Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan
ersten Fotos wurden am Dienstagabend aufgenommen?«, fragte Slidell.
Ich nickte. »Wahrscheinlich mit einer Digitalkamera.«
»Es gibt also keine Möglichkeit, über eine Filmentwicklungsfirma an Fingerabdrücke heranzukommen.« Slidell.
»Und der Anruf kam wahrscheinlich aus einer Telefonzelle.«
Rinaldi. »Möchten Sie, dass wir Polizeischutz für Sie organisieren?«
»Halten Sie das für angebracht?«
Ich hatte Gleichgültigkeit, vielleicht sogar Ungeduld erwartet. Die Ernsthaftigkeit ihrer Reaktionen war beunruhigend.
»Wir lassen mehr Streife in Ihrer Straße fahren.«
»Danke.«
»Was ist mit der Bude Ihrer Tochter?« Slidell.
Ich stellte mir Katy vor, wie sie entspannt und ahnungslos auf der Verandaschaukel saß.
»Verstärkte Streife wäre gut.«
»Wird gemacht.«
Als sie gegangen waren, schaute ich noch einmal bei Mrs. Flowers vorbei. Noch immer kein Fax von Cagle. Sie versicherte mir, sie würde mir den Bericht druckfrisch vorbeibringen.
Zurück in meinem Büro, versuchte ich, mich auf meine Post und den Papierkram zu konzentrieren. Zwanzig Minuten später klingelte das Telefon. Ich hätte beinahe meine Limodose umgeworfen, so hektisch griff ich zum Hörer.
Es war Mrs. Flowers.
Cagles Fax mit dem Bericht über das Skelett aus Lancaster war noch nicht eingetroffen, dafür aber Brian Aikers Zahnbefunde. Dr. Larabee bat um meine Anwesenheit im großen Autopsiesaal.
Als ich dort ankam, arrangierte der ME eben Röntgenaufnahmen auf zwei Lichtkästen. Jeder Satz bestand aus zwölf winzigen Fotos, die die Zähne im Ober- und Unterkiefer zeigten. Die eine Serie von Aufnahmen hatte Joe Hawkins vom Schädel und dem Unterkiefer aus dem Außenklo gemacht. Die andere hatte Brian Aikers Zahnarzt geschickt.
Ein Blick genügte.
»Ich glaube nicht, dass wir hierfür einen forensischen Dentisten brauchen«, sagte Larabee.
»Nein«, pflichtete ich ihm bei.
Brian Aikers Aufnahmen zeigten Kronen und Stiftzähne in zwei oberen und zwei unteren Backenzähnen und eindeutige Hinweise auf Wurzelbehandlungen.
Die Aufnahmen des Schädels aus dem Klo zeigten nichts davon.
Wally Cagles Bericht war am Freitag immer noch nicht da. Auch nicht am Samstag. Oder am Sonntag.
Zweimal täglich fuhr ich ins MCME. Zweimal täglich rief ich Cagle in seinem Büro, zu Hause und auf seinem Handy an.
Nie erhielt ich eine Antwort.
Zweimal täglich suchte ich in meiner Mailbox nach einige scannten Bildern.
Schlechte Nachrichten und gute Nachrichten.
Keine Fotos von Cagle.
Keine Fotos vom Sensenmann.
Übers Wochenende zerbrach ich mir den Kopf über die Knochen aus Lancaster. Wenn der Schädel, die Handknochen und dieses Rumpfskelett wirklich zu ein und derselben Person gehörten, dann auf jeden Fall nicht zu Brian Aiker. Zu wem dann?
Gehörte der Schädel aus dem Klo wirklich zu Cagles Skelett? Ich war mir so sicher gewesen, aber nur instinktiv. Ich hatte keine harten Fakten. Könnten wir tatsächlich zwei Unbekannte haben?
Was war mit Brian Aiker passiert? Was mit Charlotte Grant Cobb?
Ich überlegte mir auch, wo Tamela Banks und ihre Familie sich aufhalten konnten. Die Banks waren keine weltgewandten Leute. Wie konnten sie so einfach verschwinden? Und warum?
Am Samstagvormittag stattete ich dem Haus der Banks einen kurzen Besuch ab. Die Jalousien waren immer noch zu. Ein Stapel Zeitungen lag auf der Veranda. Auf mein Läuten und Klopfen meldete sich niemand.
Ryan rief täglich an und berichtete mir vom Zustand seiner Schwester und seiner Nichte. In Halifax herrschte nicht gerade eitel Sonnenschein.
Ich erzählte Ryan von Ricky Don Dortons Abgang, von meiner Unterhaltung mit Hershey Zamzow über Bärenwilderei und die vermissten FWS-Beamten und von Jansens Gelbwurzerkenntnissen. Er fragte mich, ob ich Slidell oder Rinaldi von den E-Mails des Sensenmanns berichtet hätte. Ich versicherte ihm, dass ich es getan hätte und dass sie die Streife vor meinem und Lijas Haus verstärken würden.
Jedesmal wenn ich auflegte, kam mir der Anbau merkwürdig leer vor. Ryan war nicht mehr da, seine Sachen, sein Duft, sein Lachen, sein Kochen. Obwohl er nur kurze Zeit hier gewesen war, hatte seine Anwesenheit das Haus geprägt. Ich vermisste ihn. Sehr. Mehr, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Ansonsten trödelte ich herum, wie meine Mutter es genannt hätte. Jogging und Spaziergänge mit Boyd. Gespräche mit Birdie. Eine Pflegekur für die Haare. Augenbrauen zupfen. Pflanzen gießen. Immer mit einem wachsamen Auge. Und
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