Mit Fünfen ist man kinderreich
Eltern, die in dem jungen Bankkaufmann einen potentiellen Schwiegersohn mit soliden Karriereaussichten gesehen hatten – und auf ein außerredaktionelles Privatleben weitgehend verzichtete.
In Anerkennung aufopferungsvoller Tätigkeit im Dienste der Zeitung wurde ich eines Tages ausersehen, unseren Chef nach Belgien zu begleiten. Dort sollte irgendein Vertrag ausgehandelt werden, und obwohl ich kaum ein Wort Französisch sprach, während er es fließend beherrschte, bestand unser Boß auf meiner angeblich notwendigen Anwesenheit.
Also fuhr ich mit. Und weil der geschäftliche Teil der Reise schneller als erwartet erledigt war und weil ich Brüssel noch nicht kannte und weil sowieso ein arbeitsfreies Wochenende bevorstand, fuhren wir erst zwei Tage später wieder nach Hause.
Am nächsten Ersten habe ich gekündigt.
Meinen Chef habe ich allerdings behalten! Rolf und ich sind nun seit zwölf Jahren verheiratet, haben fünf Kinder und ziehen gerade zum siebenten Mal um.
2
Als ich in den Stand der heiligen Ehe trat, war ich 24 Jahre alt, perfekt in der Handhabung von Telefon und Schreibmaschine, aber ohne die geringsten Erfahrungen in hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Meine Kochkenntnisse beschränkten sich auf die Zubereitung von Kaffee oder allenfalls Spiegeleiern, und ein Bügeleisen hatte ich nur dann in die Hand genommen, wenn es sich nicht umgehen ließ. Vom Nähen oder Stopfen hatte ich überhaupt keine Ahnung. Meine Abneigung gegen jede Art von Handarbeit stammte noch aus der Schulzeit. Aber zum Glück fanden sich immer begabtere Klassenkameradinnen, die meine verschandelten Werke wieder in Ordnung brachten und mir dadurch wenigstens die Drei im Zeugnis garantierten. Zum Dank dafür schrieb ich ihnen ihre Deutschaufsätze.
Ursprünglich hatten wir erwogen, Rolfs derzeitiges Junggesellen-Apartment mit meinen eigenen Möbeln vollzustopfen und dort erst einmal zusammen zu wohnen. Sein Mobiliar bestand aus einer Schlafcouch, zwei nicht zueinanderpassenden Sesseln – einer davon mit Blümchenmuster –, einem Tisch, der vollgepackt war mit Büchern, Zeitschriften, Manuskripten und Krawatten, einem Schreibtisch, auf dem es so ähnlich aussah, ein paar ständig überquellenden Aschenbechern sowie einem riesigen Gummibaum, den ein Freund einmal untergestellt und nie wieder abgeholt hatte. Dann gab es noch eine winzige Dusche und eine ebenso winzige Kochnische.
Nun hatte ich nicht gerade von einer Zehn-ZimmerVilla nebst Butler und Dienstmädchen geträumt, aber die augenblickliche Behausung entsprach doch in keiner Weise meinen Vorstellungen vom eigenen Heim. Außerdem hatten wir uns davon überzeugt, daß wir meine Möbel nur mit Mühe und Not in dem Zimmer würden unterbringen können – vorausgesetzt, wir selber blieben draußen!
Glücklicherweise fanden wir ziemlich schnell eine kleine Mansardenwohnung, bestehend aus zwei Zimmern nebst Küche und Bad. Schräge Wände mögen in Möbelkatalogen ihren Reiz haben, in der Praxis sind sie hinderlich. Ich habe mich jedenfalls nie daran gewöhnen können, mit eingezogenem Kopf vom Sessel aufzustehen oder in halbgebückter Haltung im Kochtopf zu rühren. Außerdem war das Bad so klein, daß man sich kaum darin herumdrehen konnte. Den meisten Platz beanspruchte nämlich ein mittelalterlicher Badeofen. Wollte man um sechs Uhr ein Bad nehmen, so fing man zweckmäßigerweise um vier Uhr an, ihn mit Holz und Kohlen zu füttern. Neben heißem Wasser spendete er gleichzeitig eine derartig große Hitze, daß wir es zumindest im Sommer vorzogen, kalt zu Baden – ein ziemlich zweifelhaftes Vergnügen, auf das wir dann auch meistens verzichteten.
Aber wenigstens hatte ich jetzt ›Trautes Heim, Glück allein‹, und darüber hinaus einen völlig neuen Wirkungskreis.
Zunächst lernte ich eine weitere Fähigkeit meines Mannes schätzen: Er konnte kochen! Nach dem Ursprung seiner Kenntnisse fragte ich lieber nicht; vermutlich gab es mal eine Freundin mit kulinarischen Ambitionen. Außerdem ist meine Schwiegermutter eine hervorragende Köchin.
Der frischgebackene Ehemann sah sich also gezwungen, seine völlig unwissende Gattin in die Geheimnisse der Kochkunst einzuweihen, und ich bemühte mich redlich, Begriffe wie etwa ›Farce‹, ›Fond‹ oder ›legieren‹, die mir bis dato in einem ganz anderen Zusammenhang geläufig gewesen waren, mit dem Küchen-Abc in Verbindung zu bringen. Jedenfalls war ich damals froh, daß wenigstens einer von uns beiden mit Kochtopf und
Weitere Kostenlose Bücher