Mit einer Prise Glück und Liebe
backte, das die Leute je gegessen hatten. Mehr als nur eine Hausherrin aus dem feinen Viertel versuchte Bridget abzuwerben, doch sie kochte bis zu ihrem fünfunddreißigsten Lebensjahr ausschließlich für die Mitchells. Nach den damaligen Standards bereits eine plumpe alte Jungfer, lernte sie den Minenarbeiter William O’Hare kennen, den es gen Westen zog. Sie becircte ihn, woraufhin er sie heiratete und im Zuge des Goldrauschs in die Berge von Colorado mitnahm, wo sie bis zu ihrem Tod für die Minenarbeiter kochte.
Dank Bridgets freundlichem Naturell besaß ihr Brot eine geradezu himmlische Süße. Sie kühlte die Laibe vor dem Backen für längere Zeit, damit sie in Ruhe nachreifen konnten, und schuf damit ein Brot, das einem förmlich auf der Zunge zerging.
Ich bin nicht dieselbe Frohnatur wie meine Vorfahrin, und heute Nacht beginnt die Hefe als Resultat meiner trübseligen Gedanken heftig in der Schüssel zu blubbern und verströmt das typisch scharf-säuerliche Aroma, das den Raum um mich herum erfüllt. Das Versprechen baldigen Regens schwingt darin mit, als ich ihn heraushebe und auf die mit Weißmehl bestäubte Arbeitsfläche plumpsen lasse.
Schließlich fange ich zu kneten an, und augenblicklich fällt alles von mir ab, rückt in den Hintergrund, als würde ich meditieren oder beten.
Lediglich einzelne Namen wehen durch meine Gedanken: Sofia. Katie. Oscar.
Ramonas Brotgeheimnisse
Einfacher Sauerteig-Starter
Die besten Sauerteige werden eigentlich ohne die Zugabe von Bäckerhefe hergestellt, aber es ist leichter, das Verhalten einer Sauerteigkultur zu begreifen, wenn man zunächst einen einfachen Sauerteig herstellt. Dieser hier geht ganz einfach und gelingt immer.
2 Tassen* Kartoffelwasser (Wasser, in dem Kartoffeln weich gekocht wurden), lauwarm
1⁄2 Tasse Roggenmehl
1⁄2 Tasse Weizenvollkornmehl
1 Tasse ungebleichtes Weißmehl
2 TL Trockenhefe
In einer Schüssel Wasser, Mehl und Hefe zu einem glatten Teig verrühren. Mit einem Tuch abdecken und an einem warmen Ort ruhen lassen. Alle 24 Stunden umrühren, bis ausreichend Blasen entstanden sind und der Teig ein angenehm säuerliches Aroma verströmt, gewöhnlich nach 4 bis 10 Tagen. Jeden Tag probieren, um zu überprüfen, ob sich ein gesunder Teig entwickelt. Wenn der Teig fertig ist, in einem nicht zu kleinen Gefäß im Kühlschrank stehen lassen. Den Teig »füttern«, indem man einmal pro Woche die Hälfte wegwirft und jeweils eine Tasse Wasser und eine Tasse Weißmehl hinzufügt. Kann sowohl für Brot als auch für Brötchen, Pfannkuchen oder Körnerbrot verwendet werden.
* 1 Tasse = 250 ml. Diese Mengenangabe gilt für sämtliche Rezepte im Buch (Anm. d. Übers.).
SIEBEN
Katie
K atie schreckt aus einem tiefen, traumlosen Schlaf hoch und setzt sich im Bett auf. Sie reibt sich die Augen, während sie versucht, alle verfügbaren Informationen zu einem logischen Ganzen zusammenzusetzen. Wer ist sie? Kommt sie zu spät zur Schule? Liegt Ärger in der Luft?
Eine Fensterreihe.
Hellgelbes Licht, das auf die schrägen Wände fällt.
Und schließlich der köstliche Duft von Brot, so intensiv, dass sich ihr Kopf unwillkürlich in die Richtung reckt, aus der er kommt.
Nein. Sie muss sich keine Gedanken wegen der Schule machen. Sie ist noch nicht einmal in Texas. Sondern in Colorado, im Haus von Sofias Mutter.
Mit einem erleichterten Seufzer lässt sie sich in das kuschelig weiche Bett zurückfallen und türmt die Kissen um sich herum auf wie ein Nest. Ihre Beine und Arme kribbeln vom Schlaf, so dass sie die Schmerzen, unter denen sie in letzter Zeit ständig leidet, nicht mehr ganz so stark spürt. Wachstumsschmerzen, sagt Madisons Mom.
Es ist noch ganz früh. Der Brotgeruch erfüllt den gesamten Raum. Ihr knurrt der Magen. Sie versucht, sich die Leere in ihrem Bauch vorzustellen, dessen lautes Grollen von dicken Wattebäuschen gedämpft wird.
Aber dann fällt ihr ein, dass sie das nicht länger tun muss. Sie wohnt über einer Bäckerei! Eine Bäckerei! Die einer Frau gehört, die offenbar dafür sorgen will, dass Katie immer genug Brot zu essen bekommt.
Sie schiebt sich eine Hand unter die Wange und räkelt sich. Doch dann schreckt sie plötzlich zusammen, wie ein Blauhäher, der die drohende Gefahr spürt. Eine Stimme in ihrem Innern meldet sich zu Wort: Fang bloß nicht an, dich hier zu wohlzufühlen! Sie weiß, dass sie auf sie hören muss. Sie wird sehr, sehr vorsichtig sein müssen.
Dieses Zimmer ist das reinste Märchen, das
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