Mit Fünfen ist man kinderreich
einem geplanten Wochenendausflug Bindfäden regnet und der Wetterbericht eine zweite Sintflut prophezeit. »Bis morgen hat sich das alles längst verzogen.« Am nächsten Tag kann man vor lauter Nebel nichts erkennen. »Na also, der verschwindet bald, und dann wird es schön. Wir fahren!« Also fahren wir. Zuerst durch Nebel, dann durch Regen, anschließend durch ein kleines Gewitter, und wenn wir abends müde und schlechtgelaunt wieder zu Hause sind, haben wir außer dem tristen Schankraum eines ländlichen Gasthauses nicht sehr viel gesehen.
Der Optimist gab also in der einschlägigen Tageszeitung ein Inserat auf, in welchem von einem großen Haus in einer der landschaftlich schönsten Gegenden die Rede war, von guterzogenen Kindern (darüber konnte man geteilter Meinung sein!), von Mithilfe im Haushalt und Familienanschluß. Dann warteten wir. Allerdings vergebens.
»Vielleicht muß man den Text anders abfassen«, schlug ich vor. »Lassen wir doch die Kinder weg. Oder wenigstens ein paar davon. Wenn sich jemand meldet, kann ich ja immer noch sagen, daß die Zwillinge eigentlich noch gar keine Arbeit machen.«
Nun suchten wir also ein kinderliebes Mädchen mit Führerschein, das auch Hausaufgaben beaufsichtigen kann. Rolf war der Meinung, es sei vorteilhaft, wenn man auch gewisse geistige Fähigkeiten voraussetzt.
Anscheinend hatte er recht. Telefonisch meldeten sich zwei weibliche Wesen, die ein gemäßigtes Interesse bekundeten. Eine der Damen fragte übrigens gleich, ob sie auch über Nacht wegbleiben dürfte.
Am Nachmittag des folgenden Tages stellte sie sich vor, wasserstoffblond, mit sorgfältig manikürten Fingernägeln und einem unglaublich stupiden Gesichtsausdruck. Nein, vom Haushalt hätte sie keine Ahnung, kochen könnte sie auch nicht, Englisch hätte sie in der Schule nicht gehabt, und eigentlich wollte sie ja nur die feine Küche erlernen. Bitteschön, aber nicht bei mir!
Die andere hieß Anneliese, war 17 Jahre alt und hatte bisher in einer Vorortkneipe Bier und heiße Würstchen serviert. Aber die Tatsache, daß ihr dieser Job nicht mehr gefiel, sprach zumindest zu ihren Gunsten. Außerdem machte sie einen halbwegs intelligenten Eindruck und schien auch willig zu sein. Also versuchten wir es mit ihr.
Nach 14 Tagen waren wir jedoch bedient. Daß sie grundsätzlich nur das tat, was man ihr sagte, und nicht einen Handschlag mehr, wäre noch zu ertragen gewesen. Auch ihre Vorliebe für Romanhefte, Marke ›Ihr Herz schrie vor Sehnsucht‹, hätte mich nicht weiter gestört, Hemingway ist schließlich nicht jedermanns Sache. Aber als die männliche Dorfjugend anfing, wie verliebte Kater um unser Haus zu streichen und Einlaß zu begehren, kamen mir die ersten Zweifel, ob unsere Wahl richtig gewesen war. Und als Rolf einmal lange nach Mitternacht von einer Reise zurückkam und Anneliese mit dem Dorf-Casanova in flagranti erwischte, warf er beide kurzerhand hinaus.
»Jetzt kann uns nur noch Frau Häberle helfen«, erklärte er am nächsten Morgen und machte sich auf zum ›Löwen‹.
Auf diese Idee hätte ich auch kommen können! Frau Häberle befehligt in ihrer Eigenschaft als Schankmaid nicht nur die Zusammenkünfte der Eingeborenen, sie gilt darüber hinaus auch als örtliches Tagblatt, das die jeweiligen Neuigkeiten schon kennt, bevor die Betroffenen selbst etwas davon wissen. Morgens trägt sie die 73 Exemplare der Tageszeitung aus und sammelt dabei Informationen, die sie von Haus zu Haus weitergibt. Als Stefanie die Windpocken bekam, selbst aber noch gar nichts davon merkte, verkündete Frau Häberle bereits im ganzen Dorf: »Ha, die Kleine von den Neuen da drobe hat die rote Fleck'!« Die Kleine erkrankte zwei Tage später, und ich bin bereit, Frau Häberle hellseherische Fähigkeit zu bescheinigen.
»Ich glaube, es klappt!« triumphierte Rolf, als er nach geraumer Zeit mit leichter Schlagseite auftauchte, »morgen früh wird sich eine Putzfrau vorstellen.«
So kam Wenzel-Berta ins Haus.
»Ich heiße Wenzel, Berta«, begrüßte mich das muntere Frauchen im Sonntagsstaat, »und was die Frau Häberle ist, die hat gesagt, daß ich mal vorbeikommen tun soll wegen Putzen und so.« Damit schritt sie besitzergreifend ins Haus und plauderte fröhlich weiter. »Das können Se wirklich nicht allein schaffen mit all die vielen Kinder und so. Und weil doch nu die Renate aus'm Haus ist und verheiratet, und der Sepp is bei die Bundeswehr, da hat der Eugen gesagt – Eugen is mein Mann, wissen Se –,
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