Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
doch
ziemlich hirnrissig — abgesehen von dem Rumgesteche in ihrer Pfirsichhaut.“
Schneider nickte. Trübsinn
stand jetzt in seinen Augen.
Der, dachte Tim, hat garantiert
kein Nadelgemälde auf dem Body. Er teilt Katjas Vorliebe nicht.
„Auf dem rechten Bein“, sagte
Tim, „steht — ziemlich weit oben — in so genannter klassizistischer Antiqua,
was eine Schriftart ist — steht also BERT — und auf dem anderen Bein steht
HOLD. Was hat’s damit auf sich?“
Schneider seufzte, als hätte er
nicht 60 Millionen Mark Guthaben, sondern Schulden.
„Berthold ist... ihr... also
Katjas Mann.“ Das kam ihm schwer über die Lippen.
„Ihre Tochter ist
verheiratet?“, fragte Gaby erstaunt.
„Ja, leider. Sie hat diesen
Kerl... diesen Berthold heimlich geheiratet. Und mich dann vor vollendete
Tatsachen gestellt. Angeblich ist er die große Liebe. Aber Katja wusste
natürlich, dass ich niemals zugestimmt hätte zu dieser ihrer Wahl. Nie!“
„Einer großen Liebe soll man
sich aber nicht in den Weg stellen“, erwiderte Gaby. „Auch nicht als Vater.“
„Große Liebe?“ Schneiders
Kiefer schlossen sich so hart, dass man um seine Jacketkronen fürchten musste.
„Ich liebe meine Tochter über alles. Gerade deshalb weiß ich: Sie hat eine
Dummheit begangen. Sie hat sich Hals über Kopf in ein Abenteuer eingelassen.
Aber eine Ehe ist kein Abenteuer, sondern...“
Er suchte nach dem passenden
Wort.
„...bitterer Ernst“, half
Klößchen und grinste breit wie ein Pfannkuchen.
„Ja. Ich meine damit: Man muss
mit Ernsthaftigkeit an eine Beziehung herangehen. Es will wohl überlegt sein.
Zumal, da Katja eine reiche Erbin sein wird. Mitgiftjäger sind schon eine ganze
Weile hinter ihr her — und dieser Berthold hat sie gekrallt. Ja, hat sie
eingefangen, regelrecht geködert mit seinem großmäuligen Getue. Aber als
Schwiegersohn werde ich ihn nie akzeptieren. Dafür ist mir Katja zu schade.
Meine Tochter verdient einen Besseren. Den Besten!!! Sie wird das noch
einsehen. Und ihn verlassen. Und sich scheiden lassen. Und dann fliegt er raus,
dieser so genannte Künstler.“
Um Himmels willen!, dachte Tim.
Da dampft aber was. Dieser Schneider gehört wohl zu jenen Vätern, die ihre
Töchter nie hergeben wollen. Oder ist Berthold wirklich so mies?
„Ein Künstler?“, fragte der
TKKG-Häuptling mit ermunterndem Grinsen.
„Ein Tätowierer“, antwortete
Schneider und belegte das Wort mit Abscheu.
„Macht er das hauptberuflich?“
„Berthold Prickner hat nichts
anderes gelernt. Aber nicht mal das kann er richtig. Oder findet ihr die
Gemälde auf Katjas Haut so toll?“
„Naja“, schränkte Tim ein, „wir
hatten mit ihrer Rettung und mit ihrer Gesundheit zu tun. Für Kunstbetrachtung
blieb keine Zeit. Aber soweit ich mich erinnere — ein Rembrandt ist dieser
Prickner nicht.“
„Nicht mal ein Picasso“, meinte
Schneider verächtlich. „Am liebsten tätowiert er Mickymaus. Er hat Katja
verunstaltet.“
„Aber sie ließ sich freiwillig
farblich punktieren?“
„Wahrscheinlich hat er sie
betrunken gemacht. Er hat einen total schlechten Einfluss auf sie. Seit sie ihn
kennt, hat sie mit dem Rauchen angefangen.“
„Das ist hart“, nickte Tim.
„Wir rauchen nicht. Drogen rühren wir nicht an. Nur grünen Tee. Und Klößchen
ist ein bisschen kakaoprodukt-abhängig, hat’s aber im Griff und putzt sich
dreimal täglich die Zähne. Rauchen werden wir nie und Katja sollte aufhören
damit. Jetzt im Krankenhaus muss sie ja zwangsläufig verzichten. Übrigens fällt
mir ein: Irgendwo in unserer Millionen-City gibt’s ‘nen Laden mit Namen Berts
Tätowierstube. Ist das die Wirkungsstätte Ihres ungeliebten Schwiegersohns?“
„Ja, dort treibt er sein
Unwesen.“
„Eigentlich“, sagte Karl, „kann
ja jeder mit seiner Haut machen, was er will. Es gibt kein Gesetz dagegen, als lebendes
Gemälde oder als Comicstrip herumzulaufen. Und die Geschmäcker sind nun mal
verschieden.“
„Katjas Tattoos sehen grässlich
aus“, beharrte Schneider auf seinem Kunstverständnis. „Ich verstehe nicht,
wieso sie das über sich ergehen ließ. Als kleines Mädchen hat sie geschrien bei
jeder Impfung. Nadeln haben ihr Angst eingeflößt.“ Er atmete schwer. „Es liegt
nur an diesem Berthold. Er hat dämonischen Einfluss auf sie. Das ist meine
größte Sorge.“ Plötzlich lächelte der besorgte Vater. „Und meine zweitgrößte
ist, dass ihr mir noch nicht gesagt habt, was ihr euch wünscht.“
„Wir
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