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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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ihrer Wohnung, das kleine Häuschen draußen vor der Stadt war schon in greifbare Nähe gerückt, Therese hatte stets die elegantesten Kleider, die schicksten Hüte von all ihren Freundinnen. Und doch, glücklich war sie nicht.
    Vielleicht lag es auch daran, daß sie keine Kinder hatten. Oskar behauptete stets, das läge an ihr, aber sie war sicher, daß er dafür verantwortlich sei. Ja, wenn sie damals Gottfried, den jungen Volksschullehrer, geheiratet hätte, der ebenfalls um sie geworben hatte, der hatte inzwischen das ganze Haus voller Kinder, fünf oder sieben waren es bestimmt. Aber wahrscheinlich würde sie dann bedauern, sich nicht für Oskar entschieden zu haben, für Oskar, der ihr soviel Bequemlichkeit und Luxus bieten konnte. Statt dessen müßte sie sich von morgens bis abends abrackern, jeden Pfennig zweimal umdrehen und sich mit, einer Schar von Kindern abplagen. Nein, dann doch lieber Oskar! Alles konnte man eben nicht haben im Leben, man mußte sich für das eine oder das andere entscheiden, und sie hatte sich längst entschieden.
    Warum nur hatte sie es damals gar nicht abwarten können, endlich verheiratet zu sein? Sie war ein hübsches Mädchen gewesen, und eine gute Partie, wieviel Verehrer hatte sie gehabt! Aber statt diese günstige Situation auszukosten, die Nase in die Welt zu stecken, die Männer ein bißchen zappeln zu lassen, hatte sie nichts Eiligeres zu tun gehabt, als so schnell wie möglich unter die Haube zu kommen. Sie war eben dumm gewesen, dumm und jung, und jetzt war es zu spät. Zwanzig Jahre lang war sie Oskar treu geblieben, und es würde ihr nichts übrigbleiben, als ihm auch die nächsten zwanzig Jahre treu zu sein. Es war unrecht, darüber zu seufzen, denn sie liebte ihn ja, sie hatte ihn aus Liebe geheiratet, und sie liebte ihn auch jetzt noch.
    Wo er nur bleiben mochte? Warum kam er nicht nach Hause? Konnte er sich nicht denken, daß sie Angst um ihn hatte? Das war nicht richtig von ihm. Überhaupt war er in letzter Zeit so verändert, leicht reizbar, aufbrausend. Ob er eine Freundin hatte? Eine Geliebte? Natürlich, das war es! Daß; sie bisher nicht auf den Gedanken gekommen war! Alle Männer in seinem Alter hatten Freundinnen, das konnte man oft genug lesen. Aber Oskar? O doch, er hatte ganz das Zeug dazu, man brauchte nur mitzuerleben, wie er mit seinen Ladenmädchen schäkerte! Wie oft hatte sie ihn deswegen schon zur Rede gestellt, aber er war um eine Ausflucht nie verlegen gewesen. Oskar hatte eine Geliebte! Das war nun wirklich eine Ungehörigkeit. Mußte sie sich das gefallen lassen?
    Ganz plötzlich kam Therese eine Instanz in den Sinn, an die man sich in solchen Fällen wenden konnte — Tante Hedwig vom Ausblick. Ja, sie würde an Tante Hedwig schreiben, in diesem Augenblick. Entschlossen griff Therese zu Briefpapier und Schreibzeug und begann: »Liebe Tante Hedwig...« Aber weiter kam sie nicht. Es hatte wohl doch keinen Zweck. Erst mußte sie Gewißheit haben, sie mußte Oskar auf frischer Tat ertappen — und dann brauchte sie keine Briefe zu schreiben. Was sie dann zu tun hatte, war ihr ohnedies klar.
    Therese zerriß das Blatt, zerknüllte die Stücke und warf sie in den Papierkorb; dann stand sie auf und ging ins Schlafzimmer hinüber. Das beste war, sich hinzulegen. Sie war freilich sicher, kein Auge schließen zu können.

VIII

    Die Neonlichter am Portal des Tabaris leuchteten in die Nacht und strahlten bis in die grünen Wipfel der Kastanienbäume hinauf.
    Till Torsten und Gabriele traten aus der Drehtür, an dem imposanten Portier vorbei, ins Freie. Die Luft war köstlich lau, es roch nach Frühling, aber die beiden stritten noch immer. Till Torsten hatte es endgültig satt, um so mehr, als er einsehen mußte, daß er Gabriele auf dem Gebiet des Wortstreites nicht gewachsen war.
    »Bitte, Gaby, beruhige dich doch!« bat er, während sie die nächtliche Königsallee hinabschlenderten. »Du weißt genau, daß ich nur dein Bestes will!«
    »Dein Bestes meinst du wohl!« gab Gaby patzig zurück. »Du suchst eine Sklavin und keine Ehefrau!«
    »Ich bitte dich, Gaby, wie kannst du so etwas sagen!«
    »Ist doch wahr«, maulte sie.
    »Kannst du denn nicht begreifen, Liebes, wie schrecklich es für mich wäre, wenn du Sängerin würdest? Daß ich in ständiger Angst leben müßte, dich zu verlieren?«
    »Eifersüchtig bist du, das ist alles, sag’s doch gleich!«
    »Ja, Gaby, du hast recht! Natürlich bin ich eifersüchtig! Welcher Mann wäre das nicht, wenn

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