Mit einer Prise Glück und Liebe
ihrer Stimme. »Die Soldiers’ Angels haben uns einen wunderschönen Quilt geschenkt. Und einen Rucksack für die Soldaten, weil sie ihre Sachen ja meistens nicht dabeihaben.«
»Das klingt sehr gut.« Ich hätte ihr all das so gern erspart. Verliebe dich nicht in einen Soldaten, hätte ich sie damals warnen müssen. Oder in einen Polizisten oder einen Feuerwehrmann. Doch in diesem Moment will ich ihr nur Dinge sagen, die sie beruhigen, sie trösten. »Er hat großes Glück, dass du bei ihm bist, Schatz.«
»Es wird noch ein paar Tage dauern, bis er verlegt werden kann.« Ihr Atem kommt stoßweise. »Ich glaube, sie gehen nicht davon aus, dass er es schafft, Mom.«
Ich sage das Einzige, was ich in dieser Situation sagen kann. »Die wissen auch nicht alles. Du musst nur fest daran glauben.«
»Du hast Recht.« Ihre Stimme bekommt wieder etwas Leben. »Das werde ich.« Sie räuspert sich, wappnet sich. »Ist Katie gut angekommen?«
»Ja. Sie schläft tief und fest. Ich habe sie im Orangen-Zimmer untergebracht. Nur ihr Hund fehlt noch.«
»Ihr Hund?«
»Sie hat ihn an dem Abend, als ihre Mutter verhaftet wurde, bei den Bahngleisen gefunden. Hört sich nach einem Streuner an, wie er im Buche steht. Wäre er ein Mann, wäre er wie dein Stiefvater – keinerlei Moral, aber unglaublich charmant.«
Sie lacht, ein unwillkürliches Kichern. »Oh, Mom! Ich bin dir so dankbar für alles.« Mit einem Mal mischen sich Tränen in ihr Lachen, und dann – endlich – lässt sie ihnen freien Lauf. Sie weint, schluchzt. Ich spüre die verzweifelten Laute, die die winzigen Nervenenden auf meinem Nasenrücken erbeben lassen. »Ich habe solche Angst. Sag mir, dass ich es schaffe.«
»Du bist stärker, als du glaubst, Sofia. Du schaffst alles. Und ich bin immer für dich da.«
»Danke.« Sie holt tief Luft. »Gib Katie einen Kuss von mir und richte ihr aus, dass ich sie morgen anrufe. Aber, Mom, erzähl ihr nicht zu viel über Oscar, ja? Spiel es ein bisschen herunter.«
»Das halte ich für einen Fehler.«
»Tu es einfach, okay? Ich will es so.«
»Nein, tut mir leid.« Ich halte es nicht aus, wenn die Leute mich belügen , hat Katie gesagt. »Ich habe versprochen, ihr die Wahrheit zu sagen.«
»Dann sag gar nichts.«
»Du wirst mir vertrauen müssen, dass ich schon das Richtige tue.«
»Mom!«
»Tut mir leid, aber ich werde sie nicht anlügen. Ruf sie morgen an, ja? Und bis dahin sieh zu, dass du ein bisschen Schlaf bekommst.«
Pause. »Du hast Recht. Ich rufe an. Morgen.«
Ich lege auf und lasse mich in die Kissen sinken. Die nächtliche Stille dämpft jedes Geräusch. Ich liege da, den noch warmen Hörer in der Hand, und denke an sie, in diesem Krankenhaus am anderen Ende der Welt, ganz allein. Ich wüsste gern, wie es dort aussieht. Sind die Flure weiß oder grün gestrichen, ist die Einrichtung modern oder alt? Welche Stühle stehen im Wartebereich? Als sie auf dem College war, habe ich sie gezwungen, mir Schnappschüsse ihres Apartments zu schicken, um mir vorstellen zu können, wie sie darin lebt und sich in ihrer eigenen Umgebung bewegt.
Bestimmt hat sie das Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und von ihrem Make-up ist längst nichts mehr zu sehen. Bestimmt trägt sie blütenweiße Tennisschuhe und Jeans, dazu eine ihrer weiten Bauernblusen mit Batikmuster in hübschen Farben, die ihrem Aussehen etwas Mittelalterliches verleihen. Ich sehe sie vor mir, wie sie die Stirn gegen die Wand lehnt, eine Hand auf ihren Bauch gelegt, und sich für einen Moment entspannt, loslässt.
Dann wird sie sich aufrichten, die Schultern straffen und zu Oscar zurückkehren. Das weiß ich genau.
Oscar. Mit den schweren Verbrennungen. Das rechte Bein amputiert. Teile seiner Hand. Ich denke an seine schönen Hände, an sein lockiges Haar.
Ihr Leben wird nie wieder so sein wie vorher. Es wird anders sein, in vielerlei Hinsicht; mehr, als sie sich heute vorstellen kann. Meine Brust fühlt sich hohl an vor Schmerz angesichts der Gewissheit, was sie verloren hat.
Milo, der neben mir liegt, beginnt leise zu schnurren. Sein Körper presst sich gegen meinen, und eine Pfote legt sich in der Dunkelheit auf meinen Unterarm. Müßig streichle ich seinen Rücken und kraule ihn zwischen den Ohren, was er besonders liebt. Sein Fell ist seidig, wie das eines Nerzes. Es fühlt sich tröstlich an.
Milo kam wie ein rettender Engel in mein Leben. Eines Tages stand dieser elegante, blauäugige Siamese auf meiner Veranda, nass und halb
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