Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
ihren zukünftigen Mentor kennenzulernen – jemanden, der erkannte, dass ihr Talent und ihr Ehrgeiz für mehr reichten als bloß zur Fließbandarbeit.
Endlich tut sich was , dachte Lucy Jo. Schnell öffnete sie den Reißverschluss ihres voluminösen blauen Daunenparkas, während sie die Lexington Avenue entlanghastete, ihr Skizzenportfolio fest unter einen Arm geklemmt, und sich insgeheim wünschte, sie hätte einen hübscheren Mantel zu
ihrem Kleid gehabt. Mit dem ersten Gehalt ihres neuen Jobs würde sie sich als Allererstes einen Kaschmirmantel kaufen, den man zu eleganten Abendveranstaltungen tragen konnte. Und sie würde schnurstracks in Saks Fifth Avenue marschieren und sich ein paar goldene Riemchen-Louboutins kaufen. Sie hoffte inständig, dass an diesem Abend niemand die Kratzer an ihren Pumps bemerkte.
Von den Schuhen und dem Mantel mal abgesehen war Lucy Jo auf alle Eventualitäten gefasst. Sie hatte Das Geheimnis gelesen. Ihr Händedruck war markant und kräftig. Sie hatte geübt, immer Blickkontakt zu halten. Und sie wusste genau, was sie wollte – die Gelegenheit, für einen Modeschöpfer zu arbeiten, der sie nicht dazu verdonnerte, Reißverschlüsse einzunähen. Obwohl sie doch ein bisschen Bammel davor hatte, den Stardesignern, die heute Abend da sein würden, ihre Mappe zu zeigen – von ihren Visitenkarten ganz zu schweigen, die sie günstig im Kopierladen hatte drucken lassen und heute Abend unters Volk zu bringen gedachte wie Partypräsente – sie wusste, sie musste den Leuten klarmachen, dass Lucy Jo Ellis eine fabelhafte Assistentin abgeben würde für Thakoon oder Brian Reyes oder Rachel Roy. Nur eine wie Nola hatte die Chuzpe, massenweise Konkurrenz im Publikum zu platzieren, und nur eine Nola brachte die Konkurrenz dazu, auch wirklich aufzulaufen – vermutlich, weil die alle wussten, was für einen Medienrummel es um die Show geben würde. Lucy hatte sich sogar ein paar Sätze auf Karteikarten gekritzelt mit kleinen Gedächtnisstützen für mögliche Gesprächsthemen, die sie für den Fall der Fälle in ihrer Handtasche verstaut hatte. Sollte sie also unversehens plötzlich neben Margaux Irving stehen, bräuchte sie keine Angst zu haben, dass es ihr die Sprache verschlug.
Genauso viel Mühe hatte sie sich beim Zurechtmachen
gegeben. Sie hatte ihr allererstes figurformendes Miederhöschen von Spanx gekauft und an der Kasse den Atem angehalten und gehofft, dass ihre Kreditkarte keine Zicken machte, als sie die vierzig Dollar dafür blechen musste. Sie hatte Selbstbräuner besorgt und sich die giftig-chemisch stinkende Pampe auf den ganzen Körper geschmiert. Nun sah sie aus, als hätte sie das Thanksgiving-Wochenende auf St. Barths verbracht, statt mit einer Pad-Thai-Box auf dem Schoß jeden Abend einsam zu Hause auf ihrem Futon zu hocken. Sie hatte sich Locken in die Haare gedreht. Sich in einen Wonderbra gezwängt. Drei Schichten Wimperntusche aufgetragen und sich die Fußnägel passend zum Kleid knallig rosa lackiert. Und dann das Kleid selbst – eine wandelnde Reklame dafür, so hoffte sie zumindest, was sie mit Nadel, Faden und zwanzig Dollar alles anstellen konnte.
Du schaffst das, hämmerte sie sich ein und stieg die Stufen der Armory hinauf zu dem Samtseil am Eingang. Die übrigen ankommenden Gäste rauschten an ihr vorbei; die Damen mit Gänsehaut an den nackten Beinen unter den wallenden Designerroben, die Männer sexy und ernst im schwarzen Smoking mit schmaler Schleife. Ganz kurz blieb Lucy Jo stehen, um ihren Lippenstift nachzuziehen, schnell noch ihre Haare aufzuschütteln und sich mit dem Chanel-Pröbchen einzusprühen, das sie eigens für besondere Gelegenheiten gehortet hatte. Dann stolzierte sie entschlossen auf das Absperrseil zu.
»Name?«, kommandierte die PR-Tante mit dem Klemmbrett und beäugte sie streng.
»Lucy Jo Ellis«, entgegnete sie und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf.
Das Mädel warf einen Blick auf seine Liste und schaute dann wieder auf. »Ellis, sagten Sie?«
»E-L-L-I-S. Ja, genau.«
»Tut mir leid, steht hier nicht drauf.«
Lucy Jo verspürte den beinahe unwiderstehlichen Drang, einfach laut loszubrüllen. Den bekämpfte sie heroisch. Die ausdruckslosen Augen des PR-Mädels wanderten weiter zum nächsten Gast in der Warteschlange.
»Moment bitte!«, sagte Lucy Jo laut, wühlte in ihrer Handtasche herum und kramte die inzwischen verknitterte Einladung hervor. »Ich habe die Einladung dabei! Die habe ich von Nolas Assistentin Clarissa.
Weitere Kostenlose Bücher