Mit einem Fuß im Himmel
unter dem Beifall des Publikums zurückgezogen, als Oskar Hähnlein das Gespräch! wieder aufnahm, und zwar gerade dort, wo er so rauh unterbrochen worden war.
»Ich bin in dieser Ehe ein einsamer unglücklicher Mensch geworden!« klagte er. »Ich fühle, wie alles Gute und Edle in mir zerstört wird!«
Dazu ließ sich nur schwer etwas sagen, und so zählte Liselotte halb verlegen, halb belustigt die prickelnden Bläschen, die aus ihrem Sektglas aufstiegen.
»Ich brauche einen Menschen, einen Menschen wie Sie, Kläuschen!« fuhr Oskar Hähnlein, ermuntert durch Liselottes Schweigen, mit leidenschaftlicher Stimme fort. »Nur Sie können mich retten! Spüren Sie denn nicht, wie sehr ich Sie liebe, wie sehr ich Sie brauche!? Sie müssen es spüren, Liselotte!«
Liselotte dankte aus aufrichtigem Herzen ihrem Schicksal, das eben jetzt Hein Grotius an ihren Tisch führte und sie der Antwort enthob.
»Sie beide kennen sich, nicht wahr?« fragte sie erleichtert lächelnd. »Bitte, setzen Sie sich doch zu uns, Hein!«
Hein Grotius zog, ohne sich durch Oskar Hähnleins mehr als abweisendes Gesicht irritieren zu lassen, einen Stuhl an den Tisch und ließ sich nieder. »Wie war ich?« fragte er mit entwaffnender Eitelkeit.
»Großartig, Hein!« erklärte Liselotte. »Wollen Sie nicht noch ein Glas bestellen, Herr Hähnlein?«
Was blieb Oskar Hähnlein übrig, als dieser Aufforderung nachzukommen? Er war, wie gesagt, ein Mann von Welt und wollte sich keine Blöße geben.
Der Ober goß Hein Grotius ein, und dieser leerte das Glas auf einen Zug. »Das tut gut!« meinte er. »Singen macht mich immer schrecklich durstig!«
»Sie Ärmster!« Liselotte sah ihn mitfühlend an. »Sie sehen auch ganz mitgenommen aus!«
»Wirklich!?« Hein Grotius war ein bißchen entsetzt, so etwas hörte er nicht gern, und sofort zückte er seinen Taschenspiegel. »Kann ich eigentlich nicht finden!« entschied er mit gerunzelter Stirn.
Liselotte lachte. »O doch! Aber es steht Ihnen glänzend!«
Hein Grotius steckte den Spiegel wieder ein und strahlte Liselotte an. »Liselotte! Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, daß Sie die bezauberndste Frau sind, die ich kenne?«
»Die zweitbezauberndste!« erwiderte Liselotte mit todernstem Gesicht.
»Warum sagen Sie das?«
»Vorsichtshalber!« erwiderte Liselotte und lachte.
Oskar Hähnlein hatte den kleinen Flirt mißbilligend beobachtet, jetzt fragte er, um sich wieder einzuschalten: »Möchten Sie vielleicht eine Kleinigkeit essen, Kläuschen?«
»Nein, danke, vielen Dank!« wehrte Liselotte ab. »Das ist sehr lieb von Ihnen, aber...«
»...aber Sie möchten lieber tanzen, nicht wahr, Liselott-chen?« ergänzte Hein Grotius ihren Satz, stand auf und verbeugte sich elegant. »Darf ich Ihnen Ihre bezaubernde Begleiterin für einen Moment entführen?« wandte er sich höflich an Oskar Hähnlein.
Liebend gerne hätte Oskar Hähnlein Einspruch erhoben, aber er mußte einsehen, daß das nicht gut anging, und so nickte er, gezwungen lächelnd, seine Zustimmung. Liselotte und Hein Grotius tanzten davon, und Oskar Hähnlein hatte das Nachsehen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich an den Sekt zu halten, und das tat er denn auch gründlich.
Herr Grotius tanzte, wie nicht anders zu erwarten war, glänzend, und Liselotte, die zuwenig Übung hatte, um eine wirklich gute Tänzerin zu sein, fühlte sich in seinen Armen vollkommen sicher. Es war wundervoll, mit Hein Grotius zu tanzen, und obwohl sie wußte, wie albern es war, genoß sie doch die neidischen und bewundernden Blicke, die ihr von allen Seiten entgegengeworfen wurden, mit großer Genugtuung. Wenigstens heute abend war sie kein Mauerblümchen, und das war ein erhebendes Gefühl für eine Frau, die schon fürchtete, alt geworden zu sein.
So duldete es Liselotte auch ohne Widerstreben, daß Hein Grotius sie enger an sich zog, als es eigentlich nötig gewesen wäre, und als er einen zarten Kuß auf ihr Haar drückte, fühlte sie einen angenehmen Schauer.
»Liselotte«, flüsterte er zärtlich, »daß Sie wirklich gekommen sind!«
»Nur Ihretwegen, Hein!“
»Das weiß ich«, gab er zurück, und er ahnte nicht, daß er mit diesen selbstgefälligen Worten den Bann jäh gebrochen hatte.
»Mein Gott, was bin ich für eine Gans!« dachte Liselotte, und neckend sagte sie: »Sie sind ja heute abend so treu, Hein!«
»Heute!?« entrüstete er sich. »Nur heute? Ich bin Ihnen immer treu... treu wie...«
»Na, na!« unterbrach ihn Liselotte
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