach einem Menschen, wie Sie es sind, habe ich mich mein ganzes Leben gesehnt! Sie sind die... die Erfüllung meines Daseins!« Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas und murmelte: »Ja, das ist gut! So ist es gut!«
Er War so mit sich selber und seinen Gefühlen
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